Hildegard Hickmann

20.9.1917
geb. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal „Vertriebene Historiker*innen“ 2022 Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät

Hildegard HICKMANN, geb. am 20. September 1917 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Generalmajor Ing. Emil Hickmann (1884–1968) und Nevis Mathilde Hickmann, geb. Fischer (1888–1971), wohnte in Wien 7, Lerchenfelderstraße 15. Sie war im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 5. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Geschichte und Romanistik. Sie stammte aus einer christlich-sozialen Offiziers-Familie – ihr Vater war im Austrofaschismus 1935 zum Generalmajor ernannt worden und Vorstand der Personalabteilung (Sektion II), ab Oktober 1937 Vorstand der Abteilung Schwere Waffen im Kriegstechnischen Amt (Sektion II) des Bundesministeriums für Landesverteidigung und wurde nach dem "Anschluss" im November 1938 pensioniert und wechselte in die Industrie.

Hildegard Hickmann konnte nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus anfangs bis zum 1. Trimester 1940 ungestört weiterstudieren, doch wurde sie aus "politischen" Gründen 1940 für das Weiterstudium und alle Prüfungen gesperrt und 1942 endgültig von der Universität verwiesen. Sie hatte im Februar 1940 am Historischen Seminar gegenüber dem Lehramtskandidaten Dr. Otto Schott (NS-Fachschaftsleiter der Historiker an der Philosophischen Fakultät) einige kritische Äußerungen über Nationalsozialisten gemacht:

"Viele Nationalsozialisten stolzieren hier im Hinterland mit ihren Uniformen herum, während mein Vater und mein Bruder ihr Leben für eine Idee einsetzen müssen, die sie hassen",

"Sie werden ja in politischer Hinsicht noch ihre Wunder erleben" und

"Warum macht man denn keine Wahlen? Übrigens, die Offiziere imponieren mir, die bei der Abstimmung im Jahre 1938 ihr Nein auf den Zettel geschrieben haben".

Schott zeigte sie daraufhin beim Studentenwerk und beim Rektorat an und es begann ein Disziplinarverfahren, das sich über mehr als zwei Jahre hinzog, u. a. da ein erstes Verfahren nach dem Runderlass des Reicherziehungsministeriums Berlin vom 10. Jänner 1940, WA 401/39g RV, von diesem zurückgewiesen und in das reguläre Disziplinarverfahren verwiesen wurde.
Letztlich beschloss der Rechtspflegeausschuss der Universität Wien (bestehend aus NS-Dozentenbundführer Prof. Arthur Marchet (1892–1980), der als Prorektor in Vertretung des Rektors den Vorsitz führte, stv. NS-Dozentenbundführer Prof. Alexander Pichler (1906–1961) und NS-Studentenbundführer Friedrich Kornauth) am 27. Februar 1942 erneut, Hildegard Hickmann wegen der abfälligen Äußerungen von 1940 schuldig zu sprechen und als Strafe die Entfernung von der Hochschule zu verhängen, da sie "durch ihre abfällige Kritik am Nationalsozialismus im Rahmen einer nationalsozialistischen Lehranstalt das Ansehen der deutschen Studentenschaft geschädigt" habe (gem. Stück 4d der Strafordnung für Studenten, Hörer und studentische Vereinigungen an den deutschen Hochschulen).

Hildegard Hickmann – sie hatte ihr Studium mittlerweile abgeschlossen und ihre Dissertation über den kaiserlichen Feldmarschall Friedrich Amos Graf Veterani (1630–1695) vorangetrieben und arbeitete damals als "physikalische Schwester im Lainzer Spital" – musste die Universität 1942 ohne Möglichkeit noch einen Studienabschluss erreichen zu können verlassen.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus dürfte sich Hildegard Hickmann wieder an die Universität Wien gewandt haben mit einer Anfrage, ob ihre Verweisung von der Universität Nach wie vor aufrecht sei. Ihr Schreiben ist nicht überliefert aber das Rektorat stellte gegenüber dem Dekanat der philosophischen Fakultät fest, dass gem. StGBl. 75 aus 1945 alle Anordnungen, die von den Behörden des Deutschen Reiches getroffen worden waren, für den Bereich der Republik Österreich mit 28. Mai 1945 außer Kraft getreten sind, somit auch die ihrer Verweisung zugrunde gelegte Verordnung und einer Fortsetzung des Studiums an der Universität Wien stehe nichts entgegen.

Eine Inskription oder Promotion nach 1949 konnte aber bislang nicht festgestellt werden und auch über das weitere Leben von Hildegard Hickmann ist bislang wenig bekannt.

Ehrung

Seit 2009 wird an sie im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" erinnert (online).

Seit 2022 findet sich ihr Name auch auf dem "Wenn Namen leuchten | Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien", im ersten Stock des Hauptgebäudes der Universität.

 

Archiv der Universität Wien / Nationale PHIL 1935–1940, Rektorat GZ 817 ex 1941/42 (=S.185.1175), GZ 939 ex 1948/49, PHIL GZ 24 ex 1941/42 ONr. 4, Universitätssekretariat GZ US 72 ex 1942/43 ONr. 6; DÖW 6813

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 22.01.2024 - 23:09

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