Edmund Bernatzik, o. Univ.-Prof. Dr. jur.

28.9.1854 – 30.3.1919
geb. in Mistelbach, Österreich gest. in Wien, Österreich

Funktionen

Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1896/97
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1905/06
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1906/07
Rektor Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1910/11

Als Sohn des Notars von Mistelbach (NÖ) ebendort geboren zog die Familie alsbald nach Korneuburg (NÖ), weil der Vater die dortige Notariatsstelle übernahm. Edmund Bernatzik besuchte wie sein älterer Bruder Wilhelm, der später ein bekannter Maler werden sollte, die Volksschule und die Realschule in Korneuburg, später das Theresianum in Wien. Wegen einer schweren Dyphterieerkrankung, deren Folge ein bleibender Herzfehler war, musste Bernatzik den Besuch des Theresianums einstellen, konnte aber als Externist im Jahr 1871 (als erst 16-jähriger) die Matura am Josefstädter Gymnasium ablegen.

Bernatzik studierte auf Wunsch der Mutter – sie war die Tochter eines Offiziers – Rechtswissenschaften in Wien (und Graz), seine Neigung jedoch galt der Medizin, deren Studium er freilich nur ein Jahr lang betreiben konnte. Seit der Studentenzeit Burschenschafter der schlagenden Verbindung „Silesia“ behielt Bernatzik seine deutschnationale Gesinnung lebenslang bei, ohne aber die anderen Völker der Habsburgermonarchie diskriminieren zu wollen; nach dem Ende des I. Weltkrieges trat er für den Anschluss Deutschösterreichs an das Deutsche Reich ein, was durchaus seiner bürgerlich-demokratischen, freiheitlichen Einstellung entsprach.

Trotz seiner gesundheitlichen Schwäche leistete Bernatzik nach der Promotion zum Dr. jur. (1876) den Militärdienst ab und wandte sich dann dem richterlichen Dienst zu (1880 Richteramtsprüfung). 1884 ließ er sich jedoch von dieser Tätigkeit beurlauben und widmete sich ganz der Fertigstellung seines Buches „Rechtsprechung und materielle Rechtskraft“, was ihm nach einem Aufenthalt an der Universität Straßburg bei Paul Laband und Otto Mayer im Jahr 1885 gelang. Der Band erschien 1886 und – durch dessen positive Aufnahme ermutigt – reichte Bernatzik ihn als Habilitation an der Wiener rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät ein; der Antrag wurde noch im selben Jahr positiv erledigt. Daraufhin beendete er den richterlichen Dienst ganz. Ebenfalls 1886 heiratete Bernatzik die aus Wiesbaden stammende Josephine Tourelle; der Ehe entstammten drei Kinder.

Ab 1887 war Bernatzik als Juristenpräfekt des Theresianums tätig. 1890 erschien sein Werk „Kritische Studien über den Begriff der juristischen Person und über die juristische Persönlichkeit der Behörden insbesondere“. Für das Studienjahr 1890/91 wurde Bernatzik mit der Vorlesung aus Kirchenrecht an der Universität Innsbruck betraut.

Im Jahr 1891 erhielt Bernatzik – unterstützt durch Georg Jellinek, der in diesem Jahr Basel verließ, – einen Ruf als o. Professor an die Universität Basel, wo er insbesondere Staatsrecht, Völkerrecht und Schweizer Bundesverfassungsrecht lehrte. 1892 publizierte er „Republik und Monarchie“.

Von 1893 bis 1894 als o. Professor an die Universität Graz berufen, wechselte Bernatzik schon 1894 als o. Professor für allgemeines und österreichisches Staatsrecht und Verwaltungsrecht an die Universität Wien, wo er 1896/97 und 1906/07 Dekan der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät und 1910/11 Rektor war. Unter anderen besuchten Adolf Julius Merkl und Hans Kelsen Bernatziks Seminar und hörten den ausgezeichneten Redner und scharfzüngigen Analysten.

In diesen Jahren entstanden weitere richtungsweisende Werke wie „Das Proportionalwahlrecht“ (1894) und „Die Rechtskraft der Entscheidungen der Verwaltungsbehörden“ (1902; 2. Deutscher Juristentag) sowie der erste derartige Großkommentar „Die österreichischen Verfassungsgesetze mit Erläuterungen“ (1906, 2. Auflage 1911).

Im Jahr 1900 wurde Bernatzik zum Ersatzmitglied des kk Reichsgerichtes bestellt, im Jahr 1905 zum Mitglied desselben. 1919 war er bis zu seinem Tod Mitglied des neuerrichteten deutschösterreichischen Verfassungsgerichtshofes.

Als Mitglied der Kommission zur Förderung der Verwaltungsreform (1911-1914) befasste sich Bernatzik v.a. mit der Einrichtung und dem Ausbau der Höchstgerichte im Bereich des öffentlichen Rechts. Die Ergebnisse der Kommission führten letztlich zur Einführung der Verwaltungsverfahrensgesetze im Jahr 1925.

Bernatzik engagierte sich sowohl in der Volksbildung (zB 1918/19 mit einem Vortrag über den Anschluss Deutschösterreichs an das Deutsche Reich) als auch in der Bewegung zur Gleichstellung der Frau: Er war Mitglied im „Verein für erweiterte Frauenbildung“ und setzte sich für die Zulassung von Frauen zum Jusstudium ein, was aber erst in der jungen Republik verwirklicht wurde. 1922 promovierte Bernatziks Tochter Marie als eine der ersten Frauen in Österreich an der Juristischen Fakultät in Wien.

Klaus Zeleny

Zuletzt aktualisiert am 02.09.2021 - 16:03

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