Ernst Freiherr von Schwind, o. Univ.-Prof. Dr.

23.3.1865 – 14.7.1932
geb. in Wien, Österreich gest. in Wien, Österreich

Vater von Friedrich Schwind (Rektor 1967/68)

Funktionen

Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1901/02
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1910/11
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1911/12
Rektor Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1919/20
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1921/22

Ernst Moritz Augustin von Schwind, Sohn des Beamten und späteren Staatsrats August(in) Freiherr von Schwind und Neffe des Künstlers Moritz von Schwind, absolvierte das Akademische Gymnasium in Wien und studierte anschließend Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Wien. Auf Anregung Heinrich von Siegels interessierte sich Schwind schon während seines Studiums für Rechtsgeschichte und besuchte 1887–1998 als außerordentlicher Hörer den Kurs des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Nach seiner Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaften arbeitete er in der Finanzprokuratur. Auf Anregung von Siegel und Karl Theodor von Inama-Sternegg habilitierte sich Schwind 1891 mit einer Schrift über die Entstehungsgeschichte der freien Erbleihen im Mittelalter für deutsches Recht. 1894 folgte seine Berufung als außerordentlicher Professor für deutsches Recht und österreichische Rechtsgeschichte an die Universität Innsbruck und 1897 an die Universität Graz, wo er im Folgejahr zum Ordinarius ernannt wurde. 1899 wurde er als Nachfolger Siegels ordentlicher Professor an der Universität Wien, wo er das juridische Seminar leitete.

Zu Schwinds wichtigsten Schriften zählen „Wesen und Inhalt des Pfandrechtes“ (1899), die mit dem Historiker Alfons Dopsch herausgegebene Quellenedition von Dokumenten zur Geschichte der deutsch-österreichischen Erblande (1895) sowie sein in zwei Bänden erschienenes dogmatisches Lehrbuch „Deutsches Privatrecht“ (1919/1921), das verstärkt auch das im Umbruch befindliche österreichische Zivilrecht berücksichtigte. Seine 1926 publizierte Neuedition der Lex Baiuvariorum – einer Aufzeichnung des bayerischen Volksrechts aus dem 6. bis 8. Jahrhundert –  wurde fachlich stark kritisiert, da Schwind eine spätere Überarbeitung als Textgrundlage verwendet hatte. Im Zuge der Erstellung des „Wörterbuch der deutschen Rechtssprache“ sorgte Schwind für die Einbindung österreichischer Quellen.

Ernst (von) Schwind fungierte in den Studienjahren 1902/03, 1912/13 und 1922/23 als Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sowie 1919/20 als Rektor der Universität Wien. Zudem war er in zahlreichen akademischen Kommissionen aktiv und beteiligte sich an den Verhandlungen über die Studienreform („Die Reform der juristischen Studienordnung“, 1913). 1921 wurde er außerdem zum korrespondieren Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt.

In seiner Amtszeit als Rektor war Schwind 1919/20 wesentlich damit beschäftigt, die Notsituation in Folge des Ersten Weltkrieges zu lindern. Unter anderem nutzte er dabei seinen persönlichen Kontakt zu dem argentinischen Gesandten Fernando Pérez, der finanzielle Unterstützung gewährte, und engagierte sich in verschiedenen akademischen bzw. studentischen Wohlfahrtseinrichtungen.

Schwind positionierte sich als vehementer Gegner der Reformpläne des sozialdemokratischen Unterstaatssekretärs für Unterricht Otto Glöckel. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule sowie der Hochschule für Bodenkultur sprach sich Rektor Schwind öffentlich gegen Glöckels „Leitlinien“ aus und lehnte die vor allem die beabsichtigte Verankerung der Lehrerausbildung an den Universitäten ab. Seine Sicht auf die herrschenden Zustände und Reformpläne an den Universitäten veröffentlichte er auch 1925 in der Schrift „Die Wiener Universität und Österreichs Hochschulpolitik“.

Ernst Schwind machte aus seiner deutschnationalen und antisemitischen Einstellung keinen Hehl. Er war Mitglied im Deutschen Klub und unterstützte die gleichgesinnten Studierenden in ihrer Forderung, „Ostjuden“ von der Wahl des neu zu gründenden „Studentenausschusses“ auszuschließen, da die „jüdische[n] Galizianer […] kulturell und bildungsmäßig eine wesentlich tiefer stehende Gruppe“ darstellen würden, würden sie den „deutschen Charakter“ der Hochschule gefährden. Bereits 1907 hatte Ernst von Schwind außerdem erfolgreich gegen die Berufung von Armin Ehrenzweig auf die Professur für Zivilrechts interveniert.
Die Ernennung von Hans Kelsen zum Extraordinarius konnte er 1918 zwar nicht verhindern, doch verband die beiden eine lange währende Feindschaft. 1928 veröffentlichte Schwind mit der Monographie „Grundlagen und Grundfragen des Rechts“ die bis dahin umfangreichste Kampfschrift gegen Kelsen, in der er Kelsens „Reine Rechtslehre“ mit rechtshistorischen Argumenten – jedoch auf rechtstheoretischer Ebene dilettantisch – angriff. Kelsen reagierte darauf mit einer vernichtenden Replik („Rechtsgeschichte gegen Rechtsphilosophie?“, 1928).

Ernst Schwind trat im Frühjahr 1932 als Folge eines Schlaganfalls in krankheitsbedingten Ruhestand und starb wenige Monate später.

Sein Sohn Fritz Schwind wurde ebenso Professor an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sowie Rektor der Universität Wien.

Werke (Auswahl)

Zur Entstehungsgeschichte der freien Erbleihen in den Rheingegenden und in den Gebieten der nördlichen deutschen Colonisation des Mittelalters (Habilitationsschrift), 1891.
​mit. A. Dopsch (Hg.): Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutsch-österreichischen Erblande im Mittelalter, 1895.
Kritik an P. Puntscharts Schuldvertrag und Treuegelöbnis des sächsischen Rechts im Mittelalter, 1896 (Nachdruck 1968).
Wesen und Inhalt des Pfandrechtes, 1899.
Die rechtlichen Formen des Realcredits nach dem bürgerlichen Gesetzbuche für das deutsche Reich, 1902.
Die Reform der juristische Studienordnung, 1913.
Österreich und der Friede, 1917.
Schuld und Haftung im geltenden Recht, 1918.
Gesundes und Krankhaftes in der sozialen Willensbildung (Inaugurationsrede), 1919.
Deutsches Privatrecht (2 Bände), 1919-21.
Die Wiener Universität und die österreichische Hochschulpoliltik, 1925.
Grundlagen und Grundfragen des Rechts, 1928.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.04.2024 - 22:56

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  • Ernst Freiherr von Schwind (1865–1932), Rektor 1919/20

    Das Bild ist Teil der Rektorengalerie. Im Jahr 1927 wird die Universität beim Unterrichstministerium um die Porträtierung der ehemaligen Rektoren...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: Johann Viktor Krämer Signatur: 105.P 264
    1927