Alfred Adler
- Medizin
- Individualpsychologie
- Medizinische Fakultät
Alfred Adler studierte in Wien Medizin und wurde 1895 promoviert. Zunächst interessierte er sich besonders für Augenheilkunde, ließ sich dann aber als praktischer Arzt nieder. Nach der Veröffentlichung der "Traumdeutung" von Sigmund Freud lernte Adler diesen kennen und wurde sein Schüler. Allerdings entwickelte er mit der Zeit eigene Ansätze, was ihn 1911 dazu bewog, sich von Freud zu trennen und eine eigene Schule zu begründen. Diese Lehre wurde zunächst ,,Freie Psychoanalyse", später "Individualpsychologie" genannt. 1915 stellte er mit dieser neuen Lehre ein Habilitationsgesuch, das allerdings vom damaligen Leiter der psychiatrischen Klinik, dem stark naturwissenschaftlich orientierten Wagner von Jauregg, massiv angegriffen wurde.
Die Individualpsychologie beruht darauf, dass jeder Mensch eine absolut einzigartige Persönlichkeit ist und einem individuellen Lebensplan folgt, also zukunftsorientiert lebt. Die Gestaltung dieses Lebensplanes ist von vielen Faktoren abhängig, die allerdings auch krankmachend ("neurotisierend") sein können. Eine Grundlage ist die Annahme, dass eine Minderwertigkeit in einem organischen System ("Organminderwertigkeit") Ursache für die Entwicklung besonderer Fähigkeiten in diesem Bereich sein kann. Dasselbe wird auch für seelische Strukturen angenommen. Wesentliche Bedeutung kommt auch den Einflüssen der Umwelt, in der das Individuum lebt, zu. Das Bedürfnis, in einer Gemeinschaft zu leben, wird als elementar betrachtet. Adler widmet sich daher besonders der Erziehung und ist wesentlich an der Entwicklung der Wiener Reformpädagogik der zwanziger Jahre beteiligt.
Aufgrund seiner sozialistisch orientierten politisch Einstellung ist er bemüht, seine Lehre auch einem praktischen Nutzen zuzuführen, z.B. in der Einrichtung von Erziehungsberatungsstellen ("Elternschulung" wird als "Neurosenprophylaxe" verstanden) und psychoanalytisch orientierten Kindergärten für Arbeiterkinder. Adler ging auch davon aus, dass die Unterdrückung der Frau, besonders in der damals herrschenden Gesellschaftsordnung, zur Zerstörung ihrer Selbstachtung führt und daraus fatale Folgen für die Erziehung der Kinder erwachsen. Er betrachtete die Entfaltung der weiblichen Persönlichkeit als absolut notwendig für die seelische Gesundheit der Frau, wobei diese nicht auf ihre Rolle als "Frau und Mutter" festgelegt werden sollte. Raissa Epstein, die Adler 1897 geheiratet hatte, hatte in Zürich und Wien studiert, konnte aber nicht promoviert werden, da es in Wien noch keine Promotion für Frauen gab. Adler hatte vier Kinder, zwei seiner drei Töchter wurden Akademikerinnen. Er starb auf einer Vortragsreise, noch vor der nationalsozialistischen Machtübernahme 1938.
Werke
Studie über die Minderwertigkeit von Organen, 1907.
Individualpsychologie in der Schule, 1920.
Liebeserziehung und deren Störungen, 1926.
Menschenkenntnis, 1927.
Schwer erziehbare Kinder, 1927.
Zuletzt aktualisiert am 15.02.2024 - 21:51