Viktor Satke, Dr. med.

24.11.1889 – 2.3.1958
born in Laubias bei Wagstadt, Österreichisch-Schlesien | Lubojaty], Czech Republic died in Klosterneuburg, Austria

Arzt und Verwaltungsbeamter, in der NS-Zeit 1938–1945 Direktor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses

Honors

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal „AKH-Direktoren“

Viktor Satke wurde am 24. November 1889 in Laubias im Bezirk Wagstadt in Österreichisch-Schlesien/Österreich-Ungarn [Lubojaty/Tschechische Republik] als Sohn des Oberlehrers Rudolf Satke (1861–1931), und seiner Frau Maria, geb. Liebischer (1860–1915), geboren. Er studierte Medizin und promovierte im Jahre 1915 an der Universität Wien. Er legte die Physikatsprüfung ab, absolvierte die Ausbildung im Fach Dermatologie mit der Facharztanerken­nung im Jahre 1927, arbeitete aber schon seit Anfang der 1920er Jahre als Assistent an der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten der Heilanstalt Klosterneuburg-Wien (Leitung: Prof. Viktor Mucha). Daneben publizierte er u.a. in der Wiener Medizinischen Wochenschrift, im Archiv für Dermatologie und Syphilis und in Dermatology.
Seit 1925 war er verheiratete mit Johanna Koller (1903–1988) – sein Bruder, der Internist Doz. Dr. Otto Satke (1896–1940) war Trauzeuge – und sie hatten gemeinsam fünf Kinder: Hellmuth Satke (1925–2007), Ingeborg Daum, geb. Satke (1927–2015), Viktor Satke (1938–2024), Erika Geissler, geb. Satke und Renate Geml, geb. Satke (geb. 1942). Er hatte eine dermatologische Arztpraxis in Wien 3., Kundmanngasse 17, wo er in den 1930er Jahren auch unentgeltlich und anonym Sprechstunden im Rahmen der Jugendberatung des Roten Wiens hielt.

Spitalsdirektor

Ende 1934 wurde er zum Direktor des Rainerspitals in Wien 13 ernannt, nach knapp einem Jahr wurde er 1936 zum Direktor des Kaiserin-Elisabeth-Spitals ernannt, verblieb dort aber nur für rund zwei Jahre und wurde nach dem „Anschluss“, im März 1938 zunächst zum kommissarischen Leiter und später zum Direktor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH) ernannt.

NS-Zeit | Direktor Allgemeines Krankenhaus Wien, Vertreibung jüdischer Ärzt*innen

Der bisherige AKH-Direktor Hofrat Dr. Otto Glaser wurde aus rassistischen Gründen als Jude entlassen und musste seine Dienstwohnung im AKH räumen.
Unter Direktor Satke wurden umgehend alle jüdischen Ärztinnen und Ärzte und sonstigen Mitarbeiter*innen aus dem Krankenhaus entlassen, unter ihnen etwa der Leiter des Elektropathologischen Instituts Prof. Dr. Stefan Jellinek (1871–1968), der Vorstand des Zentralröntgenlaboratoriums Doz. Dr. Wolfgang Wieser (1887–1945), der Vorstand der I. Ohrenklinik Prof. Dr. Heinrich Neumann (1873–1939), der Vorstand der I. Frauenklinik Prof. Dr. Heinrich Kahr (1888–1947), sowie alle dem NS-System politisch nicht vertrauenswürdig erscheinende Mitarbeiter*innen. Dazu gehörten etwa die im Austrofaschismus ernannten Vorstände der Hautkliniken Prof. Dr. Leopold Arzt (1883–1955) und Prof. Dr. Wilhelm Kerl (1880–1945), der Vorstand der I. Chir. Univ.-Klinik Prof. Dr. Egon Ranzi (1875–1939), die Oberin der Krankenpflegeschule Oberin Maria Baroness Karwinsky (Schwester des damaligen austrofaistischen Staatssekretärs für Sicherheitswesen Carl Baron Karwinsky). Zahlreiche Stellen sollten in kürzester Zeit mit NS-Vertrauensleuten nachbesetzt werden, was oft aber nicht gelang. Die ehemalige Spitalssynagoge (heute: DENK-MAL Marpe Lanefesch) in Hof 6 wurde im Zuge der Reichspogromnacht verwüstet, tags darauf wurde im dahinterliegenden Trakt das Gemeinschaftshaus des NS-Belegschaft eröffnet und ein Denkmal für illegale Nationalsozialisten von Gauleiter Globocnik und Spitalsdirektor Satke eingeweiht. Illegale Nationalsozialisten wurden im Austrofaschismus in Anhaltelagern interniert, jene, die dagegen 1934/35 in den Hungerstreik traten, wurden in diesem Gebäude zwangsbehandelt und nun als Helden der NS-Bewegung gefeiert.

In seiner Amtszeit sollte auch die Universität erweitert und das Kranklenhaus grundlegend umgestaltet und erweitert werden, wozu das gesamte alte AKH samt Garnisonsspital (einzige Ausnahme: Josephinum) abgerissen werden und einem ideologisch neu organisierten Universitätserweiterungsgelände Platz machen sollten. Die Pläne wurden kriegsbedingt nicht mehr umgesetzt.
In Rundfunkreden referierte Satke z.B. 1940 zu Themen wie „Was die Welt den Deutschen verdankt: Kampf gegen Seuchen“ und war Referent der vom Gauamt für Volksgesundheit Wien organisierten Pflichtweiterbildungen zum Luftschutz für alle Ärzte

Zentrale Änderung in seiner Amtszeit war darüber hinaus die bis heute wirksame Übernahme des AKH in das Eigentum und in die Verwaltung der Stadt Wien per 31. März 1939. Bis dahin unterstand es – wie die meisten anderen Wiener Spitäler – dem Wiener Krankenanstaltenfonds, der aber vom NS-Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände kurz davor aufgelöst wurde. Das gesamte Personal wurde der Wiener Stadtverwaltung eingegliedert. Die mit dem Krankenanstaltsbetrieb untrennbar verbundenen Universitätskliniken blieben wie bisher in der Verwaltung des Staates als Träger der Universität Wien.

Ab Kriegsausbruch im September 1939 waren die Anforderungen des Kriegsbetriebes zu bewältigen: zahlreiche Personalverluste durch Einziehung zur Deutschen Wehrmacht, Einschränkungen der für den Betrieb zur Verfügung stehenden Finanzmittel, gleichzeitig Anstieg der Belagszahlen durch verwundete Soldaten, gegen Kriegsende auch der verletzten Zivilbevölkerung, Errichtung von Reservelazaretten, teilweise Schließung von Abteilungen wegen Ärzt*innen- und Pfleger*innenmangel. 1943 wurde eine Entgiftungsanlage als Luftschutzvorkehrung eingebaut, und ein oberirdischer Operationsbunker für die I. Chirurgische Univ.-Klinik (Hof 1) errichtet, um lebenswichtige Operationen auch während der zunehmenden Luftangriffe fortführen zu können (heute genutzt als Küche des Lokals Freiherz, zuvor: Stiegl-Brauerei). 

Im September und November 1944 sowie vom Februar bis April 1945 wurden auch Teile des Krankenhauses durch zahlreiche Bomben getroffen und zerstört, mehrheitlich im Bereich der Neuen Kliniken. In den Befreiungskämpfen zwischen sowjetischen Truppen und sich verschanzenden Einheiten der Deutschen Wehrmacht und SS kam es in der ersten Aprilhälfte 1945 zu verstärktem Artilleriebeschuss des Krankenhausareals und Granateneinschlägen. Eine drohende Kampfstellung konnte allerdings verhindert werden, wobei die Übergabeverhandlungen nicht mehr Direktor Satke leitete, sondern bereits sein Nachfolger Prof. Leopold Schönbauer.

Satke selbst war im Zweiten Weltkrieg als Sturmbannführer zum Militär eingezogen worden, und wurde bei Kriegsende am 8./9. April 1945 als AKH-Direktor enthoben und in Schutzhaft genommen.

Nachkriegszeit

Er lebte weiter in Klosterneuburg, wandte sich später wieder seiner Privatpraxis zu und wurde auch zum Leiter der dermatologischen Ambulanz der Wiener Gebietskrankenkasse in Wien 15., Gernotgasse bestellt sowie zum Leiter einer Kuranstalt für Paraffinpackungen.

Er starb 1958 in Klosterneuburg, NÖ, und ist am dortigen Friedhof Weidling bestattet.

Ehrung

Sein Name findet sich auf dem „Denkmal der Direktoren des Allgemeinen Krankenhauses“ im 2. Stock des Stöckelgebäudes (ehem. Direktion des AKH) im Hof 1 am Campus der Universität Wien.

 

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 10/10/25

  • Dr. Viktor Satke, AKH-Direktor 1938–1945

    Dr. Viktor Satke, Dermatologe und in der NS-Zeit Direktor des Allgemeinen Krankenhauses Wien 1938-1945, Grafik von Robert Fuchs

    Courtesy: Private Archive Herbert Posch, Vienna
    1940

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