Friedrich Hecht, o. Univ.-Prof. Dr.

3.8.1903 – 8.3.1980
geb. in Wien, Österreich gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrenzeichen Ehrenz. gold. 1974/75 Philosophische Fakultät

Er wurde auf Anregung des Dekans der Philosophischen Fakultät Prof. Welzig „für seine langjährige vorbildliche Tätigkeit in der Gebäudekommission“ im Herbst 1974 mit dem goldene Ehrenzeichen der Universität Wien ausgezeichnet

Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Friedrich Hechts früher und langer Involvierung in den Nationalsozialismus als „problematisch“ eingestuft. Hecht war ab 1933 und bis 1945 NSDAP-Mitglied, sowie ab 1934 bis 1945 bei der SS, und war im April 1934 am gescheiterten Putschversuch der Nationalsozialisten beteiligt, der mit der Ermordung des Bundeskanzlers endete.

Friedrich Hecht, Chemiker, geb. 1903 in Wien als Sohn des Finanzbeamten Dr. Josef Hecht (1874-1956) und dessen Gattin Hedwig, geb. Gottwald (1878-1924), maturierte 1922, studierte anschließend an der Universität Wien Chemie, arbeitete daneben ab 1925 bereits als Demonstrator mit Stipendium am analytischen Laboratorium und promovierte am 12. Dezember 1928 mit der Dissertation Analytisch-Chemische Studien an Uranpechblenden. Er arbeitete 1929-1931 als wissenschaftliche Hilfskraft, 1931-1935 als a.o. Assistent, 1935-1937 als besoldeter Assistent 3. Klasse und 1937-1939 als besoldeter Assistent 2. Klasse am II. Chemischen Institut (Leitung: Prof. Adolf Franke) in Wien, wo er entscheidend an der Entwicklung der Mikromineralanalyse mitwirkte.

Er trat am 1. Mai 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.621.299), gehörte 1934 der SA (Sturmabteilung) und ab 1. August 1934 der SS-Standarte 89 an (Mitgliedsnummer 382.256) sowie auch dem NS-Lehrerbund, und war nach eigenen Angaben 1934 am gescheiterten nationalsozialistischen Putschversuch beteiligt: „Beteiligung am Juliputsch 1934 im Rahmen der Bereitschaftsmannschafts der SS-Standarte 89 auf der Ringstraße“, der mit der Ermordung von Bundeskanzler Dollfuß endete. Er war gleichzeitig von April 1934 bis März 1938 auch Mitglied der austrofaschistischen Vaterländischen Front. Er wurde kurz nach dem Anschluss als einer von fünf Nominierten für den Fritz-Pregl-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für Arbeiten auf dem Gebiet der Mikrochemie vorgeschlagen, der ihm kurz nach dem Novemberpogrom am 23. November 1938 verliehen wurde und hatte zuvor schon im April 1938 auch die Herausgeberschaft der Zeitschrift Microchimica Acta übernommen, nachdem der bisherige Herausgeber Fritz Feigl aus rassistischen Gründen vertrieben worden war.

Er reichte am 1. April 1938 seine Habilitation für „analytische und anorganische Chemie“ ein. Das Verfahren konnte zunächst trotz höchst positiver Bewertung nicht abgeschlossen werden, da Friedrich Hecht nach den neuen reichsdeutschen Vorschriften erst den „Dr. habil.“ erwerben musste, bevor er zum Dozenten neuer Ordnung ernannt werden konnte. Der NS-Dozentenbund bestätigte im Dezember 1938, Hecht sei im nationalsozialistischen Sinne „politisch einwandfrei, Weiterbestellung wird wärmstens befürwortet“. So konnte er Ende 1940 verbeamtet und bis 1943 als Assistent weiterbestellt werden.

Er war im Frühjahr 1941 von Reichsführer SS Heinrich Himmler zum „tätigen Mitglied“ des „SS-Ahnenerbes“ ernannt worden. Am 19. Juli 1941 wurde er von der Universität Wien zum „Dr. habil.“ promoviert. Am 11. Oktober 1941 erhielt er die Lehrbefugnis für Chemie und wurde zum „Dozenten neuer Ordnung“ ernannt. Ab Herbst 1942 liefen seine Berufungsverhandlungen und 1943 wurde er als außerordentlicher Professor für analytische Chemie und ab 1944 auch als Direktor des Instituts für Mikrochemie und analytische Chemie an die Technische Hochschule Graz berufen, hielt aber auch weiter je eine Lehrveranstaltung in Wien ab.

In der NS-Zeit erhielt er vom Deutschen Forschungsrat Berlin 1943 Forschungs­aufträge bewilligt für „Verhinderung der Gum-Bildung in Kraftstoffen“ und für „Untersuchungen über den Nachweis von geringen Mengen Mangan, sowie Versuche zur Mangangewinnung“ und 1944 für „Untersuchungen zur Ausbildung quantitativer Analysenmethoden zur Bestimmung radioaktiver Minerale“, alle in der „Dringlichkeitsstufe: SS“.

Mit 30. April 1945 wurde er gem. § 14 Verbotsgesetz 1945 (Staatsangestellte, die als „illegale“ Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1938 der Verbrechen des Hochverrats begangen haben, sind zu entlassen) von der Universität entlassen und verlor seine Lehrbefugnis. Er wurde von Juli 1945 bis zur Auflösung im Juli 1947 im Lager Glasenbach Marcus W. Orr der US-Armee für Nationalsozialisten interniert. Zwei Monate nach der Entlassung arbeitete er ab Oktober 1947 als Geochemiker bei der sowjetischen Mineralölverwaltung und suchte im Mai 1950 an der Universität Wien um die Wiederverleihung der venia an und bewarb sich auf die Stelle eines nichtständigen Assistenten am II. Chemischen Laboratorium, obwohl dies mit seinem Status als „registrierungspflichtiger Nationalsozialist“ nicht vereinbar war. Die Mehrheit der Kommission entschied zwar, Hecht „aus rein fachlichen Gründen als unersetzlichen Fachmann“ die venia wieder verleihen zu wollen, doch zumindest mit der Entscheidung noch zuzuwarten und für seine Entregistrierung beim Bundespräsidenten zu intervenieren. Bereits ab Juli lehrte Hecht – ohne venia und mit Sondererlaubnis des Bundeskanzleramtes – trotz politischer Belastung. Im Oktober 1951 begann die Amtszeit des Musikwissenschafters und ehemaligen Nationalsozialisten Erich Schenk als Dekan. Hecht wurde nach Ausbooten eines NS-vertriebenen Chemikers durch ein unannehmbares Angebot sofort als Erstgereihter für die Besetzung einer a.o. Professur vorgeschlagen. Kurz darauf beschloss im Dezember 1950 die Kommission einstimmig die Wiederverleihung der venia legendi, „um seine Abwerbung ins Ausland“ abzuwenden, was „wichtiger als politische Belastung“ sei, wie das Protokoll festhält. Wenige Tage später folgte die gesamte Fakultät mit 42 gegen 2 Stimmen der Entscheidung für die Wiederverleihung und am 31. Juni 1951 stimmt auch das Unterrichtsministerium zu. Ab März 1952 war Hecht wieder a.o. Prof.

Er gehörte auch zu den Proponenten der 1949 gegründeten „Österreichischen Gesellschaft für Weltraumforschung“, wurde 1954 Vizepräsident der „Internationalen Astronautische Föderation (IAF)“ und Chefredakteur der Zeitschrift „Astronautica Acta“. Er war international intensiv vernetzt und als Experte hoch angesehen. Seit 1954 war er mit Paula Nemeček (1910-1992) verheiratet.

Am 23. Februar 1959 zum wurde er zum ordentlichen Professor für analytische Chemie berufen und nach der Reorganisation Vorstand des Analytischen Instituts der Universität Wien (bis 1973/74).

Seine Arbeitsschwerpunkte waren u.a. analytisch-chemische Untersuchungen über Uran und Meteoritenanalyse. Hecht veröffentlichte rund 150 wissenschaftliche Publikationen und unter dem Pseudonym Manfred Langrenus auch utopische Romane, u. a. Reich im Mond. Utopisch-wissenschaftlicher Roman aus naher Zukunft und jahrmillionenferner Vergangenheit (1951) oder Im Banne des Alpha Centauri (1955).

Er war ab 1963 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und wurde im selben Jahr auch Mitglied der New York Academy of Science. Im Mai 1972 wurde er zum wirklichen Mitglied der ÖAW ernannt.

Per September 1973 erfolgte seine Emeritierung und auf Anregung des Dekans Welzig wurde ihm „für seine langjährige vorbildliche Tätigkeit in der Gebäude­kommission“ im Herbst 1974 das goldene Ehrenzeichen der Universität Wien verliehen. Die Österreichische Gesellschaft für Analytische Chemie zeichnete ihn mit der Friedrich-Emich-Plakette aus.

Friedrich Hecht starb am 8. März 1980 in Wien und wurde am Döblinger Friedhof bestattet.
 

Werke (Auswahl)

  • Zur Kritik der Altersbestimmung nach der Bleimethode. Wien 1931.
  • Zur Zählung der von Uran emittierten Alpha-Teilchen. Wien 1935.
  • Anorganische Mikrogewichtsanalyse. Wien 1940.
  • Handbuch der mikrochemischen Methoden in 5 Bänden (hgg. gem. m. M. K. Zacherl). Wien 1955ff.
  • Proceedings of the International Astronautical Congress 5, Innsbruck 1954, Wien 1955
  • Proceedings of the International Astronautical Congress 10, London 1959, Wien 1960
  • Handbuch der mikrochemischen Methoden. Wien 1954
  • Meteorite als Dokumente extraterrestrischer Ereignisse und kosmischer Strahlung. Wien/New York 1966.
  • Chemistry of transplutonium elements. International Atomic Energy Agency, Wien 1966.
  • Grundzüge der Radio- und Reaktorchemie. Frankfurt a. M. 1968.
  • Analyse extraterrestrischen Materials, Wien/New York 1974

Archiv der Universität Wien S 229.3.5, S 265.5.54, PHIL PA 438,
OeStA/AdR UWFuK BMU PA Sign 10 Hecht Friedrich,
OeStA/AVA Unterricht KB NS-FB-Assistenten Uni Wien 1a, 19,
Archiv der ÖAW Personalakt Friedrich Hecht

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 25.07.2023 - 11:16

  • Friedrich Hecht

    Friedrich Hecht

    BestandgeberIn: Österreichische Zentralbibliothek für Physik & Fachbereichsbibliothek Chemie

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