Nichifor Crainic, o. Univ.-Prof. Dr.

22.12.1899 – 20.8.1972
geb. in Bulbucata, Rumänien gest. in Mogoșoaia, Rumänien

Schriftsteller, Theologe

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrendoktorat Dr. theol. h.c. 1940/41 Evangelisch-Theologische Fakultät

Nichifor Crainic wurde am 5. November 1940 zum Ehrendoktor der Evangelisch-Theolofgischen Fakultät ernannt, da der „um das Deutschtum in Rumänien verdiente o. Prof. der Theologie in Bukarest … als hervorragender Kenner des deutschen Geisteslebens und grosser Freund des deutschen Volkes“ galt (Begründung laut Rektoratsbericht 1939/40). Die ursprünglich für Juli 1940 geplante Ehrenpromotion wurde aufgrund von Cranics Berufung in das rumänische Kabinett auf November 1940 verschoben.
Nach Ende des Nationalsozialismus wird in der 3. Senats-Sitzung des Studienjahrs 1945/46 am 19. Dezember 1945 die Entziehung der Ehrendoktorate aus der NS-Zeit diskutiert, wobei der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät Prof. Entz betreffend Nichifor Crainic der Ansicht, dass das ihm verliehene Ehrendoktorat sowohl aus wissenschaftlichen als auch politischen Gründen erhalten bleiben könne. Doch wird mit Rücksicht auf die ungeklärten politischen Verhältnisse der Beschluss gefasst, die Frage der Entziehung von Ehrendoktoraten der NS-Zeit generell in sämtlichen Fällen zurückzustellen.

Die Ehrung wird 2022/23 wegen Nichifor Crainics Beteiligung am diktatorischen Regime des Königreiches Rumänien (1940–1944) als „problematisch“ eingestuft. 1940 wurde er Mitglied der Rumänischen Akademie sowie Regierungsmitglied im faschistischen Regime des „Conducătors“ Ion Antonescu (1882–1946). 1940 fungierte er als Propagandaminister, 1941 als Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Religion. Er vertrat einen nationalistischen Traditionalismus, wandte sich gegen die Moderne, gegen westliche Kultur, gegen Demokratie und gegen jede Art von Intellektualismus. Er stellte dem ein Konzept eines nationalistisch-christlich-rumänischen Volksgeistes gegenüber, der Demokratie, wissenschaftlichen Rationalismus und Logik durch eine mystische „Wahrheit des Gefühls“ überwinden würde. Im Nationalsozialismus wurde Crainic als „grosser Freund des deutschen Volkes“ geehrt für seine Verdienste um das „Deutschtum in Rumänien“.

Der Bauernsohn Nichifor Crainic hieß mit bürgerlichem Namen Ion Dobre und war ein antisemitischer, nationalistischer, traditionalistischer rumänischer Dichter und Essayist. Er studierte 1904-1912 am Theologischen Seminar und 1912-1916 an der Theologischen Fakultät in Bukarest. Für weiterbildende Studien kam er anschließend nach Wien, wo er auch 1920-1922 auch Philosophie und Theologie studierte. 1926-1944 war er Direktor der Gândirea (das Denken), einer der größten Zeitschriften Rumäniens der Zwischenkriegszeit und wurde 1926 zum Professor für moderne religiöse Literatur in Chișinău ernannt, 1932 zum Ordinarius für Geschichte der Kirchenliteratur und moderner christlicher Literatur der Theologischen Fakultät Bukarest und arbeitete als Generalsekretär am Ministerium für Kultus und Kunst (1926), als Parlamentsabgeordneter (1927).

1930 wird er mit dem Nationalen Literaturpreis ausgezeichnet. 1940 wird er Mitglied der Rumänischen Akademie und auch Regierungsmitglied im faschistischen Regime des „Conducătors“ Ion Antonescu (1882–1946) – 1940 als Propagandaminister, 1941 als Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Religion. Eng verbunden mit dem „Dritten Reich“ wird er im Nationalsozialismus aus außenpolitischen und wissenschaftspolitischen Gründen und auf Anregung der deutschen Gesandtschaft in Bukarest (Bucureşti) von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien zum Ehrendoktor ernannt, da der „um das Deutschtum in Rumänien verdiente o. Prof. der Theologie in Bukarest … als hervorragender Kenner des deutschen Geisteslebens und grosser Freund des deutschen Volkes“ galt. Über den Kontext der damals drohenden Schließung der Evangelisch-Theologischen Fakultät bei dieser Ehrendoktoratsverleihung und der Rolle der Universität in der deutschnationalen „Ost-Forschung“ zuletzt ausführlich bei Schwarz 2020.

Nach Ende des Nationalsozialismus wird an der Universität Wien am 19. Dezember 1945 die Entziehung der Ehrendoktorate aus der NS-Zeit diskutiert, wobei der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät Prof. Entz (1884–1957) betreffend Nichifor Crainic der Ansicht war, dass das ihm verliehene Ehrendoktorat sowohl aus wissenschaftlichen als auch politischen Gründen erhalten bleiben könne. Doch wird mit Rücksicht auf die ungeklärten politischen Verhältnisse der Beschluss gefasst, die Frage der Entziehung von Ehrendoktoraten der NS-Zeit in sämtlichen Fällen zurückzustellen und keines davon aufzuheben.

In Rumänien kommt Nichifor Crainic nach dem politischen Machtwechsel im kommunistischen Regime 1947 für 15 Jahre in Haft. Nach seiner Freilassung 1962 arbeitet er bis 1969 als Redakteur bei der vom rumänischen Innenministerium unterhaltenen Zeitschrift Glasul Patriei, die ausschließlich für das rumänische Exil schreibt, und deren Mitarbeiter*innen aus ehemaligen politischen Gefangenen oder Intellektuellen bestehen, die in der rumänischen Presse Schreibverbot haben.

Nichifor Crainic vertrat einen nationalistischen Traditionalismus, wandte sich gegen die Moderne, gegen westliche Kultur, gegen Demokratie und gegen jede Art von Intellektualismus. Er stellt dem ein Konzept eines nationalistisch-christlich-rumänischen Volksgeistes gegenüber, der Demokratie, wissenschaftlichen Rationalismus und Logik durch eine mystische „Wahrheit des Gefühls“ überwinden würde.

Er starb 1972 in Bukarest.

UAW RA GZ 863 ex 1937/38, RA GZ 809 ex 1938/39, RA GZ 4 ex 1939/40, RA GZ 464 ex 1944/45

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 24.08.2023 - 17:16

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