Paulus Weidner von Billerburg, Mag. art., Dr. med.

1525 – 28.8.1585
geb. in Udine, Italien gest. in Wien, Österreich

geb. um 1522/25

Funktionen

Dekan*in Medizinische Fakultät 1560/61
Dekan*in Medizinische Fakultät 1571/72
Rektor 1572/73
Dekan*in Medizinische Fakultät 1573
Dekan*in Medizinische Fakultät 1578
Rektor 1578/79
Dekan*in Medizinische Fakultät 1579
Rektor 1582/83
Dekan*in Medizinische Fakultät 1583

Paulus Weidner wurde um 1522/25 als Ascher (Jehuda?) ben Nathan Ascanasi (Aschkenasi) in Udine geboren. Sein Medizinstudium absolvierte er vermutlich an der Universität Padua. Auch sein Bruder Salomo ben Nathan Aschkenasi (um 1520 – 1602/05) studierte Medizin und war später Leibarzt des polnischen Königs Sigismund August sowie ab 1564 Arzt und Diplomat in osmanischen Diensten.

Paulus Weidner war nach seinem Studium sechs Jahre als Arzt der Kärntner Landstände tätig – besonders bemerkenswert, da es Juden seit dem 15. Jahrhundert verboten war, sich in Kärnten anzusiedeln. 1558 übersiedelte er nach Wien, wo er am 21. August zum Christentum übertrat. Die Taufe wurde von Urban Sagstetter, Bischof von Gurk, durchgeführt, der Weidner in der Folge auch den Zugang zum Hof ermöglichte.

Im Wintersemester 1558/59 wurde Paulus Weidner als Doktor der Medizin in die Matrikel der Universität eingetragen. 1559 wurde er in die Medizinische Fakultät aufgenommen.

1559 wirkte er zunächst privat als Lehrer der hebräischen Sprache, ab 1562 war er Professor.

Trotz seiner Aufnahme in die Medizinische Fakultät war Weidner nie in der Lehre tätig, wurde aber für fachliche Agenden wie Prüfungen von Chirurgen oder Visitationen von Spitälern oder Apotheken herangezogen. Zwischen 1560 und 1583 wurde er sechsmal zum Dekan gewählt. Während seines dritten Dekanats im Sommersemester 1573 reichte die Universität eine umfangreiche Beschwerdeschrift gegen die Jesuiten ein. Weidner gehörte der Delegation an, die die Schrift an Maximilian II. übergab.

In den Wintersemestern 1572/73, 1578/79 und 1582/83 bekleidete er das Amt des Rektors; im Wintersemester 1574/75 war er Prokurator der Österreichischen Nation.

Neben seiner Tätigkeit an der Universität war Weidner Hofarzt bei Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. Seine Kenntnisse des Hebräischen und der jüdischen Theologie machten ihn zu einem Experten für jüdische Angelegenheiten: So war er als Zensor für hebräische Bücher tätig, die er auf vermutete Gotteslästerungen überprüfte. Weiters missionierte er bei seinen ehemaligen Glaubensgenossen. 1561 hielt er mehrere (Zwangs)Predigten vor der Prager jüdischen Gemeinde, um deren Mitglieder zum christlichen Glauben zu bekehren. Bereits 1559 hatte er Loca praecipua fidei Christianae collecta et explicata veröffentlicht. Das Werk war offenbar so erfolgreich, dass 1562 eine zweite Auflage gedruckt wurde. 1563 veröffentlichte Weidner die Sententiae Hebraicae, eine Sammlung hebräischer Sprüche und Sentenzen, die er ins Deutsche und Lateinische übersetzte und erläuterte. Sowohl in den Loca praecipua als auch in den Sententiae ließ sich Weidner abbilden. Bei der Zweitauflage der Loca praecipua, wo er mit seiner Familie dargestellt ist, wurden die nach dem Erscheinen der Erstauflage geborenen Kinder quasi „nachgetragen“.

In seinen Schriften setzte sich Weidner durchaus differenziert mit dem jüdischen Glauben auseinander und verzichtete im Gegensatz zu anderen Schriftstellern darauf, die jüdische Religion ins Lächerliche zu ziehen. Auch sprach er die prekäre Situation der „neuen Christen“ an, die sowohl von jüdischer als auch christlicher Seite mit Skepsis betrachtet wurden.

Wie weit Weidner hier auf persönliche Erfahrungen zurückgriff, ist nicht überliefert. In materieller Hinsicht war seine Konversion durchaus erfolgreich: Ferdinand I. ließ ihm wiederholt Einkünfte anweisen und befahl der Universität 1560, Weidners Besoldung als Lehrer der hebräischen Sprache zu erhöhen. Seine Einkünfte ermöglichten es Weidner, 1567 ein Haus am Neuen Markt zu erwerben. Ironischerweise nutzte Weidner sein Vermögen auch dazu, sich als Geldverleiher zu betätigen – eine von der christlichen Gesellschaft als „typisch jüdisch“ angesehene Tätigkeit.

1560 erhob Ferdinand I. Weidner in den Adelsstand, 1584 wurde ihm die Führung des Beinamens „von Billerburg“ gestattet. Paulus Weidner von Billerburg starb am 28. August 1585 und wurde in der Michaelaerkirche beigesetzt.

Ulrike Denk

Zuletzt aktualisiert am 29.08.2022 - 11:02

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