Egon Ranzi, o. Univ.-Prof. Dr. med.

4.3.1875 – 25.6.1939
geb. in Wien, Österreich gest. in Wien, Österreich

Funktionen

Dekan*in Medizinische Fakultät 1937/38
Senator Medizinische Fakultät 1936/37

Ranzi, Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, besuchte das Schottengymnasium in Wien und studierte anschließend, von 1893 bis 1899, Medizin an der Universität Wien. Bereits 1896 hatte er als Demonstrator an der anatomischen Lehrkanzel unter Carl Toldt seinen Dienst angetreten. Nach seiner Promotion, von 1899 bis 1900, fungierte er als Assistenzarztstellvertreter im Garnisonsspital I und 1900/01 wiederum als Demonstrator am Pathologisch-anatomischen Institut unter Anton Weichselbaum. Als Operationszögling trat er 1901 an die I. chirurgische Klinik unter Anton v. Eiselsberg ein und war hier von 1902 bis 1919 als Assistent tätig. Unterdessen konnte er sich 1909 an der Universität Wien für Chirurgie habilitieren und erhielt 1912 den Titel eines ao. Prof. verliehen. Laut Ranzis Karteikarte im Reichsärzteregister nahm er von 1914 bis 1918 auch am Ersten Weltkrieg teil, wiewohl sich in den biographischen Lexika keine diesbezüglichen Informationen finden.

Von 1919 bis 1924 war Ranzi Primararzt und Vorstand der I. chirurgischen Abteilung an der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien, und wurde 1924 Ordinarius der Chirurgie an der Universität Innsbruck sowie Vorstand der chirurgischen Klinik. In diesem Zeitraum gehörte Ranzi auch dem "Verein deutscher Ärzte in Österreich" an, der seinerseits den "Arier-Paragraphen" exekutierte. Im Studienjahr 1929/30 Dekan in Innsbruck kehrte er 1932 als Nachfolger Eiselsbergs als Ordinarius und Vorstand der I. chirurgischen Klinik an die Universität Wien zurück. Ranzi, der seit 1929 an einer Schrumpfniere litt, erwarb sich in den folgenden Jahren v. a. Verdienste um den Ausbau der Unfallstation und die Einrichtung einer urologischen Station, wie er auch die Einrichtung einer Röntgenstation vorbereitete.

Im autoritären Ständestaat bekleidete er eine Vielzahl maßgeblicher Funktionen: So war er von 1. November 1934 bis zum 12. März 1938 Mitglied des Bundeswirtschaftsrates, als Vertreter der Unselbständigen in der Gruppe F Freie Berufe, wie auch Mitglied des Sozialpolitischen Ausschusses. In der Vaterländischen Front in führender Position tätig war er auch Obmann des Reichsbundes österreichischer Ärzteorganisationen und 2. Vizepräsident des Obersten Sanitätsrates. Im Studienjahr 1936/37 amtierte er als Senator, 1937/38 als Dekan der medizinischen Fakultät, wobei es in diesem Zeitraum laut Enderle-Burcel zu einer Vielzahl an Relegierungen nationalsozialistischer Studierender kam.

Diese Nähe zum Austrofaschismus brachte es auch mit sich, dass er nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich schweren Maßregelungen ausgesetzt war und wenig später im Polizeigefangenenhaus Elisabethpromenade inhaftiert wurde. Burcel zufolge galt er den neuen Machthabern als "Legitimist und ''liberaler'' Katholik". Nach sechs Wochen bzw. nachdem sich Ende April das medizinische Dekanat und das Rektorat der Universität Wien dafür ausgesprochen hatten, erfolgte schließlich seine Entlassung aus der Haft. Nach Burcel war dies auf eine schwere Erkrankung Ranzis zurückzuführen.

An der Universität Wien wurde er indes per 22. April "bis auf weiteres beurlaubt" und per Ende Mai 1938 in den zeitlichen Ruhestand versetzt. Führt man sich vergleichbare Fälle bzw. andere Funktionäre des Ständestaats vor Augen – etwa Leopold Arzt –, ist davon auszugehen, dass gegen Ranzi auch ein Verfahren nach der Berufsbeamtenverordnung in Gang war. Dieses wäre mit besonders strengen Maßregelungen – etwa Kürzung der Pension oder Entlassung – einhergegangen. Dass diese nicht mehr zustande kam, ist wohl auf Ranzis frühen Tod im Juni 1939 zurückzuführen. Im Rahmen der medizinischen Vorlesungen hatten die NS-Machthaber im Übrigen verboten, seines Todes zu gedenken.

Ranzi beschäftigte sich vordergründig mit malignen Tumoren, der Immunitätsforschung, der Neurochirurgie, der Milzchirurgie, der Thoraxchirurgie wie auch der chirurgischen Behandlung der Lungentuberkulose. In Wien und Innsbruck erwarb er sich zudem besondere Verdienste um die Ausgestaltung der chirurgischen Abteilungen.

Er war Mitglied sowie zeitweise erster Sekretär der Gesellschaft für Chirurgie, der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte, des Vereins für Psychiatrie und Neurologie in Wien, der Gesellschaft deutscher Nervenärzte, des medizinischen Doktorenkollegiums in Wien, korrespondierendes Mitglied der Académie de Chirurgie in Paris, Obmann des Vereins für die Förderung des ärztlichen Fortbildungswesens sowie Schriftführer der österreichischen Gesellschaft für Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit.

 

> Österreichisches biographisches Lexikon

Archiv der Universität Wien, Medizinische Fakultät, Personalakt 473 (Sauser).
Archiv der Universität Wien, Rektoratsakten GZ 677-1937/38.
Bundesarchiv Berlin, Reichsärzteregister.
Österreichisches Staatsarchiv/Allgemeines Verwaltungsarchiv, Bestand Unterricht, Personalakt.

Andreas Huber

Zuletzt aktualisiert am 15.04.2022 - 15:57

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  • Professoren der Medizinischen Fakultät, 1935

    Professoren der Medizinischen Fakultät, 1935: Anton von Eiselsberg (1. von links), Hans Pichler (3. von rechts), Otto Marburg (1. von rechts), Egon...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien, Bildarchiv UrheberIn: Elfriede Hanak-Broneder Signatur: 106.I.2114
    1935