Viktor E. Frankl, tit. ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ., Dr. phil., Dr. h.c. mult.

26.3.1905 – 2.9.1997
geb. in Wien, Österreich gest. in Wien, Österreich

Begründer der Logotherapie und der Existenzanalyse

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrendoktorat Dr. rer. nat. h.c. 1985/86 Formal- und Naturwissenschaftliche Fakultät

Die Grund- und Integrativwissenschaftliche Fakultät beschloss am 14. Juni 1985 einstimmig, Viktor Frankl das Ehrendoktorat der Naturwissenschaften zu verleihen:

„Dr. Viktor Frankl hat an der Wiener Universität sowohl den Dr. med. univ. als auch den Dr. phil. erworben, sodaß beide Titel ihm nicht mehr ehrenhalber von der Wiener Universität verliehen werden können. Nach dem Bundesgesetz über geistes- und naturwissenschaftliche Studienrichtungen § 15, Abs. 3 in Verbindung mit § 15, Abs. 4 hat die Grund- und Integrativwissenschaftliche Fakultät jedoch das Recht, im Fach Psychologie den Titel ‚Dr. rer. nat.‘ zu vergeben, und zwar dann, wenn die Dissertation überwiegend naturwissenschaftliche Fragestellungen enthält.“
(Dekan Karl R. Wernhart an Dekan Othmar Preining, 17.10.1985, in: Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat S 229.14.10).

In seiner Würdigung argumentierte Giselher Guttmann, Professor für Psychologie, dass Frankl sich „sehr früh erfolgreich um eine experimentell-empirische Fundierung seiner Ansätze bemüht“ und empirische Dissertationen betreut habe. Zudem habe er „von Anfang an die Flankierung von psychotherapeutischen Maßnahmen durch Psychopharmaka betont[…] und im Bereich der Psychopharmakologie auch aktiv wissenschaftlich“ geforscht. (Gutachten Giselher Guttmann, 21.11.1985, ebd.)

Nachdem die Formal- und Naturwissenschaftliche Fakultät den Antrag „wärmstens“ unterstützte, fand die Verleihung des Ehrendoktorats für Naturwissenschaften an Viktor Frankl im Rahmen einer akademischen Feier am 14. Mai 1986 im Senatssaal der Universität Wien statt. Die Laudatio hielt Guttmann, der auch die Ehrenpromotion vornahm.

Straßenbenennung Viktor E. Frankl Weg 2001

Der Viktor-Frankl-Weg auf dem Areal des Campus der Universität Wien (Altes Allgemeines Krankenhaus) wurde 2001 nach Frankl benannt.

Viktor Emil Frankl, Sohn des Ministerialbeamten Gabriel Frankl und dessen Ehefrau Elsa (geb. Lion), beschäftigte sich bereits während seiner Gymnasialzeit mit Naturphilosophie und Psychologie. Er korrespondierte mit Sigmund Freud und hielt mit 15 Jahren seinen ersten öffentlichen Vortrag „Über den Sinn des Lebens“. Nach der Matura am Wiener Gymnasium Kleine Sperlgasse nahm Frankl 1924 das Medizinstudium an der Universität Wien auf. Nachdem er sich bereits als Schüler in der Sozialistischen Arbeiterjugend politisch betätigt hatte, fungierte er 1924/1925 als Obmann der Sozialistischen Mittelschüler Österreichs.

Bereits 1924 wurde auf Vermittlung Sigmund Freuds ein Artikel von Frankl in der Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse veröffentlicht. Bald näherte er sich dem Kreis um Alfred Adler an, nahm regelmäßig an dessen Treffen teil und veröffentlichte 1925 den Beitrag „Psychotherapie und Weltanschauung“ in der Internationalen Zeitschrift für Individualpsychologie. Aufgrund seiner Kritik an Adlers Lehrsätzen wurde Frankl 1927 aus der Gesellschaft für Individualpsychologie ausgeschlossen. Er beschäftigte sich insbesondere mit Suizidprävention bei jungen Menschen und begann 1928 mit der Gründung von Jugendberatungsstellen in Wien und sechs weiteren Städten. Zudem war er als Vortragender in den Wiener Volkshochschulen aktiv. 1930 promovierte er an der Universität Wien zum Doktor der Medizin.

1933 übernahm Viktor Frankl die Leitung des sogenannten „Selbstmörderinnen-Pavillons“ in der psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien Am Steinhof, wo er tausende suizidgefährdete Frauen betreute. 1937 eröffnete er eine Ordination als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, die jedoch wenige Monate später nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland „arisiert“ wurde.

Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er während des Nationalsozialismus verfolgt. 1940 wurde er Vorstand der Neurologischen Station des Rothschild-Spitals der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, dem einzigen Krankenhaus in Wien, das jüdischen Patient*innen noch offenstand. Durch gefälschte Diagnosen gelang es ihm, Patient*innen vor der nationalsozialistischen Euthanasie zu bewahren.
Gemeinsam mit seiner Ehefrau Mathilde (Tilly), geb. Grosser, sowie seinen Eltern wurde Viktor Frankl am 25. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sein Vater wenige Monate später starb. Seine Mutter, sein Bruder Walter sowie dessen Ehefrau wurden im Vernichtungslager Auschwitz ermordet, seine Ehefrau starb im KZ Bergen-Belsen. Viktor Frankl überlebte 1944 die Deportation nach Auschwitz, den anschließenden Transport in das Außenlager Kaufering des KZ Dachau sowie im März 1945 in das Außenlager Türkheim, wo er die Befreiung durch die U.S. Army erlebte.

Zurück in Wien wurde Frankl 1946 Vorstand der Neurologischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik – eine Position, die er bis 1970 ausübte. Bereits 1946 erschien sein Buch „Ärztliche Seelsorge“, an dem er seit 1941 gearbeitet hatte. Darin erläuterte er die Basis seines psychotherapeutischen Systems und integrierte auch ein Kapitel über die „Psychologie des Konzentrationslagers“. Im selben Jahr folgte die Publikation „… trotzdem Ja zum Leben sagen“, in der er ebenfalls seine KZ-Erfahrungen verarbeitete. 1947 heiratete Viktor Frankl in zweiter Ehe Eleonore (Elly) Katharina Schwindt, die ihn auch wissenschaftlich bis zu seinem Lebensende unterstützte.

An der Medizinischen Fakultät der Universität Wien lehrte er ab 1947 als Privatdozent für Neurologie und Psychiatrie. 1949 promovierte Frankl zudem mit der Dissertation „Der unbewußte Gott“ im Fach Psychologie zum Dr. phil. (Betreuer: Hubert Rohracher).

Viktor Frankl erlangte durch seine Psychotherapie („Logotherapie“) sowie das ihr zugrunde liegende philosophisch-anthropologische Konzept des menschlichen Daseins („Existenzanalyse“), denen er ab 1946 zahlreiche Publikationen widmete, weltweit höchste wissenschaftliche Anerkennung. Sein Ansatz, der den Sinn des Lebens in den Mittelpunkt seiner Gesundheitslehre (Salutogenese) und Motivationstheorie stellt, wird nach Wolfgang Soucek 1948 als „dritte Wiener Richtung der Psychotherapie“ (nach Freuds Psychoanalyse und Adlers Individualpsychologie) bezeichnet. In den USA wurde vor allem die Übersetzung des Buches „… trotzdem Ja zum Leben sagen“ unter dem Titel „Manʼs Search for Meaning“ ab 1959 zum Bestseller – laut der Library of Congress wurde es zu „einem der zehn einflussreichsten Bücher in Amerika“.

Frankl erhielt 1955 den Titel eines außerordentlichen Professors für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien (tit. ao. Prof.). In den 1960er- und 1970er-Jahren führten ihn Vortragsreisen nach Nord- und Südamerika sowie nach Asien, zudem wirkte er als Gastprofessor an mehreren US-amerikanischen Universitäten, u. a. an der Harvard University, der Stanford University, der University of Dallas oder der University of Pittsburgh. An der US International University in San Diego/Kalifornien wurde 1970 für ihn eine Professur für Logotherapie geschaffen, die er bis 1983 ausübte, und das erste Logotherapie-Institut gegründet, dem weltweit zahlreiche weitere folgen sollten.

Für seine Leistungen und Verdienste wurde Viktor Frankl international vielfach geehrt: Die Stadt Wien etwa verlieh ihm den Preis für Naturwissenschaft (1970), den Ehrenring (1980), den Titel Bürger der Stadt Wien (1985) sowie den Titel Ehrenbürger (1995). Von der Republik Österreich erhielt er das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse (1969), das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (1981), das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich (1988) und das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich (1995). Die Österreichische Akademie der Wissenschaften ernannte Frankl 1997 zum Ehrenmitglied. Insgesamt 29 Hochschulen ernannten Viktor Frankl zum Ehrendoktor, darunter die Universität Wien (1986) und die Universität Salzburg (1994).

Anlässlich des Gedenktages zum 50. Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs hielt Frankl 1988 auf dem Wiener Rathausplatz eine vielbeachtete Rede, in der er die Idee der Kollektivschuld entschieden ablehnte. Zwei Jahre später lud ihn die Universität Wien als Festredner im Rahmen der Feierlichkeiten zum 625. Universitätsjubiläum ein.

1992 wurde in Wien das Viktor Frankl Institut als internationale wissenschaftliche Gesellschaft gegründet, um das Lebenswerk Frankls fortzuführen. Weltweit – besonders in Europa, Nord- und Südamerika – wurden bereits zu Lebzeiten zahlreiche Ausbildungs- und Forschungsinstitutionen für Logotherapie gegründet und vielfach nach ihm benannt.

Viktor Frankl starb am 2. September 1997 in Wien und wurde auf dem Zentralfriedhof bestattet.

Sowohl an seinem Geburtshaus in Wien 2, Czerningasse 6, (1988) als auch an seinem Wohnhaus in Wien 9, Mariannengasse 1, (2007) wurden Gedenktafeln angebracht, die an Frankl erinnern. Nach ihm wurden der Viktor-Frankl-Hof in Wien 2 (1998), der Viktor-Frankl-Park am ehemaligen Areal der Poliklinik in Wien 9 sowie der Viktor-Frankl-Weg am Areal des Campus der Universität Wien nach ihm benannt. Der Viktor-Frankl-Fonds der Stadt Wien verlieh zwischen 2000 und 2019 Preise und Stipendien zur Förderung einer sinnorientierten humanistischen Psychotherapie.
Das Viktor Frankl Zentrum Wien wurde 2004 als Studien- und Weiterbildungszentrum im Sinne von Frankls Lebenswerk gegründet. Nach der 2005 erfolgten Übersiedelung in das ehemalige Wohnhaus Frankls in der Mariannengasse 1 wurde hier 2015 das Viktor Frankl Museum eröffnet.

Werke (Auswahl)

Ärztliche Seelsorge. Grundlagen der Logotherapie und Existenzanalyse, 1946.
… trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, 1946 (Englisch: Manʼs Search for Meaning, 1959)
Homo patiens, 1950.
Pathologie des Zeitgeistes. Rundfunkvorträge über Seelenheilkunde, 1955.
Theorie und Therapie der Neurosen. Einführung in Logotherapie und Existenzanalyse, 1956.
Das Menschenbild der Seelenheilkunde, 1971.
Der Wille zum Sinn. Ausgewählte Vorträge über Logotherapie, 1972.
Logotherapie und Existenzanalyse, 1987.
Bergerlebnis und Sinnerfahrung, 1992.
Was nicht in meinen Büchern steht. Lebenserinnerungen, 1995.
Man’s Search for Ultimate Meaning, 1997.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 26.03.2024 - 21:13

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