Margret Dietrich, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

19.2.1920 – 17.1.2004
geb. in Lippstadt, Deutschland gest. in Wien, Österreich

Noch vor Abschluss ihres Studiums der Altphilologie, Geschichte, Germanistik und Philosophie an den Universitäten in Münster und Graz zog Margret Dietrich 1943 als Assistentin mit Heinz Kindermann nach Wien, um ihn beim Aufbau des neu gegründeten Institut für Theaterwissenschaft unter seiner Leitung zu unterstützen. Nach ergänzenden Studien im Bereich der Theaterwissenschaft wurde sie 1944 zum Dr. phil. promoviert. In ihrer Dissertation "Über den Wandel der Gebärde im deutschen Theater vom 15. bis zum 17.Jahrhundert" bewertete Dietrich, die der NSDAP als Mitglied angehörte, die Gebärde auch unter eindeutig rassistischen Kriterien ("Die Gebärde als Ausdruck der Rasse") - ähnlich wie ihr Lehrer Kindermann, der seine Forschungen und Lehre stark auf nationalsozialistisches Gedankengut ausrichtete und nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Zuge der Entnazifizierung entlassen wurde.

Als deutsche Staatsbürgerin wurde Margret Dietrich 1945 ebenfalls entlassen. In Münster arbeitete sie an ihrer Habilitationsschrift "Europäische Dramaturgie. Der Wandel ihres Menschenbildes von der Antike bis zur Goethezeit", mit der sie nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft 1952 an der Universität Wien habilitiert wurde. Gemeinsam mit Heinz Kindermann, der 1954 an der Universität Wien wieder als Professor für Theaterwissenschaft eingesetzt wurde, gab sie seit 1949 das "Lexikon der Weltliteratur" heraus. Nach seiner Emeritierung übernahm sie 1966 sein Ordinariat und die Leitung des Instituts für Theaterwissenschaft. Vor allem im Bereich der Gegenwartsdramatik verfasste Margret Dietrich bedeutende Standardwerke ("Europäische Dramaturgie", "Das moderne Drama" und plädierte für einen interdisziplinären Forschungsansatz. Sie wurde 1964 Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und 1973 Leiterin des neu gegründeten Instituts für Publikumsforschung. 1981 gründete sie das "Europäische Forschungszentrum für japanische Theaterkultur". Nach ihrer Emeritierung 1984 leitete sie noch bis 1998 die Kommission für Theatergeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.09.2021 - 16:23

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