Anselm (Joseph) Ricker, o. Univ.-Prof. Dr. theol.

10.3.1824 – 29.12.1902
geb. in Preßburg | Bratislava, Slowakei gest. in Mayerling, Niederösterreich, Österreich

Funktionen

Dekan Doktorenkollegium Katholisch-Theologische Fakultät 1859/60
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1875/76
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1877/78
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1878/79
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1880/81
Rektor Katholisch-Theologische Fakultät 1881/82
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1885/86
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1893/94

Joseph Ricker, Sohn eines Gastwirtes, besuchte bis 1839 das Gymnasium der Benediktiner in Martinsberg (Pannonhalma) und absolvierte anschließend die philosophischen Jahrgänge an der Preßburger Königlichen Akademie. 1842 trat er in das Wiener Schottenstift unter Leitung von Abt Sigismund Schultes ein, wo er den Ordensnamen „Anselm“ erhielt, 1845 die Profess ablegte und zwei Jahre später zum Priester geweiht wurde. Auf Schultesʼ Anregung nahm er zudem 1843 ein Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien auf. 1851 promovierte er hier mit der als „jesuitenfreundlich“ eingestuften Dissertation „De institutionibus Ordinis Societatis Jesu“ zum Doktor der Theologie.

Noch vor seiner Promotion begann Ricker 1850 als Kooperator in Pulkau/Niederösterreich in der Seelsorge und der Erziehung von Schulkindern zu wirken. In den folgenden Jahren wurde er auch publizistisch aktiv. 1857 wechselte er an die Pfarre Schottenfeld und 1861 kurzzeitig an die Pfarre St. Ulrich in Wien, bis er 1862 als Kurat und Stiftsprediger an das Schottenstift berufen wurde. Zahlreiche seiner Predigten wurde in der Folge auch in gedruckter Form veröffentlicht.

1859/60 amtierte Anselm Ricker als Dekan des Theologischen Doktorenkollegiums. 1872 erfolgte seine Berufung als außerordentlicher, 1875 als ordentlicher Professor für Pastoraltheologie an die Universität Wien (Emeritierung 1895). An der Universität Wien fungierte er in den Studienjahren 1875/76, 1880/81, 1885/86 und 1893/94 als Dekan der Theologischen Fakultät sowie 1881/82 als Rektor. In seiner Inaugurationsrede widmete er sich dem Wirken des später heiliggesprochenen mittelalterlichen Gelehrten Albert Magnus.
Von 1881 bis 1887 übte Ricker zudem das Amt des Priors des Schottenstiftes aus.

Neben seinen zahlreichen veröffentlichten Predigten verfasste Anselm Ricker mit seiner „Kurzgefaßten Anleitung zur Theorie der Katechetik“ (1887) sowie dem Werk „Das Perikopensystem“ (1892) theoretische sowie praktische Überlegungen für die im Gottesdienst abzuhaltenden Predigten. Rickers Lehre im Bereich der Pastoraltheologie war eng verbunden mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung in der praktischen Seelsorge. Er gilt als einer der Pioniere der Pastoralpsychiatrie, der Seelsorge für psychisch Kranke (in der damaligen Diktion „Irrenseelsorge“). Diesem Fachgebiet widmete er sich nicht nur in mehreren Vorlesungen, sondern auch 1883 in dem ersten deutschsprachigen Lehrbuch „Pastoral-Psychiatrie zum Gebrauche für Seelsorger“. Eine dahingehende Ausbildung sah er als essentiell für angehende Seelsorger an.

Für seine Verdienste wurde Anselm Ricker vielfach geehrt: Er wurde 1876 zum Geistlichen Rat, 1886 zum fürsterzbischöflichen Konsistorialrat und 1893 zum fürsterzbischöflichen Diözesangerichtsrat ernannt. 1888 wurde ihm der Orden der Eisernen Krone III. Klasse (1888) verliehen. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand wurde er 1895 zum Hofrat ernannt, zudem überreichte ihm das Schottenstift einen silbernen Kelch sowie ein Album eines Großteils seiner Schüler. Anlässlich des 50. Jubiläums seiner Promotion verlieh ihm die Universität Wien 1901 das Goldene Doktordiplom.

Werke (Auswahl)

De institutionibus Ordinis Societatis Jesu (Dissertation), 1851.
Die katholische Kirche in ihren Gebräuchen, dargestellt und erklärt für die Jugend, 1852 (6. Auflage 1882).
Katholische Glaubens- und Sittenlehren, 1858 (5. Auflage 1872).
Via dolorosa: oder Kreuzweg des Herrn, dargestellt in 14 Predigten mit einer Schlußbetrachtung am Ostermontag, gehalten in der heiligen Fastenzeit 1864 (Predigten), 1866.
Der Syllabus, ein Triumph der Wahrheit über den Irrthum, dargestellt in 14 Fastenbetrachtungen (Predigten), 1867.
Das Concordat, eine Bürgschaft für die Eintracht zwischen Kirche und Staat: dargest. in sieben Predigten an den sieben letzten Sonntagen des Kirchenjahres 1867 (Predigten), 1868.
Ecce homo! Betrachtungen über den Menschen gehalten in der heiligen Fastenzeit 1868 (Predigten), 1869.
Immortalitas. Betrachtungen über die Unsterblichkeit der Seele, Gehalten in der heiligen Fastenzeit 1870 (Predigten), 1871.
Die Verwaltung des Buss-Sacramentes, 1873.
Leitfaden der Pastoral-Theologie, 1874 (2. Auflage 1878).
Ein Kranz schuldiger Verehrung von der Alma Mater der Wiener Hochschule dem Andenken Albert des Grossen gewidmet (Inaugurationsrede), 1881.
Kurzgefaßte Anleitung zur Theorie der Katechetik, 1887 (4. Auflage 1893).
Pastoral-Psychiatrie zum Gebrauche für Seelsorger, 1888 (3. Auflage 1894).
Das Perikopen-System, Versuch einer genetisch-historschen Entwicklung desselben in den ersten sechs Jahrhundert, 1892.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 19.02.2024 - 22:01

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