Der Dies Academicus als zentraler Feiertag der Universität Wien

Zwischen Tradition und Moderne
12.3.1994–12.3.21. Jhdt.

Der „Dies Academicus“ bzw. „Rektorstag“, den die Universität Wien heute jährlich am Gründungstag der Universität am 12. März feiert, entwickelte sich im ausgehenden 20. Jahrhundert zum zentralen Feiertag der Universität Wien. Für die Einführung und Konstituierung dieses Memorialevents griff man auf mehrere Wurzeln zurück, die kombiniert den heutigen „Dies Academicus“ umfassen. Das Programm präsentiert sich heute im Spannungs­feld zwischen traditionsorientierter Rück­besinnung und moderner wissenschaftlicher Innovation und Exzellenz.

Wurzeln und Vorgeschichte

Bereits seit 1387 wurde am 12. März der akademische Feiertag des Hl. Gregorius begangen, seit 1396 gehörte eine jährliche Gedenkmesse für den Universitätsstifter zum akademischen Festprogramm. 1661 fand die erste „Promotio sub auspiciis imperatoris“ statt. 1779 wurde erstmals der Rektorstag zugestanden. Mitte des 20. Jahrhunderts fand die erste Kranzniederlegung am Grab von Rudolf dem Stifter statt. Mit Rekurs auf den Gründungstag der Universität Wien am 12. März 1365 beschloss der akademische Senat schließlich 1994, den gesetzlich verankerten vorlesungsfreien (Bundesgesetzes­verordnung von 1935) „Dies Academicus“ der Universität Wien jährlich am 12. März zu feiern.

Liturgische Gedenkfeier für Rudolf den Stifter

Das Festprogramm des „Dies Academicus“ beginnt um 9 Uhr morgens mit der durch den Universitätsbund „Alma mater Rudolphina“ begründeten Tradition der Kranzniederlegung am leeren Kenotaph Rudolf des Stifters im Stephansdom. Die VertreterInnen der Universität Wien (im Talar) und der Katholischen Kirche vollziehen den Wortgottesdienst gemeinsam nach einem festgelegten Ablauf. Nach feierlichem Einzug und Kranzniederlegung halten ein Vertreter des Domkapitels und der Rektor kurze Ansprachen. Danach ziehen die Versammelten gemeinsam vom Seitenschiff des Doms in die Krypta zum Grab Rudolph des Stifters, wo die Feier nach einem kurzen Gebet endet. Die Verbindung von Universität und Kirche und deren jahrhundertelange Tradition ist bei dieser liturgischen Feier evident und wird als Teil der universitären Memorialkultur gepflegt.

„Promotio sub auspiciis praesidentis rei publicae“

Als zweiter Programmpunkt findet ab 11 Uhr vormittags im großen Festsaal der Universität Wien die „Promotio sub auspiciis praesidentis rei publicae“ verbunden mit der feierlichen Verleihung von Ehrenringen der Republik an die Promovierten statt. Diese spezifisch österreichische Tradition der Auszeichnung hervorragender Studienleistungen war 1661 als „Promotio sub auspiciis imperatoris“ durch Leopold I. begonnen und mit dem Ende der Monarchie 1918 unterbrochen worden. Die geehrten Neodoktoren erhielten hier ein Geschenk des Kaisers, seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert war dies - wie noch heute - ein Brillantring.

In den 1920er Jahren scheiterten Pläne zur Wiedereinführung, sodass die Tradition erst 1952 unter demokratischen Vorzeichen – unter den Auspizien des österreichischen Bundespräsidenten – gesetzlich wiederbegründet wurde. Am 9. Juni 1953 fand die erste Verleihung an der Universität Wien statt.  Voraussetzungen für die Promotion unter den Auspizien des Bundespräsidenten die Absolvierung der der oberen Klassen einer höheren Schule, der  Reifeprüfung sowie des Studiums mit Auszeichnung. 

Auch bei dieser akademischen Feier spielen ritualisierte Abläufe und symbolische Repräsentationen eine tragende Rolle, abgesehen davon symbolisiert die Ehrung herausragender NachwuchswissenschafterInnen aber vor allem Modernität, Zukunftsorientierung und Internationalität.

Verleihung akademischer Preise

Ebenfalls im großen Festsaal findet nachmittags der letzte Programmpunkt des Dies Academicus statt: die Verleihung zahlreicher Preise, vor allem an JungforscherInnen. Die Universität Wien präsentiert sich in dieser Veranstaltung in erster Linie als moderne Forschungseinrichtung, in der auch die Bedeutung der Drittmitteleinwerbung evident wird. Die universitären Vertreter erscheinen hier nicht mehr in Talar.

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