Johannes Messner, ao. Univ.-Prof. DDr.
Ehrungen
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
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Ehrendoktorat | Dr. theol. h.c. | 1956/57 | Katholisch-Theologische Fakultät |
- Katholische Theologie
- Moralphilosophie
- Christliche Gesellschaftslehre
- Katholisch-Theologische Fakultät
Messner, Sohn eines Bergmanns, besuchte das humanistische Gymnasium "Vinzentinum" in Brixen und studierte anschließend von 1910 bis 1914 an der katholisch-theologischen Hochschule in Brixen, wo im Juni 1914 seine Weihe zum Priester stattfand. Er war über mehrere Jahre hinweg in der Seelsorge sowie als Kooperator in Uderns, Imst, Reutte und Innsbruck tätig.
Hatte sich Messner bereits in seiner Studienzeit sozialen Fragen gewidmet, verfasste er nach Ende des Ersten Weltkrieges einige Artikel zu dieser Thematik im "Allgemeinen Tiroler Anzeiger". Nach der 1919 durch den Bischof erfolgten Freistellung studierte er Rechtswissenschaften in Innsbruck (Promotion 1922) sowie Nationalökonomie in München (Promotion 1924), wobei er Vorlesungen von u. a. Adolf Weber, Otto von Zwiedineck-Südenhorst und Max Scheler besuchte. Eine durchaus prestigeträchtige Aufgabe ereilte Messner, als ihn der damals für Tirol und Vorarlberg zuständige Bischof Sigismund Waitz damit beauftragte, den Entwurf eines sozialen Hirtenschreibens zu verfassen. Das 1925/6 verfasste Dokument lautete auf den Titel "Lehren und Weisungen der österreichischen Bischöfe über soziale Fragen der Gegenwart". Im gleichen Jahr übernahm er auch den Posten als 2. Vorsitzender der wirtschaftswissenschaftlichen Sektion der Görres-Gesellschaft. Indes war Messner von 1925 bis 1933 Chefredakteur und Mitherausgeber der Wochenschrift "Das Neue Reich", wobei er sich nach der Zusammenlegung dieses Mediums mit Joseph Eberles "Schönere Zukunft" auf seine wissenschaftlichen Arbeiten konzentrierte.
1927 habilitierte sich Messner mit der Arbeit "Sozialökonomik und Sozialethik. Studie zur Grundlegung einer systematischen Wirtschaftsethik" an der theologischen Fakultät der Universität Salzburg für Gesellschaftslehre. Zwei Jahre später, im Dezember 1929, beantragte das Dekanat die Übertragung seiner venia an die Universität Wien, wo er von nun tätig war und 1935 zum Extraordinarius für Ethik und Sozialwissenschaften ernannt wurde. Im autoritären Ständestaat galt er ebenso wie Johannes Hollnsteiner als "Vordenker und Ratgeber der politischen Elite". So beauftragte ihn etwa Engelbert Dollfuß, die päpstliche Enzyklika "Quadragesimo anno" entsprechend der berufsständischen Idee zu interpretieren. Gleichwohl hatte gerade auch Messner Einfluss auf ebendiese Enzyklika ausgeübt. Nach der Ermordung des austrofaschistischen Bundeskanzlers verfasste er diesem zu Ehren das Buch "Dollfuß" (1934), dessen Semantik sich nicht allzusehr vom Führerkult in NS-Deutschland unterschied und das auch als positive Würdigung des Ständestaates zu verstehen ist. Messer stand aber auch in engem Kontakt zu Dollfuß' Nachfolger Kurt Schuschnigg, auf dessen Wunsch er die "Monatsschrift für Kultur und Politik" betreute. Von Oktober 1932 bis 1935 war er Mitherausgeber und von 1936 bis 1938 Herausgeber und Chefredakteur des Blattes.
Nichtsdestotrotz fanden sich bei Messner auch Anknüpfungspunkte zum Nationalsozialismus: Er konnte der NS-Wirtschaftsordnung einiges abgewinnen und war überzeugter Antisemit. So wandte er sich gegen den "nachteiligen Einfluß des Judentums und der jüdischen Religion" und plädierte für eine strenge Kontrolle der jüdischen Einwanderung aus dem Osten. Marxismus und Liberalismus waren für ihn "zersetzende[n] Mächte". Nach Vetter bewog ihn aber der gewünschte Fortbestand und die Sicherung kirchlicher Tätigkeiten dazu, eine Kooperation mit dem Regime anzustreben. Dass das NS-Regime an einer derartigen Zusammenarbeit nicht interessiert war, zeigte sich unmittelbar nach dem "Anschluss". Der Beurlaubung durch das Unterrichtsministerium per 22. April 1938 folgte im Mai die Versetzung in den Ruhestand. Die Gauleitung Wien beschuldigte ihn v. a. der Beziehungen zu Schuschnigg sowie zum Salzburger Erzbischof Waitz und bezeichnete ihn als "eine[n] der einflussreichsten [sic!] Männer der Systemzeit, [einen] Gegner des Nationalsozialismus und eine[n] der eifrigsten Vorkämpfer für die Selbständigkeit Österreichs". Als ein wesentlicher Akteur des Ständestaates habe er außerdem "de[n] geplante[n] berufständische[n] [sic!] Aufbau in einen liberal kapitalistischen" verantwortet. Arthur Marchet, Dozentenbundführer an der Universität Wien, charakterisierte ihn als "eine[n] der bedeutendsten Leibtheologen, vor allem auf sozialpolitischem Gebiete" Schuschniggs, wobei Messners "Zeitschrift für Politik und Kultur" dem Bundeskanzler als "geistige Plattform und Resonanz" gedient habe. Ein weiterer Vorwurf lautete, "als Priester gegen den Nationalsozialismus gepredigt" zu haben. Im Übrigen war Messner auch Mitglied der Leo-Gesellschaft und der katholischen Akademiker-Gemeinschaft wie auch Vorsitzender der internationalen Konferenz für berufsständische Ordnung gewesen.
Angesichts dieser Beurteilungen folgte im März 1939 mit dem Entzug des Ruhegenusses auf Basis von § 4 der Berufsbeamtenverordnung – der Paragraph kam bei politischen bzw. weltanschaulichen Gründen zum Tragen – die nächste Maßregelung. Einem Schreiben Otto Wächters, Staatskommissar beim Reichsstatthalter, an die Gauleitung Wien vom 14. Juli 1939 ist außerdem zu entnehmen, dass Messner gemäß § 4 auch entlassen wurde. Im Bestand "Berufsbeamtenverordnung" im Österreichischen Staatsarchiv findet sich allerdings kein Dokument, das den Inhalt dieses Schriftstücks bestätigt. Messner befand sich zu diesem Zeitpunkt aber bereits im Ausland. Vorerst nach Schwaz in Tirol verzogen (laut Ortsgruppenleitung) flüchtete er noch 1938 über die Schweiz nach England, wobei er im von Kardinal Newman gegründeten Oratorium in Birmingham Aufnahme fand. Hier begann er auch die Arbeiten zu seinem wohl wichtigsten Werk, "Das Naturrecht". Der England-Aufenthalt bzw. die Beschäftigung mit der angelsächsischen Kultur- und Geisteswelt wirkte sich auch auf das Werk Messners aus. Seine berufsständischen Gesellschaftskonzepte vertrat er nun in veränderter Art und Weise.
Eine Rückkehr an die Universität Wien ließ aber auf sich warten, und so übernahm vorerst Prälat Hilgenreiner aus Prag als Gastprofessor die Vorlesungen aus Ethik und christlicher Sozialwissenschaft. Messner verkündete im Juli 1946, aufgrund der Arbeiten an "Das Naturrecht" zumindest noch für ein Jahr in England zu bleiben. Anfang 1949 standen seine literarischen Pläne noch immer einer Rückkehr entgegen, wobei er aus diesem Grund auch einen Lehrstuhl für christliche Sozialwissenschaften an der Universität Münster ausschlug. Einer Gastprofessur zeigte sich Messner aber nicht abgeneigt. Jedenfalls nahm er im Wintersemester 1949/50 seine Vorlesungen an der katholisch-theologischen Fakultät wieder auf, womit auch seine Wiederaufnahme in den Dienststand der Universität Wien erfolgte. Während sich Messner anlässlich einer Gastprofessur in Münster aufhielt, ernannte ihn der Bundespräsident im Juni 1950 (rückwirkend mit 1. Oktober 1949) zum ao. Prof. für Ethik und Soziologie. Im gleichen Jahr erschien "Das Naturrecht", womit Messner eine äußerst umfangreiche Darstellung zu sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens bewerkstelligte. 1950 beantragte die Fakultät auch seine Ernennung zum Ordinarius, nachdem er u. a. eine ordentliche Lehrkanzel für Soziologie an der Universität Münster abgelehnt hatte. Messner selbst zeigte sich Anfang 1951 allerdings abgeneigt, da er aufgrund des auszuübenden Dekanats zumindest für ein Jahr verhindert gewesen sei bzw. nicht nach England reisen hätte können. So ließ er sich bis 1964 jeweils im Sommersemester beurlauben, um für sechs Monate Studien in Birmingham unternehmen zu können. 1956 erhielt er den Titel eines o. Prof., absolvierte 1961/62 das Ehrenjahr und lehrte auch noch im Wintersemester 1963/64, als die ao. Lehrkanzel noch nicht besetzt war.
Messner war päpstlicher Hausprälat (1953), Ehrendoktor der Universitäten Wien (Dr. theol. h.c. am 5. Dezember 1956), Freiburg i. Br. (1957), Louvain und Innsbruck und korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (1961) Außerdem erhielt er 1973 den Ehrenring der Stadt Wien, das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (1961), den Großen Kardinal-Innitzer Preis und den Leopold-Kunschak-Preis. 1981 wurde ihm das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik verliehen. Am 31. Oktober 2002 wurde der Seligsprechungsprozess für Johannes Messner durch den Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, eröffnet.
Zu seinen bekanntesten Werken zählen neben dem "Naturrecht" u. a. "Soziale Frage und soziale Ordnung" (1928), "Dollfuß" (1934), "Die berufsständische Ordnung" (1936), "Das Naturrecht" (1950), "Kulturethik" (1954), "Ethik" (1955) und "Das Gemeinwohl" (1962).
Archiv der Universität Wien, Rektoratsakten, GZ 677-1937/38.
Archiv der Universität Wien, Katholisch-Theologische Fakultät, Personalakt 45.
Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik, Bundeskanzleramt, Bestand „Berufsbeamtenverordnung“ (BBV).
Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik, Bestand Unterricht, Personalakt Messner.
Österreichisches Staatsarchiv/Allgemeines Verwaltungsarchiv, Bestand Unterricht, Personalakt Messner.
Zuletzt aktualisiert am 19.01.2023 - 09:47