Philipp Furtwängler, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

21.4.1869 – 19.5.1940
geb. in Elze, Deutschland gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Ehrentafel Mathematik 1984 Formal- und Naturwissenschaftliche Fakultät

Furtwängler, der Sohn eines Orgelfabrikanten war,  besuchte das Gymnasium Andreanum in Hildesheim und studierte ab 1889 Mathematik, Physik und Chemie an der Universität Göttingen, wo er 1894 promovierte und die Lehramtsprüfung für die genannten Fächer ablegte. In der Folge war er 1894/95 als Assistent am physikalischen Institut der Technischen Hochschule Darmstadt tätig, und trat daraufhin seinen Dienst als Probekandidat und wissenschaftlicher Hilfslehrer an Gymnasien an.  1896 leistete er Militärdienst im Infanterieregiment 82 in Deutschland.  Von 1898 bis 1904 arbeitete er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Königlich Preußischen Geodätischen Institut in Potsdam  wo er sich auf dem Gebiet der höheren Geodäsie etablieren konnte und wesentliche Grundlagen für die Bestimmung der absoluten Schwerkraft entwickelte.  1904 habilitierte er sich an der landwirtschaftlichen Akademie in Bonn, und war hier bis 1907 als etatmäßiger Professor tätig war. Im gleichen Jahr nahm er eine Professur der Mathematik an der TH in Aachen an, um 1910 wieder an die landwirtschaftliche Akademie zurückzukehren  und zugleich als Dozent an der hiesigen Universität – mit einem Lehrauftrag für „Höhere Geodäsie“ und „Technische Mechanik“ – zu fungieren  

1912 folgte er dem Ruf an die Universität Wien und übernahm als Nachfolger von Franz Josef Mertens  das Ordinariat für Mathematik.  Furtwängler, der sich vordergründig mit Algebra und Zahlentheorie beschäftigte, war primo et unico loco vorgeschlagen worden,  auch aufgrund seiner Verdienste um die Geodäsie.  

Nach knapp 26 Dienstjahren als Ordinarius stellte das Ministerium im Jänner 1938 seine Versetzung in den dauernden Ruhestand mit Ende September in Aussicht,  wogegen Furtwängler selbst keinen möglichen Einwand erhob.  Zugleich ersuchte das Ministerium um den Dreivorschlag zur Wiederbesetzung der ordentlichen Lehrkanzel für Mathematik.  Das Dekret der Verwaltungsstelle der Wiener Hochschulen im Hinblick auf die Auszahlung der Pension datiert übrigens vom 4. März 1938  – vor dem „Anschluß“.

Die These, wonach Furtwänglers Pensionierung in Zusammenhang mit der NS-Machtübernahme im März 1938 steht – er ist in der Dokumentation „Vertriebene Intelligenz“ angeführt –, findet damit keine Bestätigung.  Auch im von Furtwängler ausgefüllten Fragebogen aus dem Mai 1938 finden sich keine Fakten, die für eine Maßregelung durch den Nationalsozialismus sprächen,  wie auch keine „Vorverlegung“ der Pensionierung dokumentiert ist.  

Indes wurde er 1939 in die deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle  aufgenommen. Er verstarb im Mai 1940, wobei es in einer Art Nachruf in „Kürschners deutschem Gelehrtenkalender“ noch heißt, er sei „rein deutscher Abstammung“, „stets völkisch gesinnt und Protestant“ gewesen.  Was die „völkische Gesinnung“ anbelangt, ist der Nachruf natürlich quellenkritisch zu hinterfragen.

Furtwängler war einer der führenden Experten im Bereich der Zahlentheorie,  wobei sein Hauptinteresse dem Beweis der Reziprozitätsgesetze in algebraischen Zahlkörpern und der Existenz des Klassenkörpers galt.  Neben bedeutenden Arbeiten zur Geometrie der Zahlen gelang ihm auch der Beweis des Hauptidealsatzes. Von ihm stammt das Furtwänglersche Kriterium zum großen Fermatschen Satz wie er auch auf dem Gebiet der angewandten Mathematik bedeutende Arbeiten veröffentlichte.

Von ihm stammen auch drei Artikel aus der Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften, und zwar „Algebraische Zahlkörper“, „Mechanik der physikalischen Apparate und Versuchsanordnungen“ und „Kartographie“.  Eines seiner wichtigsten Werke ist der „Beweis des Hauptidealsatzes für den Klassenkörper algebraischer Zahlkörper“ (1929).

Furtwängler war korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften(1931),  wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien,  und während seiner Tätigkeit in Wien Mitglied der Staatsprüfungskommission für Mittelschulen Zudem gehörte er dem Deutschen Mathematikervereins  der deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle (1939)  und dem „Deutschen Schulverein“ an.  1930 erhielt er die Ernst-Abbe-Gedächtnismedaille.

Archiv der Universität Wien, Philosophische Fakultät, Personalakt (PH PA) 1697.
Österreichisches Staatsarchiv/Allgemeines Verwaltungsarchiv, Personalakt (PA) Furtwängler.

Andreas Huber

Zuletzt aktualisiert am 14.02.2024 - 21:21

Druckversion

  • Ehrentafel Mathematisches Institut

    Ehrentafel des Mathematischen Instituts im UZA IV (Wien 9., Althanstraße), übersiedelte 2013 mit der Fakultät für Mathematik nach Wien 9., Oskar-...

    BestandgeberIn: Privatarchiv Herbert Posch, Wien UrheberIn: Herbert Posch
    2013