Victoria Lilly Pfleger-Schwarz, Doz. Dr. med.

1.9.1909 – 1992
geb. in Graz, Österreich gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Tor der Erinnerung Pfleger-Ehrmann-Tor 1998/99

Viktoria Lilly Pfleger(-Schwarz), geb. Victoria Rosalia Lili Schwarz, wurde am 1. September 1909 in Graz geboren als Tochter von Rechtsanwalt Dr.iur. Hermann Schwarz (1867–1938) und Maria Theresia Schwarz, geb. Grumbeck (1887–1945). Sie absolvierte das katholische Privat-Mädchenlyceum im Pensionat Ort bei Gmunden, legte am 8. Juli 1926 die Lycealmatura ab und am 16. Oktober 1927 als Externistin am Bundesrealgymnasium in Gmunden die Realgymnasiums-Matura (Reifeprüfung). Anschließend studierte sie vom Wintersemester 1927/28 bis zum Wintersemester 1932/33 an der Universität Wien Medizin und promovierte am 12. April 1935 zur „Dr. med.“.

Anschließend arbeitete sie von Mai 1935 bis Ende 1937 als Turnusärztin, Hospitantin und später Aspirantin an der IIII. Medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) der Stadt Wien. Am 1. Jänner 1938 begann sie als wissenschaftliche Hilfskraft („Hilfsärztin mit Stipendium“) an der I. Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten (Leitung: Prof. Leopold Arzt). Da sie im Nationalsozialismus als "Mischling 1. Grades" galt, wurde sie nach dem „Anschluss“ aus rassistischen Gründen auf Betreiben des NS-Dozentenbundes mit Ende November 1938 entlassen worden und konnte während der Herrschaft des NS-Regimes nicht mehr als Ärztin arbeiten.

Sie war bis 1942 in verschiedenen nichtärztlichen Berufen - als Schuhverkäuferin, als Büroangestellte einer Hausverwaltung und als Hilfsarbeiterin in einer chemischen Fabrik – tätig, von 1942–1945 dann als Laborantin im medizinisch-chemischen Laboratorium Dr. Goedel in Wien 7, wo sie aber jeweils nur ohne offizielle Anstellung arbeiten konnte.

Sie wohnte in Wien anfangs in Wien 1., Tegethoffstraße 1, ab 1939 in Wien 8., Lammgasse 5/21, dann Wien 1., Morzinplatz 6/7 und schließlich in Wien 19., Vegagasse 19 mit ihrem späteren Ehemann, dem Internisten Dr.med. Hans Maria Pfleger (geb. 3.5.1903), den sie am 25. Juni 1945 in Klosterneuburg heiratete. Gemeinsam lebten sie dann ab 1951 in Wien 9., Schwarzspanierstraße 15/I/7.

Sie kehrte nach dem Ende der NS-Herrschaft am 1. Juli 1945 wieder an die I. Universitäts-Hautklinik (Leitung wieder: Prof. Leopold Arzt), zurück wo sie bis Jahresende als Hilfsärztin angestellt war. Von 1946 bis 1955 wurde sie alle zwei Jahre als nichtständige Hochschulassistentin verlängert. Sie war ab 1948 auch Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Sie arbeitete u.a. an der Radiumstation der Klinik. In dieser Zeit führte sie die dermatologische, sowie venerologische Männer- und Frauenstationen und leitete, anfangs vertretungsweise, zunehmend aber selbständig, die allgemeine Ambulanz, die Röntgen- und Radiumstation der I. dermatologischen Universitätsklinik. Sie war bei Prof.Arzt über 7 Jahre lang Vorlesungsassistentin und hielt über viele Jahre dessen Rigorosant*innenkurse ab.
Während ihre männlichen Kollegen sich in dieser Zeit habilitierten, konnte sie nach zehn Jahren Verlängerung ohne Habilitation nicht weiter beschäftigt werden. Sie wurde jedoch nahtlos ab 1956 als unbesoldete Gastärztin an der Klinik weiter angestellt, bzw. ab März 1959 als „nichtsystematisierte Vertragsbedienstete“ an der Klinik privatrechtlich angestellt, um die Leitung der Radiumstation der Klinik von Prof. Leopold Tappeiner zu übernehmen, aus deren Einnahmen auch ihr Gehalt finanziert wurde. Neben der Routinearbeit an der Klinik bereitete sie nun auch die wissenschaftlichen Sitzungen und Demonstrationen, sowie Fortbildungskurse vor. In ihrem Spezialgebiet, der Dermatohistologie, hielt sie Kurse für die Ärzt*innen der Klinik, sowie für in- und ausländische Gastärzt*innen und Studierende ab. Seit 1950 unterrichte sie auch an den Schwesternschulen der Rudolfinerinnen und der burgenländischen Schwestern und war seit 1962 vom Amt der Wiener Landesregierung und vom Amt der Burgenländischen Landesregierung offiziell als Vortragende und Prüferin für das Unterrichtsfach: Haut- und Geschlechtskrankheiten bestellt.
Sie wurde 1956 als Dermatologin von der Wiener Ärztekammer approbiert.

Erst 1959 wurde auch das 7-jährige Berufsverbot als Ärztin als „Behinderungszeit“ dienstrechtlich rückwirkend anerkannt. Ab 1961 wurde von der Klinikleitung versucht, ihre privatrechtliche Anstellung in das pragmatisiertes Dienstverhältnis einer wissenschaftlichen Beamtin umzuwandeln, da sie

"Für die Klinik eine unentbehrliche wissenschaftliche Mitarbeiterin ist. So hat sie sich in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit der II. Med. Univ.-Klinik (Prof. Fellinger) mit speziellen Problemen der Lymphgefässe, insbesonders ihrer feingeweblichen Struktur wissenschaftlich beschäftigt und darüber mehrfach publiziert. Auch im Unterricht der Ärzte ist sie, ebenso wie auf vielen anderen, ins besonders wissenschaftlichen, Gebieten des Faches zu meiner Unterstützung eine überaus wertvolle Hilfe; ausserdem ist sie beauftragt, in meiner Vertretung die der Klinik angeschlossene Radiumstation ärztlich zu führen und zu überwachen." (Prof. Tappeiner 1961)

Dies war dann schließlich zwei Jahre später erfolgreich und sie wurde am 17. September 1963 vom Bundesministerium für Unterricht zur wissenschaftlichen Beamtin ernannt als "provisorische Oberassistentin" im Personalstand des wissenschaftlichen Dienstes der Universität Wien. Sowohl in Fachgesellschaften, wie auch bei nationalen und internationalen Kongressen hielt sie wiederholt Vorträge und Demonstrationen und brachte u.a. am Internationalen Kongress in Washington einen ausgedehnten Bildbericht über ihre Lymphgefässstudien.

1965 erfolgte, mittlerweile 56jährig und nach Vorlage von über 35 wissenschaftlichen Arbeiten, im Juni ihre Habilitation zur Privatdozentin für Dermatologie und Venerologie mit der Arbeit "Histologie und Histopathologie cutaner Lymphgefäße der unteren Extremitäten". Sie war damit eine der ersten Frauen, die sich in Dermatovenerologie habilitierten. Sie leitete die Radiumstation der dermatologischen Klinik bis zu deren Auflösung Ende 1971.

1966 wurde ihr das goldene Ehrenzeichens der Republik für ihre Leistungen verliehen und sie blieb bis über ihre Pensionierung im September 1974 hinaus weiter ärztlich und wissenschaftlich tätig.
Ihr Name ist mit dem Namen Josef Tappeiners in der dermatopathologischen Literatur verewigt. Ihre wissenschaftlichen Arbeiten betrafen vorwiegend histopathologische Themen. (Die sogenannte Angioendotheliomatosis proliferans systemisata Pfleger-Tappeiner trägt beider Namen.)

An der Universität Wien wurde sie 1998 durch die Benennung eines der „Tore der Erinnerung“ am Campus der Universität Wien gemeinsam mit Gertraut Ehrmann-Binder geehrt (Pfleger-Ehrmann-Tor, Durchgang von Hof 2 zu Hof 4) und in das Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938 aufgenommen.

Sie starb 1992 in Wien.

 

Archiv der Universität Wien, MED Nationale 1927-1935, Promotionsprotokoll MED 1929-1941 Nr. 2569, Rektorat GZ 680-I ex 1937/38, Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik/Unterricht/Personalakt; Römisch.-kathol. Diözese Graz-Seckau, Probsteipfarre zum Hl. Blut in Graz, Taufbuch XXXVII 1903-1912, fol. 304.

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 25.02.2024 - 14:02

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