Ehrenzeichen der Universität Wien

1920–21. Jhdt.

Die akademische Ehrung des Ehrenzeichens erhalten heute vor allem MitarbeiterInnen für ihre langjährige Tätigkeit an der Universität Wien.

Liste aller EhrenzeichenträgerInnen (chronologisch)

Liste aller EhrenzeichenträgerInnen (alphabetisch)

Das „alte“ Ehrenzeichen der Universität Wien

Das Ehrenzeichen der Universität Wien wurde während der Ersten Republik als Auszeichnung für solche Persönlichkeiten begründet, die der Universität „hervorragende materielle Förderungen“ zukommen ließen – Universitätsangehörige waren jedoch von der Verleihung ausgeschlossen. Anlass zur Stiftung des Ehrenzeichens gaben die Notsituation der Universität nach dem Ersten Weltkrieg sowie die massiven Hilfeleistungen, die die Universität nach Kriegsende aus dem In- und vor allem aus dem Ausland erhielt:

„Die Katastrophe des Weltkrieges (1914-1918), noch mehr die Nachkriegserscheinungen hatten auch der Wiener Universität schwere materielle Bedrängnis gebracht. Zeitweise schien die Aufrechterhaltung des Lehrbetriebes bedroht, Kliniken und wissenschaftliche Institute fristeten mühsam ihr Dasein. Groß war die Notlage der Studentenschaft, der es vielfach an den primitivsten Lebensbedingungen gebrach. Da brachten großzügige Hilfsaktionen aus allen Teilen der Welt der Universität die Möglichkeit, diese schweren Zeiten zu überstehen.
​Gleichzeitig trat vielfach an die Universität das Ansinnen heran, den Urhebern dieser Hilfe Ehrendoktorate zu verleihen. [...] In dieser Beziehung scheint es geboten, Ehrendoktorate nur streng wissenschaftlichen Leistungen zu gewähren. Diese Erwägung bestimmt den akademischen Senat, auf alte historische Ueberlieferungen zurückzugreifen, Ehrenzeichen der Wiener Universität zu stiften und zu verliehen, wie sie einst von ständischen autonomen Körperschaften vergeben wurden, und mit welchen noch heute Korporationen aller Art hervorragende Leistungen auf jedem Gebiete anerkennen.“
Archiv der Universität Wien, S 476 ex 1936/37: Ehrenzeichen der Wiener Universität, Statuten vom 15. Juni 1921.

Vorbild war die Salvator-Medaille der Stadt Wien, die an verdiente Bürger der Stadt verliehen wurde.
Der Senat stimmte der Gründung eines solchen Ehrenzeichens im April 1920 prinzipiell zu und beauftragte eine eigene Kommission mit der Gestaltung dieser Auszeichnung, was mehrere Monate in Anspruch nahm. In ihrer Sitzung vom 9. Juni 1921 bewilligte die Ehrenzeichenkommission des Senats schließlich die Ausführung. Laut Statuten hatte der Senat über die Verleihung mit Zweidrittelmajorität zu entscheiden. Die Geehrten – Angehörige der Universität waren ausgeschlossen – sollten zugleich ein Diplom mit Siegel und Unterschrift des Rektors erhalten und ihre Namen in ein Ehrenbuch eingetragen werden. In derselben Sitzung vom 9. Juni 1921 beschloss die Kommission auch die erstmalige Verleihung des neugegründeten Ehrenzeichens an acht international bekannte Persönlichkeiten (darunter der argentinische Präsident Hipólito Irigoyen, der spätere US-amerikanische Präsident Herbert Hoover sowie der New Yorker Anthropologe Franz Boas).

Nachdem die Ehrenzeichenkommission im Jänner 1922 die Begründung der goldenen und silbernen Ehrenmedaille als Auszeichnung „minderen Grades“ beschloss, wurden die Statuten für das Ehrenzeichen präzisiert, das nun „nur dann verliehen [werden solle], wenn die Leistungen eine aussergewöhnliche Höhe erreichen, oder der Auszuzeichnende einen anerkannten Ruf als Staatsmann oder in der Geisteswelt geniesst.

Die von Prof. Konstantin Hohenlohe ausgearbeiteten Statuten wurden im Jänner 1923 nochmals ergänzt. So wurde festgelegt, dass begründete schriftliche Anträge auf Verleihung „von jedem Mitgliede des Professorenkollegiums eingebracht werden“ könnten und eine „ständige vom Rektor berufene Kommission, in der alle fünf Fakultäten vertreten sind, […] die Verleihungsanträge für den Senat vorzubereiten“ habe. Nachdem die ersten Ehrenzeichen auf dem Postweg übermittelt worden waren, wurde schließlich statutarisch festgehalten, dass die Überreichung des Ehrenzeichens „in feierlicher Weise […] durch den Rektor“ zu erfolgen habe.

Statutenänderung 1927

Den Anstoß zu einer weiteren Änderung der Statuten gab 1927 die Anregung, Marianne Hainisch anlässlich des 30. Jubiläums der Zulassung der Frauen zum Hochschulstudium das Ehrenzeichen zu verleihen, die zu hitzigen Diskussionen der Ehrenzeichenkommission führte: Gegen die Stimmen der Juristen Wenzel Gleispach und Ernst Schwind, die die Verleihung vehement ablehnten – da die Auszeichnung bisher ausschließlich an materielle Leistungen an die Universität gebunden war, wäre eine Erweiterung der Statuten nötig, die sie jedoch als bedenklich einstuften –, entschied die Ehrenzeichenkommission mit den Stimmen von Rektor Hans Molisch, Prorektor Karl Luick sowie Prof. Hohenlohe für eine Ergänzung der Statuten durch folgenden Satz:

„Ausnahmsweise steht es dem Senate frei, in besonders rücksichtswürdigen einzelnen Fällen das Ehrenzeichen solchen hervorragenden Persönlichkeiten der Geisteswelt zu verleihen, die auch ohne materielle Leistungen die ideellen Interessen der Universität in bedeutender Weise gefördert haben.“
Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat, Gz. 801 ex 1926/27 

1936 erfolgten die vorerst letzten Verleihungen von Ehrenzeichen, u.a. an Rudolf Bacher, der 1927 die neueingeführten Talare für Rektoren, Dekane und Senatoren der Universität Wien gestaltete hatte, sowie an Josef Müllner, der das 1923 enthüllte Kriegerdenkmal „Siegfriedkopf“ geschaffen hatte. Bis 1936 hatten insgesamt 34 Personen das Ehrenzeichen erhalten (davon 5 Frauen).

Eine Auszeichnung auch für Universitätsangehörige

Erst im Jahr 1950 wurde die Tradition des Ehrenzeichens wieder aufgenommen, jedoch wurden nun erstmals und vorwiegend Professoren der Universität Wien ausgezeichnet – immerhin 7 der 12 geehrten Personen (nur Männer) im Zeitraum 1950-1963: Theodor Innitzer, Richard Meister, Ludwig Adamovich, Hans Sperl, Leopold Arzt, Hubert Rohracher und Erich Schenk.

Neue „Statuten über die Stiftung sichtbarer Auszeichnungen“ 1966

1966 erfolgte eine Reorganisation der Auszeichnungen Ehrenzeichen und Ehrenmedaille, im Zuge derer das Ehrenzeichen in drei Grade differenziert wurde: das Goldene Ehrenzeichen, das Silberne Ehrenzeichen sowie das Ehrenzeichen.
Die potentiellen EmpfängerInnen der Auszeichnungen wurden in § 1 als „Persönlichkeiten, die der Universität Wien, deren Fakultäten und Einrichtungen oder deren Studentenschaft hervorragende ideelle oder materielle Förderung zuteil werden ließen,“ definiert.

Mit dieser Neufassung der Statuten begann eine Phase kontinuierlicher Verleihungen. Zwischen 1966 und 2009 (die vorerst letzte Verleihung) wurden 171 Personen (darunter 43 Frauen) mit einem Ehrenzeichen einer der drei Grade geehrt. Unter den Geehrten fanden sich nun zu einem Großteil MitarbeiterInnen der Universität Wien, darunter auch zahlreiche MitarbeiterInnen niederer Hierarchieebenen sowie Angehörige des nicht-wissenschaftlichen Personals.

Das Ehrenzeichen heute

Die akademische Ehrung des Ehrenzeichens erhalten heute vor allem MitarbeiterInnen für ihre langjährige Tätigkeit an der Universität Wien. Die aktuellen Satzungen der Universität Wien legen zum Goldenen Ehrenzeichen fest:

„(1) Die Universität Wien kann an Personen, die der Universität Wien, ihren Organisationseinheiten oder ihren Studierenden hervorragende ideelle oder materielle Förderungen zu Teil werden ließen oder die sich besondere Verdienste um die Universität als Institution und die von der Universität vertretenen Wissenschaften erworben haben, als sichtbare Auszeichnung ein Goldenes Ehrenzeichen verleihen.
(2) Das Ehrenzeichen ist ein bronzenes, feuervergoldetes und weiß-emailliertes Malteserkreuz von 50 mm Durchmesser, welches mit einem feuervergoldeten Malteserkreuz von 33 mm Durchmesser zu einem "Sonnenpfennig" verschränkt ist. Es hat eine zirkelrunde goldene Medaille im Mittelfeld, welche auf dem Avers die Darstellung des Sekretsiegels der Universität von 1365 trägt: In einem gotischen Dreipass, unter einem gotischem Baldachin die gekrönte Gestalt der Sapientia mit Lilienzepter und Buch. Im Medaillenfeld läuft um den Dreipass die Umschrift "Alma Mater Rudolphina" in gotischer Minuskel. Der Revers zeigt die dreizeilige Inschrift "Grata/Universitas/Vindobonensis", ebenfalls in gotischer Minuskel, darunter drei Rosen. [...]“ (Weiterlesen)
Aus den Richtlinien für akademische Ehrungen, § 7 (Goldenes Ehrenzeichen)

Kritische Reflexion der bisherigen Ehrungspraxis 2022/23

Die Universität Wien hat sich 2022 entschieden, nach den Grundsätzen „Transparenz – Kommentierung – Sichtbarmachung“ ihre bisherige Ehrungspraxis kritisch aufzuarbeiten. Dabei wurden auch 5 „problematische“ bzw. 5 „diskussionswürdige“ Ehrenzeichen-Verleihungen festgestellt.
Ziel der kritischen Auseinandersetzung war es nicht, symbolische posthume Aberkennungen auszusprechen (die Ehrung erlischt mit dem Tode des Trägers/der Trägerin) oder sie aus den Ehrungslisten zu streichen, sondern die kritischen Aspekte auf dieser Website zur Geschichte der Universität Wien zu dokumentieren, zu benennen und sichtbar zu machen.

Quellen

Archiv der Universität Wien, R 34.4: Ehrenbuch 1921-1959; Akademischer Senat, Gz. 708 ex 1919/20; Akademischer Senat, Gz. 561 ex 1926/27; Akademischer Senat, Gz. 476 ex 1936/37; Akademischer Senat, Gz. 801 ex 1926/27; Akademischer Senat S 228.16.17 (1970/71).
> Informationen des Veranstaltungsmanagements der Universität Wien

  • Goldenes Ehrenzeichen der Universität Wien

    "Das Ehrenzeichen ist ein bronzenes, feuervergoldetes und weiß-emailliertes Malteserkreuz von 50 mm Durchmesser, welches mit einem feuervergoldeten...

    BestandgeberIn: Universität Wien, Öffentlichkeitsarbeit
    2009

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