Josef Alois Jüstel, Dr. phil., Dr. theol.

7.2.1765 – 7.4.1858
geb. in Leitmeritz, Böhmen | Litoměřice, Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

Funktionen

Rektor 1822/23
Rektor 1837/38

Josef Alois Jüstel studierte Theologie am Generalseminar in Prag und wurde 1783 zum Doktor der Philosophie promoviert sowie am 15. August 1788 zum Priester geweiht. Nach der Priesterweihe ging er nach Leitmeritz, wo er als Katechet an der Kreishauptschule und als Prediger an der Domkirche tätig war. 1789 wurde er Studienpräfekt und Korrepetitor der Moral- und Pastoraltheologie am Prager Generalseminar.

1790 zum Doktor der Theologie promoviert, wurde Josef Alois Jüstel noch im selben Jahr als Professor für Moraltheologie an das Lyzeum in Graz berufen, wo er ab 1794 auch Pastoraltheologie lehrte. Zusätzlich übernahm er das Amt eines akademischen Predigers, das er 1798 niederlegte, als er zum Direktor der Lyzeums-Bibliothek in Graz ernannt wurde. Diese Position behielt er bis 1815 bei, auch als er 1802 zum Direktor der philosophischen Studien am Grazer Lyceum ernannt wurde. Seine Professur legte er 1803 mit der Ernennung zum Gubernialrat und Referenten für das gesamte Schul- und geistliche Stiftungswesen der Steiermark zurück. Dennoch wurde er für das folgende Studienjahr 1803/04 zum Rektor des Lyzeums gewählt und fungierte daneben als Dekan des Domkapitels von Seckau-Graz (1805–1815 Dompropst) sowie als Referent für die Bücherzensur in der Steiermark. 1814 übernahm Jüstel als Referent für Studien- und Stiftungsangelegenheiten die Verantwortung für die wiedergewonnenen illyrischen Provinzen.

1815 zog Josef Alois Jüstel nach Wien, wo er als Hofrat und Referent für das Studien- und Zensurwesen sowie für geistliche Angelegenheiten an der Hofkanzlei tätig wurde. Im Rahmen der Studienhofkommission war er auch für das Volksschulwesen zuständig und wurde zudem 1816 zum Beisitzer der Justizhofkommission ernannt. Ab 1829 als Nachfolger von Michael Johann Wagner als provisorischer Referent für geistliche Sachen im Staatsrat tätig, erfolgte zwei Jahre später die Berufung zum wirklichen Staats- und Konferenzrat. Ab 1835 war er auch für Studienangelegenheiten zuständig. In dieser Position übte Jüstel maßgeblichen Einfluss auf die staatliche Lenkung der katholischen Kirche sowie des religiösen Lebens in Österreich aus, zeichnete sich jedoch durch eine gemäßigte Haltung aus.

An der Universität Wien fungierte Jüstel in den Studienjahren 1822/23 und 1837/38 als Rektor der Universität Wien.

Josef Alois Jüstel war Berater und Freund von Erzherzog Johann und wurde von Metternich hochgeschätzt. Nach 60 Jahren im Staatsdienst wurde er am 31. August 1848 infolge der Auflösung des Staatsrats in den Ruhestand versetzt.
Für seine Verdienste als Theologe, Lehrer und Staatsdiener wurde Jüstel vielfach geehrt und ausgezeichnet: Er wurde 1816 zum Titularpropst von Ardagger, 1818 zum Propst an der Kollegiatkirche von Al-Bunzlau und 1835 zum infulierten Propst des Kollegiatkapitels von Vyšehrad in Prag und zum Mitglied des böhmischen Landstandes ernannt. Die Theologische Fakultät der Universität Padua nahm ihn 1816 als Mitglied auf und die Universität Pest verlieh ihm 1830 das Ehrendoktorat. 1847 zum Geheimen Rat ernannt, war er auch Träger des Kommandeurkreuzes des Leopold-Ordens und des Zivil-Verdienstordens der königlich-bayrischen Krone. Als Ehrenmitglied gehörte Jüstel der k. k. Akademie der Wissenschaften und Künste in Padua, dem Athenäums in Venedig, der Landwirtschafts-Gesellschaft in Krain, dem Museum in Böhmen und zahlreichen weiteren gelehrten und humanistischen Vereinen an.

An der Universität Wien stiftete Jüstel ein Stipendium von 1800 Gulden. Testamentarisch vermachte er 4000 Gulden dem Knabenseminar und bestimmte das Knabenseminar Mariaschein in Leitmeritz zum Universalerben seines Vermögens. Josef Alois Jüstel starb am 7. April 1858 im Alter von 93 Jahren. Als böhmischer Landesprälat wurde er am Friedhof von Vyšehrad bestattet.

Werke (Auswahl)

Gedächtnisrede auf den Tod Kaisers Joseph ΙI., 1792.
Predigt von dem Einflusse des Glaubens an die Unsterblichkeit der Seele in unsere Tugend, 1792.
Predigten von den Vortheilen, welche wir aus der Betrachtung der widrigen Schicksale ganzer Staaten ziehen sollen (bei dem Dankfeste wegen der Krönung des Kaisers Franz zum deutschen Kaiser), 1792.
Predigt über Lucas I, 51 bei dem am 7. 4. 1793 zu Grätz begangenen Dankfeste, 1793.
Predigt vom 29. 12. 1793 um Gott für den so siegreich geendeten Feldzug zu danken, 1793.
Predigt um einen glücklichen Fortgang der Waffen, 1793, 1796.
Rede bei der Eröffnung des Seckauer Priesterhauses, 1804.
Gelegenheitsreden, 1804.
Predigt bey der Weihe der Fahnen der fünf Bataillone der Landwehre des Grätzer Kreises, 1809.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.04.2024 - 22:27

Druckversion