Das „Collegium Poetarum et Mathematicorum“

Das Wiener Poetenkolleg, eine elitäre Humanistenschule innerhalb der Universität an der Wende zur Neuzeit
1501–1508

Den „umherirrenden Musen“ sollte an der Universität Wien eine neue Heimstatt errichtet werden, an der Poetik, Rhetorik und die „humanistische Naturwissenschaft“ gelehrt und die Absolventen mit dem Dichterlorbeer bekränzt wurden. Mit dem Poetenkolleg wurde die Institutionalisierung der humanistischen Lehrfächer an der Universität Wien außerhalb der tradierten Fakultätsstrukturen betrieben. Für die Angehörigen des Kollegs wurden vier vom Landesfürsten besoldete Lehrkanzeln eingerichtet (Poetik, Rhetorik, Mathematik, Astronomie).

Dichterlorbeer statt Doktorhut

Um die Etablierung der humanistischen Fächer an der Universität Wien trotz universitärer Vorbehalte sicherzustellen, gründete Maximilian I. auf Anraten des Konrad Celtis das Wiener Poetenkolleg (Collegium poetarum et mathematicorum), eine „Humanistenakademie“, nach dem Vorbild der Platonischen Akademie des Julius Pomponius Laetus (1428-1498) in Rom. Die Absolventen dieses Kollegs erlangten nicht den an Hochschulen üblichen Magister- oder Doktorgrad. Vielmehr hatte der Vorstand des Kollegs das Recht, Absolventen mit dem Dichterlorbeer zu krönen und ihnen damit die höchste Humanistenwürde, verbunden mit der Lehrberechtigung an den Artistenfakultäten des Reiches, zu verleihen. Dieses kaiserliche Reservatsrecht hatte der Herrscher an Celtis persönlich delegiert. Das Humanistenkolleg wurde am 1. Februar 1502, am 43. Geburtstag des Celtis, feierlich eröffnet. Im Sinne des Stifters sollte eine fruchtbare Verbindung von sapientia und eloquentia vermittelt werden. Die Heranbildung von Dichtern (vates), von Beratern und philologisch wie historisch geschulten Rednern und Diplomaten (oratores) sowie von „Mathematikern“ (Absolventen der „humanistischen Naturwissenschaft“) war das Ziel. Celtis rühmte hernach Kaiser Maximilian, der mit dieser Gründung „den umherirrenden Musen eine neue Unterkunft“ geschenkt hätte.

Allmähliches Ende des Poetenkollegs

Nach dem Tode des Celtis (1508) bestand das Kolleg vorerst unter Georg Tannstetter-Collimitius weiter. Eine kurzlebige Reaktivierung des Humanistenkollegs gab es dann im Jahre 1558 im Zusammenhang mit der Kaiserkrönung Ferdinands I. unter dem Namen Collegium poeticum, das jedoch bloß der dichterischen Glorifizierung des Herrschers und seiner Dynastie diente. Zwar wurden einige pompöse Dichterkrönungen vorgenommen. Die Spur eines Lehrbetriebes ist im Poetenkolleg nicht mehr zu finden. Die humanistischen Fächer waren im Zuge der Universitätsreformen unter Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) ab 1537 in das Lehrprogramm der Artistenfakultät aufgenommen worden, welche seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehr und mehr den Namen einer Philosophischen Fakultät annehmen sollte.

  • Insignien des „Collegium Poetarum et Mathematicorum“

    Reproduktion eines Holzschnitts von Hans Burgkmair d. Ä. (1504/05). Dargestellt ist der siberne Dichterlorbeer ( laurea ) mit dem kaiserlichen...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien, Bildarchiv Signatur: 106.I.254
    1504

Druckversion

  • Celtis-Kiste

    Holzbehältnis mit Temperamalerei zur Aufbewahrung der Insignien des Collegium Poetarum et Mathematicorum , angefertigt im Auftrag der Universität...

    BestandgeberIn: Universität Wien, Institut für Kunstgeschichte UrheberIn: Foto: Ren Steyer, Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
    1508
  • Begründung des Collegium Poetarum et Mathematicorum

    Diplom von Kaiser Maximilian I., mit dem er an Konrad Celtis das Recht der Dichterkrönung verleiht und das Collegium Poetarum et Mathematicorum...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien Signatur: Ladula XXXVII Nr. 5
    1501
  • Siegelstempel des „Collegium Poetarum et Mathenaticorum“

    Das Siegel diente der Beglaubigung von Promotionsurkunden zum poeta laureatus , wovon jedoch keine einzige Urkunde erhalten ist. Das Siegelfeld zeigt...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: René Steyer; Institut f. Kunstgeschichte Uni Wien
    1501