Friedrich (Fritz) Machatschek, o. Univ.-Prof. Dr.

22.9.1876 – 25.9.1957
geb. in Wischau | Vyškov, Tschechische Republik gest. in München, Deutschland

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrensenator*in sen.h.c. 1940/41 (aufgehoben 1945) Philosophische Fakultät

Fritz Machatschek wurde am 17. Jänner 1941 zum Ehrensenator der Universität Wien ernannt "als Anerkennung dafür, daß er durch seine geomorphologischen Untersuchungen die physisch-geographische Forschung in verschiedenen Gebirgen der Erde befruchtet, länderkundliche Darstellungen von mannigfachen Gebieten der Alten und der Neuen Welt geschaffen und als anregender Lehrer an verschiedenen Hochschulen des In- und Auslandes gewirkt hat, und in Würdigung der Tatsache, daß er stets für die Interessen der nationalgesinnten Studentenschaft eintrat und sich niemals scheute, seine Gesinnung zu bekennen." (Wortlaut Diplom).

Diese Ehrung wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Sitzung das Akademischen Senats vom 19. Mai 1945 aus dem formalen Grund aufgehoben, da „die österreichischen Bestimmungen die Ernennung von Ehrensenatoren nicht vorgesehen haben“.

Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Fritz Machatscheks Involvierung in den Nationalsozialismus als „problematisch“ eingestuft. Er war ab 1931 am Aufbau der NS-nahen „Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft“ (SODFG) in Wien und ab 1936 des „Südost-Instituts“ in München beteiligt bzw. leitete sie. Ein zentrales Ziel bestand in den wissenschaftlichen Vorarbeiten für die „Umvolkung“ Europas, und sie hatten auch Anteil an der nationalsozialistischen „Volkstums- und Vernichtungspolitik“. Machatschek baute diese Institutionen zu zentralen Einrichtungen der „Kämpfenden Wissenschaft“ im Sinne nationalsozialistischer Expansionspolitik aus und stellte sie im Kriegsverlauf auch zunehmend in den Dienst der nationalsozialistischen Gegnerforschung. Im Austrofaschismus wurde er 1934 als begeisterter Nationalsozialist von der Universität Wien entlassen, im Nationalsozialismus wurde er als Märtyrer der nationalsozialistischen Bewegung zum Ehrensenator der Universität Wien ernannt (1945 aberkannt).

Fritz Machatschek, geboren 1876, studierte an der Universität Wien Geographie und Geologie und promovierte 1900 zum Dr. phil. (über Klimatologie und Glazialmorphologie), war anschließend bis 1915 Gymnasiallehrer für Geographie in Brünn und Wien und arbeitete daneben weiter wissenschaftlich. 1906 habilitierte er sich an der Universität Wien mit einer morphologischen Arbeit über den Schweizer Jura und unternahm 1911 und 1914 Forschungsreisen nach Turkestan (Tian Shan). 1915 wurde er nach kurzer Militärdienstzeit als Nachfolger von Alfred Grund ordentlicher Professor für Geographie an der deutschen Karls-Universität Prag (Österreich-Ungarn [Tschechische Republik]), erhielt 1923 die silberne Carl-Ritter-Medaille der Gesellschaft für Erdkunde und wurde 1924 als Nachfolger von Jakob Früh o. Professor für Geographie an der ETH Zürich (Schweiz).

1928 wurde er an die Universität Wien berufen, 1929 wurde er wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und ab 1931 war er neben Hans Hirsch und Hugo Hassinger als Vorstandsmitglied am Aufbau der „Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft“ (SODFG) in Wien beteiligt, deren zentrales Ziel in wissenschaftlichen Vorarbeiten für die „Umvolkung“ Europas bestand und die auch Anteil hatte an der nationalsozialistischen „Volkstums- und Vernichtungspolitik“. Er war Mitglied der Burschenschaft Markomannia Wien und wurde 1933 in NS-Deutschland zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Seine großdeutsche, antidemokratische und antisemitische Haltung war all diesen Karriereschritten eher förderlich als hinderlich.

Im Austrofaschismus wurde er für seine Begeisterung und sein Engagement für den Nationalsozialismus sowie für die „Heim ins Reich“ Bewegung, die den Anschluss Österreichs und des Sudentenlandes an das Deutsche Reich forderte, nach der Ermordung Dollfuß‘ 1934 entlassen bzw. 58-jährig „in den frühzeitigen Ruhestand versetzt“ und umgehend ins Deutsche Reich berufen. Dort übernahm er ab 1935 das Ordinariat für Geographie an der Ludwigs-Maximilian-Universität in München und baute ab 1936 als Leiter das dortige Südost-Institut zu einer zentralen Einrichtung der „Kämpfenden Wissenschaft“ (Haar) aus, das er im Kriegsverlauf auch zunehmend in den Dienst der nationalsozialistischen Gegnerforschung stellte. Er engagierte sich auch stark in der „Deutschen Akademie“ München und war ab 1938 auch ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (bis 1946).

Ehrung 1941

Fritz Machatschek wurde am 17. Jänner 1941 für seine wissenschaftlichen Leistungen und als Märtyrer der illegalen nationalsozialistischen Bewegung  in Zeiten des Austrofaschismus als Wiedergutmachung mit der im Nationalsozialismus neu geschaffenen Würde "Ehrensenator" ausgezeichnet "als Anerkennung dafür, daß er durch seine geomorphologischen Untersuchungen die physisch-geographische Forschung in verschiedenen Gebirgen der Erde befruchtet, länderkundliche Darstellungen von mannigfachen Gebieten der Alten und der Neuen Welt geschaffen und als anregender Lehrer an verschiedenen Hochschulen des In- und Auslandes gewirkt hat, und in Würdigung der Tatsache, daß er stets für die Interessen der nationalgesinnten Studentenschaft eintrat und sich niemals scheute, seine Gesinnung zu bekennen." (Wortlaut Diplom).

Diese Ehrung wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Akademischen Senat am 19. Mai 1945 nicht aus inhaltlichen, sondern aus rein formalen Gründen umgehend aufgehoben. Das zuständige Staatsamt stimmte zu. Der Beschluss wurde nie veröffentlicht, Fritz Machatschek darüber explizit nicht informiert und auch das Ehrendiplom wurde von ihm nicht, wie sonst üblich, zurückgefordert.

Er wurde in München erst 1946 entlassen und war dann von 1949-1951 Vertrags-Professor am Geographieinstitut der Universidad Nacional de Tucumán (Argentinien), wo auch einige andere belastete Nationalsozialisten unterrichteten

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Machatschek in München. Im Jahr 1956 erhielt er die Franz-von-Hauer-Medaille der Österreichischen Geographischen Gesellschaft, 1957 wurde ihm eine Festschrift zum 80. Geburtstag gewidmet und posthum trägt seit 1960 der Mount Machatschek in der Antarktis seinen Namen.

Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte waren breit gefächert, von geomorphologischen Arbeiten über den Schweizer Jura, die Salzburger Alpen, die Südabdachung des Erzgebirges und über den Tienschan bis zu Gesamtdarstellungen der Gletscherkunde und der Geomorphologie bis zu umfangreichen Länderkunden (Alpen, Mitteleuropa, Nordamerika, Ostasien etc.).

Werke (Auswahl)

  • Der Schweizer Jura. Versuch einer geomorphologischen Monographie, Gotha 1905
  • Das westliche Tienschan. Ergebnisse einer geographischen Studienreise, Gotha 1912
  • Gletscherkunde, Leipzig 1902, 2. Auflage 1917
  • Geomorphologie, Leipzig 1919, 9. Auflage 1968
  • Physiogeographie des Süßwassers, Leipzig 1919
  • Die Alpen, Leipzig 1908, 3. Auflage 1929
  • Landeskunde von Russisch-Turkestan, Stuttgart 1921
  • Morphologische Untersuchungen in den Salzburger Kalkalpen, Berlin 1922
  • Länderkunde von Mitteleuropa, Leipzig 1925
  • Landeskunde der Sudeten- und Westkarpatenländer, Stuttgart 1927
  • Allgemeine Länderkunde von Nordamerika, Hannover 1928
  • Die Tschechoslowakei, Weltpolitische Bücherei 8, Berlin 1928
  • Europa als Ganzes, Wien 1929
  • Das Relief der Erde. Versuch einer regionalen Morphologie der Erdoberfläche, 2 Bände, Berlin 1938, 1940, 2. Auflage 1955

Aber auch Artikel wie:

  • Das deutsche Sudetenland - Ein Teil des deutschen Reiches. In: Petermanns Geographische Mitteilungen 11,11, (1938), 321-324
  • Österreich - ein Land des Deutschen Reiches. In: Geographische Zeitschrift, 44 (1938), 121-126

Archiv der Universität Wien, Rektorat GZ 1132 ex 1937/38, GZ 464 ex 1944/45

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 26.02.2024 - 22:06

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