Wolfgang Denk, o. Univ.-Prof. Dr. med.

21.3.1882 – 4.2.1970
geb. in Linz, Österreich gest. in Wien, Österreich

Funktionen

Senator Medizinische Fakultät 1937/38
Rektor Medizinische Fakultät 1948/49

Wolfgang Karl Josef Denk, Sohn des Ophthalmologen Karl Denk, nahm nach der Matura 1901 am Staatsgymnasium in Linz das Studium der Medizin an der Universität Wien auf und promovierte am 26. April 1907 zum Doktor der Medizin. Den Plan, wie sein Vater Augenarzt zu werden, gab Denk bald auf, absolvierte eine chirurgische Ausbildung am Allgemeinen Krankenhaus in Linz und arbeitete daneben als Landarzt in Kematen und Braunau am Inn. Er arbeitete für vier Monate am Institut für experimentelle Pathologie unter Richard Paltauf und war ab 1908 an der I. Chirurgischen Universitätsklinik als Assistent bei Anton von Eiselsberg tätig (bis 1924). Im Dienst des Malteser-Ritterordens war Denk 1912/13 während des Balkankriegs 1912/1913 sowie im Ersten Weltkrieg als Leiter einer Chirurgengruppe im Fronteinsatz.
Wolfgang Denk wurde 1916 an der Universität Wien habilitiert und übernahm im Folgejahr die chirurgische Abteilung des Kriegsspitals III in Wien. 1923 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt, leitete ab 1924 die I. chirurgische Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung und wurde 1928 als ordentlicher Professor und Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik an die Universität Graz berufen. Als Nachfolger von Julius von Hochenegg leitete Denk ab 1931 die II. Chirurgische Universitätsklinik in Wien.

Austrofaschismus und Nationalsozialismus

Denk war während des Austrofaschismus Mitglied der Vaterländischen Front ohne Parteifunktion. Er fungierte von 17. Mai 1934 bis 16. März 1938 als Vertreter der Wissenschaft in der Wiener Bürgerschaft, die den demokratisch gewählten, während der Diktatur aufgelösten Gemeinderat ersetzte. Die 64 Mitglieder der Wiener Bürgerschaft – die den Titel „Rat der Stadt Wien“ trugen  – wurden nicht gewählt, sondern durch den Bürgermeister ernannt und mussten „vaterlandstreu“ bzw. der Vaterländischen Front loyal gesinnt sein:

„Univ.-Prof. Wolfgang Denk […] wurde […] auf Grund seines fachlichen Könnens als international angesehener Chirurg, seiner bürgerlichen Herkunft (Arztfamilie) und darüber hinaus vermutlich ausreichender persönlicher Verbindungen, die ihn für dieses Amt empfahlen, ernannt. Eine prononciert ‚katholische‘ Orientierung wird ihm nicht nachgesagt. Er gehörte dem ‚rein arischen‘ Verein deutscher Ärzte in Österreich an, der nach Hubenstorf alle bürgerlichen Ärzte ‚katholischer und großdeutscher Provenienz‘ zusammenfasste. Der Umstand, dass Denk nach 1938 trotz seiner Funktion als Rat der Stadt Wien in seiner Funktion als Vorstand der II. Chirurgischen Klinik belassen wurde, spricht dafür, dass er in das ‚weite Feld‘ der Vertreter katholisch-nationaler Orientierungen einzuordnen wäre.“ (Seliger 2010, S. 382f.)

Im Studienjahr 1937/38 vertrat Denk die Medizinische Fakultät im Senat der Universität Wien.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938 konnte Wolfgang Denk seine Position als Vorstand der II. Chirurgischen Klinik beibehalten. Er übernahm zudem die kommissarische Leitung der 1920 gegründeten Vereinigung der Chirurgen Wiens. Während des Polenfeldzugs im September 1939 diente Denk bei einer Sanitätsabteilung der deutschen Wehrmacht als Chirurg im Rang eines Oberfeldarztes. 1940 vom Militärdienst beurlaubt, konnte er seine Tätigkeit als Professor und niedergelassener Arzt fortsetzen.

Trotz seiner hervorragenden dienstlichen und fachlichen Beurteilung während seines Militäreinsatzes wurde Denk, der zwar der NS-Volkswohlfahrt, jedoch nicht der NSDAP beitrat, von den NS-Parteistellen politisch kritisch gesehen. Der Führer des NS-Dozentenbundes, Arthur Marchet, beurteilte Denk gegenüber dem Gaupersonalamt im November 1939 als „unpolitisch und keine Kämpfernatur“. Auch während des Dollfuß-/Schuschnigg-Regimes habe er sich kaum aktiv politisch betätigt bzw. exponiert. Seit dem „Anschluss“ verhalte er sich „absolut korrekt“ und fördere nationalsozialistische Ärzte in seiner Klinik. Als Vertreter für ausländische Kongresse sei er jedoch nicht zu empfehlen, „da er Angriffen, die gegen das Reich gerichtet werden könnten, wegen seiner Art, nicht Anstoss zu erregen, kaum entgegentreten würde.“ Die NSDAP Kreisleitung Wien vermerkte daher im Dezember 1939: „Angefragter erscheint nur mit viel Vorsicht tragbar.“ (ÖStA, Gauakt) Trotz anhaltender Bedenken aufgrund Denks politischer Vergangenheit kam das Gaupersonalamt schließlich 1941 zu dem Schluss, dass Denks „gutes Verhalten in der Zeit nach dem Umbruch und sein besonderes fachliches Können“ seine Verwendung als Offizier der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg rechtfertige (Brief Gaupersonalamt an Gestapo, 25.2.1941 u.a. Korrespondenz, in ÖStA, Gauakt).

Sein 60. Geburtstag am 21. März 1942 wurde nicht nur mit einer Feier in seiner Klinik, sondern auch in einer Zeitungsmeldung des „Völkischen Beobachters“ gewürdigt. Das mit NS-Deutschland verbündete Rumänien verlieh Denk 1943 aufgrund seiner Verdienste „um die Vertiefung der wissenschaftlichen Beziehungen zwischen der deutschen und der rumänischen Medizin“ das Sanitätsverdienstkreuz I. Klasse sowie das Kulturverdienstkreuz verliehen (Banater Deutsche Zeitung, 8.8.1943 und 24.9.1943).

Nachkriegszeit

Nach Kriegsende gelang es Wolfgang Denk abermals, sich als politisch unbeteiligt zu präsentieren. In einem Fragebogen der Ärztekammer Wien gab Denk gar an, ein Mitglied der Widerstandsbewegung gewesen zu sein (s. Fragebogen (undatiert), in: WSTLA, Personalakt Ärztekammer). Denk wurde als Professor in seinem Amt bestätigt und bereits im Oktober 1945 wählte die 1938 aufgelöste Gesellschaft der Ärzte in Wien Denk zu ihrem neuen Präsidenten – er blieb bis 1968 in dieser Position. 1946 übernahm er außerdem die Präsidentschaft des Obersten Sanitätsrates (bis 1958) und fungierte im Studienjahr 1946/47 als Prodekan der Medizinischen Fakultät.

In den Nachkriegsjahren engagierte sich Denk im Zuge zahlreicher Studienreisen innerhalb Europas, aber auch nach Nordafrika und in die USA um eine Wiederaufnahme und Intensivierung der Kontakte zu ausländischen Fachkollegen. 1946 nahm er als Delegierter Österreichs an der Gründungsversammlung der World Medical Association in London teil. Ab 1950 fungierte er als Vizepräsident der International Association of University Professors and Teachers.

Als Denk im Frühjahr 1948 für das Rektorsamt der Universität Wien vorgeschlagen wurde, veröffentlichte Rudolf Kalmar, Chefredakteur der Zeitung „Neues Österreich“, einen Artikel, der Denks politischen Opportunismus während der NS-Herrschaft offenlegte. Kalmar thematisierte eine im Juli 1939 international verbreitete Stellungnahme von 13 prominenten Medizinern der Universität Wien, die nicht der NSDAP angehörten – darunter Denk –, die versicherten, „daß ihnen […] kein Fall von Verfolgung eines Professors seiner Rasse oder seines religiösen Bekenntnisses wegen bekannt“ sei. Eine Wahl Denks zum Rektor sei vor diesem Hintergrund in Kalmars Augen „unmöglich“ (Neues Österreich, 6.6.1948). Dennoch wurde Wolfgang Denk wenig später zum Rektor der Universität Wien für das Studienjahr 1948/49 gewählt.

Nach seiner Emeritierung 1953 setzte Denk seine Lehre noch ein Jahr als Honorarprofessor fort. 1954 trat Denk mit einer Abschiedsvorlesung als Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik in den Ruhestand.

Denk, der bereits als Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit, der Vorläuferorganisation der Österreichischen Krebshilfe, tätig war, intensivierte nach der Emeritierung 1953 seine Aktivitäten im Bereich der Krebsforschung. Noch im selben Jahr gründete er das Institut für Krebsforschung (heute Teil der Medizinischen Universität Wien), welches er bis 1966 leitete. 1966 – im Alter von 84 Jahren – legte er schließlich seine gesamte ärztliche Tätigkeit nieder.

Bei der Bundespräsidentenwahl 1957 kandidierte Wolfgang Denk als gemeinsamer Kandidat von ÖVP und FPÖ in der Bundespräsidentenwahl, unterlag jedoch mit 48,9 % der Stimmen knapp Adolf Schärf (SPÖ).

In seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte sich Denk vor allem mit der Chirurgie der Thoraxorgane (Speiseröhre, Lunge, Herz), besonders die chirurgische Therapie der Tuberkulose und des Bronchuskarzinoms, sowie mit der Krebsforschung. Er war Mitherausgeber der „Wiener klinischen Wochenschrift“, der „Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie“, der Zeitschrift „Der Krebsarzt“ und des „Archivs für klinische Chirurgie“.

Für seine Verdienste wurde Wolfgang Denk vielfach ausgezeichnet. Neben seinen bereits genannten Funktionen in verschiedenen Fachvereinigungen war er auch Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (1953), der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, der American Association for Thoracic Surgery, der Société Internationale de Chirurgie, der Gesellschaft der Ärzte in Wien (1957) und der Medizinischen Gesellschaft für Oberösterreich und für die Steiermark. Ihm wurde 1952 der Ehrenring der Stadt Wien, 1953 die Billroth-Medaille, 1954 das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1957 das österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst sowie der Ehrenring der Stadt Linz, 1962 das Ehrendoktorat der Universität Graz und 1964 das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.
Die Universität Wien ehrte Wolfgang Denk im April 1958 mit dem Rektorserinnerungszeichen.

Zur Erinnerung an Wolfgang Denk verleiht die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie seit 1977 den „Wolfgang Denk-Preis“ für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der klinischen Onkologie.

Werke (Auswahl)

Über die chirurgische Therapie der Bronchiektasen (in: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 221/3-4), 1929.
(gem. mit Martin Kirschner), Die Chirurgie, Band 5: Die Chirurgie der Brust, 2. Auflage 1941.

Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), 2.10.2.A1: Ärztekammer Wien, Personalakten Ärztinnen und Ärzte, Personalakt Wolfgang Denk.
Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA)/Archiv der Republik, Bundesministerium für Inneres, Gauakt Wolfgang Denk (6801).
Archiv der Universität Wien, Senat S 230.1.2 (Denk Wolfgang, Rektorserinnerungszeichen, 1958).
> Österreichisches Biographisches Lexikon
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> Wikipedia
> Wolfgang-Denk-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.04.2024 - 22:04

  • Wolfgang Denk (1882–1970), Rektor 1948/49

    Das Bild ist Teil der Rektorengalerie. Es entstand im Jahre 1949. früherer Standort: Rektorat, Gang der Universitätsdirektion (1988).

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: Maler: Sergius Pauser Signatur: 105.P.45
    1949

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