Narzissus Herz von Berching, Mag. art., Dr. theol.

–16.10.1442
geb. in Berching, Deutschland

(Narcissus Hercz de Berching (Hertz de Perchingen))

Funktionen

Dekan*in Artistenfakultät 1418/19
Rektor 1423
Dekan*in Artistenfakultät 1423/24
Dekan*in Artistenfakultät 1428
Dekan*in Artistenfakultät 1430/31
Rektor 1431

Der aus Berching in der Oberpfalz stammende Narcissus Herz kam vermutlich aus eher bescheidenen Verhältnissen: Bei seiner Immatrikulation im Wintersemester 1406/07 wurde er als „armer Student“ (pauper) eingeschrieben, dem die Immatrikulationsgebühr erlassen wurde. Anlässlich seiner Promotion zum Bakkalar der artes 1408 dispensierte ihn die Fakultät von der Anschaffung des dafür vorgesehenen Talars. Möglicherweise war seine prekäre finanzielle Situation auch mitverantwortlich dafür, dass er eine vergleichsweise lange Zeit für die Erlangung des Magisteriums benötigte: Erst vier Jahre nach dem Bakkalaureat wurde er 1412 zum Magister der Freien Künste promoviert.

Danach war Herz bis 1430 als Lehrer an der Artistenfakultät tätig; 1426 leitete er die jährliche Disputation de quodlibet. Außerdem übernahm er verschiedene administrative Aufgaben: So wurde er mehrfach zum Prüfer bei Bakkalarsexamen (examinator) und zum Berater des Dekans (consiliarius) bestellt und bekleidete zwischen 1418 und 1431 viermal das Amt des Dekans. 1419 und 1424 war er Thesaurar der Fakultät.

Mehrfach war Herz als Deputierter der Artistenfakultät in Universitätskommissionen tätig. Auffallend ist, dass er hier häufig mit Belangen der studentischen Disziplin befasst war, beispielsweise 1419 und 1421 bei der Untersuchung von Übergriffen von Universitätsangehörigen auf andere Stadtbewohner. Weitere Ausschüsse von 1421 und 1425 befassten sich mit Disziplinarmaßnahmen in den Kodreien.

Herz war nicht nur in der Artistenfakultät, sondern auch in anderen Teilkorporationen sowie der Gesamtuniversität aktiv: Im Wintersemester 1415/16 führte er als Prokurator die Geschäfte der Rheinischen Nation. In den Sommersemesters 1423 und 1431 stand er als Rektor an der Spitze der Universität. Während seiner ersten Amtszeit als Rektor beschloss die Universität die Rangordnung für Prozessionen und andere öffentliche Akte – die Rangordnung der Universitätsangehörigen innerhalb und außerhalb der Universität war ein immer wieder heftig diskutiertes Thema. 1441 wurde er ein drittes Mal zum Rektor gewählt; da er die Wahl jedoch ablehnte, wurde er mit einer Geldstrafe belegt.

Außerdem setzte Herz seine Studien fort: Im Sommersemester 1410 wurde er in die Matrikel der Juridischen Fakultät eingetragen. Als Jurist erlangte er zwar keinen akademischen Grad, seine Ausbildung war jedoch fundiert genug, um als Notar tätig zu sein: 1411 und 1417 wird er als Universitätsnotar, 1412 und 1414 als öffentlicher Notar genannt. 1422 war er Mitglied der Universitätsdeputation, die die Statuten der Juridischen Fakultät prüfte und bestätigte.

Um 1415 muss Narcissus Herz mit dem Studium der Theologie begonnen haben. Im Rahmen seines Bakkalarsstudiums las er 1420 und 1421 als cursor biblicus über Jesus Sirach sowie über den Judasbrief und ebenfalls 1421 als sententiarius über Petrus Lombardus. Die Sentenzen behandelte er nicht nur an der Universität Wien, sondern 1422 bis 1424 sowie 1434 auch im Stift Melk, wo er das dritte Buch der Sentenzen erläuterte. Einen Einblick in die theologische Disputationspraxis an der Universität Wien gibt eine ursprünglich aus Melk stammende Handschrift, die sich heute in der Houghton Library in Harvard befindet. Sie enthält die Thesen und Antworten von um 1426 geführten Disputationen, die von Petrus Reicher von Pirawarth präsidiert wurden. Unter den Respondenten befindet sich auch M[a]g[iste]r Narcissus baccalaurius in theologia formatus. 1430 wurde Herz zum Lizenziaten, 1433 zum Doktor der Theologie promoviert.

An der Theologischen Fakultät übernahm Herz keine administrativen Aufgaben, im Rahmen der Gesamtuniversität agierte er trotz seiner theologischen Graduierung weiterhin als Vertreter der Artistenfakultät. Beispielsweise war er 1429 Mitglied des Universitätsausschusses, der in Vorbereitung auf das Konzil von Basel mit Gesandten der Universität Paris verhandelte. 1431 entsandte ihn die Fakultät als ihren Vertreter zum Konzil. Vom Konzil wurde Herz zweimal in Visitationskommissionen berufen, die 1435 die Universität Wien und 1437 die Klöster im Bistum Passau und den österreichischen Ländern untersuchen sollten.

1430 wurde Herz als Domherr in Wien installiert. 1436 erläuterte er als Vertreter des Domkapitels den Medizinern Johannes Aigel und Heinrich Stöll die Dekretale Cum infirmitas, nach der sich der Arzt zunächst um das Seelenheil und erst dann um das leibliche Wohl seiner Patienten zu kümmern habe.

1442 reiste Herz nach Preßburg (Bratislava), um im Auftrag der Witwe Albrechts II., Elisabeth von Luxemburg, die Ansprüche des polnischen Königs Wladislaw auf den ungarischen Thron zurückzuweisen. Im selben Jahr untersuchte er die alten Stiftbriefe des Wiener Schottenklosters.

Narcissus Herz von Berching starb am 16. Oktober 1442 und wurde neben anderen Theologen im Apostelchor des Stephansdomes begraben. Die Grabtafeln dieser Professorengräber wurden 1459 anlässlich der Ausmalung der Kirche entfernt und nicht wieder angebracht, obwohl die Fakultät ihre Restaurierung beschlossen hatte.

Vor allem aus seiner universitären Tätigkeit sind verschiedene Werke erhalten. Hier sind in erster Line seine Kommentare zu den Sentenzen des Petrus Lombardus zu nennen, die in zahlreichen Handschriften in österreichischen und deutschen Bibliotheken überliefert sind. Auch seine Informatio für das geplante Konzil in Basel ist in mehreren Abschriften in der Österreichischen Nationalbibliothek, der Universitätsbibliothek Graz und den Bibliotheken von Melk und Wilhering erhalten. Cod. 261 der Stiftsbibliothek Seitenstetten enthält seine Auslegungen zu Jesus Sirach.

Neben theologischen Texten finden sich auch einige Werke zu (kirchen)rechtlichen Belangen wie ein Traktat über den Kauf und Verkauf von Renten (quaestio de contractu venditionis et emptionis), eine Stellungnahme der Doktoren des Kirchenrechts für das Basler Konzil sowie ein Gutachten für den Abt von Melk, Stephan von Spannberg.

Archiv der Universität Wien, PH 7, Liber Secundus Actorum Facultatis Artium (1416-1447), fol. 18r, 29v, 40r-v, 53v, 65v, 73v, 81r, 147.

Ulrike Denk

Zuletzt aktualisiert am 29.10.2021 - 14:39