Das Jesuitentheater in der „Alten Aula“

Kaiserspiele, Schultheater und Promotionen
17. Jhdt.

In der Bildungsarbeit der Jesuiten spielte das Theater eine wichtige Rolle. Schüler und Studenten fungierten als Darsteller und Chorsänger. Die Wiener Bevölkerung und der kaiserliche Hof nahmen regen Anteil an den Aufführungen. Man setzte die Tradition der Humanistenzeit in barocken Dimensionen fort. Der älteste Theatersaal Wiens im alten Aulagebäude (Bäckerstrasse 20) war 1654 fertig gestellt. Kaiser Ferdinand III. hatte viel in seine Ausstattung investiert. Das Theater sollte zur Begrüßung des jungen Königs Ferdinand IV. eröffnen, der jedoch plötzlich verstarb.

Der Saal sah in der Folge unzählige Weihnachts-, Passions- und Osterspiele, darüber hinaus glänzende Aufführungen dramatischer Prunkstücke mit opernartigen Charakter, die alle Wandlungsmöglichkeiten des Theaterraumes und der barocken Bühnentechnik ausschöpften. Es waren Flug- und Wolkenmaschinen in Verwendung, fliegende feuerspeiende Drachen erschienen in der Luft, man zeigte Engel in Feuersäulen, Erdbeben, den sich blutrot färbenden Tiber, einen Chor auf einer Wolke schwebend, Schiffe über die Wellen gleiten und ähnliches mehr.

Ein triumphaler Höhepunkt war die Aufführung des Prunkstückes „Pietas victrix“ im Jahre 1659. Das Stück stammte von dem bedeutendsten jesuitischen Theaterdichter jener Zeit P. Nikolaus Avancini (†1686). Die Aufführung fand im Beisein des kunstverständigen Kaisers Leopolds I., und unter zahlreicher Beteiligung des Hofes statt. Bei diesen „Ludi caesarei“ waren Passagen zur Verherrlichung der Herrscherdynastie vorgesehen, die mitunter zu „förmlichen Geschichtsvorträgen“ ausgewalzt wurden.

Beispielhafte Bühnentechnik

Der Wiener Domherr Johannes Mathias Testarello della Massa (†1693) widmete im Jahre 1685 dem Gebäude und dem Theater eine Beschreibung. Er hob die Eleganz des Kollegsgebäudes hervor und war von dem großen, prächtig ausgestatteten Theater beeindruckt, wo „comoedien“ aufgeführt wurden, die sonst „nirgends bey den Patres Societatis Jesu zu sehen“ seien. Besonders beeindruckte ihn die Bühnentechnik, mit der man die Szenen „offterer als 12 bis 13 mahl augenblicklich“ verändern konnte und das Auditorium, das nach seiner Schätzung „bey 3000 [!] mann fasset“, wo besondere Sitzbänke für die einzelnen Fakultäten reserviert waren. Damals wurde hier öffentliche Veranstaltungen der Universität, wie Promotionen, Disputationen und Versammlungen abgehalten. Im Jahre 1661 gab es erstmals eine „Promotio sub auspiciis imperatoris“. Auch die „Marianischen Kongregationen“, die sich in der Krankenpflege, Gefängnisseelsorge und Armenbetreuung engagierten und damals starken Zulauf hatten, hielten hier Zusammenkünfte ab. Für das Schultheater stand ein kleinerer Theatersaal samt Bühne im ersten Stock zur Verfügung, wo die „privat-comoedien und declamationen“ der Schüler stattfanden.

Im Jahre 1725 wurde die „Alte Aula“ um ein Geschoß aufgestockt und um 1735 im Zuschauerraum das große Deckenfresko zum Thema „Assumptio Mariae“ von dem schwäbischen Maler Anton Hertzog geschaffen. Interessant erscheint der Hinweis, dass der Bühnenraum größer als der Zuschauerraum war, was wohl wegen der aufwendigen Bühnentechnik, der raschen Szenenwechsel und der beliebten Massenszenen erforderlich war.

Mit der Regierung Karls VI. war die Blütezeit des Jesuitenordens und auch seines Theaters vorbei. In der Folge wurde der Theatersaal in zwei Räume geteilt und als „Naturhistorisches Museum der k. k. Universität“ unter der Leitung des Astronomen P. Josef Franz (†1776) eingerichtet. Auch der Direktor des Botanischen Gartens Nikolaus von Jacquin (†1817) war an der Gestaltung des Museums beteiligt. Neben Tierpräparaten waren Mineralien ausgestellt, später war in einem Nebenraum die „Skeletten-Sammlung“ des Anatomen Johann Georg Ilg (†1836) untergebracht. Das Haus beherbergte weiters ein Laboratorium und das Akademische Gymnasium, das bis zum Jahre 1866 hier seinen Sitz haben sollte. In den Jahren 1802 bis 1848 war es mit dem k. k. Wiener Stadtkonvikt, das die meisten Gebäude des ehemaligen Jesuitenkollegs erhalten hatte, verbunden.

Seit 2010 dient der Theatersaal als "Jesuitensaal" dem Veranstaltungszentrum "Aula der Wissenschaften" als Ort für Feste der wissenschaftlichen Gesellschaft und für Begegnungen mit der interessierten Öffentlichkeit.

Kurt Mühlberger

Zuletzt aktualisiert am : 04.03.2024 - 20:31