Viktor Satke, Dr. med.
Arzt und Verwaltungsbeamter, 1938-1945 Direktor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses in der NS-Zeit
- Medizinische Fakultät
Viktor Satke wurde am 24. November 1889 in Laubias im Bezirk Wagstadt in Österreichisch-Schlesien/Österreich-Ungarn [Lubojaty/Tschechische Republik] als Sohn des Oberlehrers Rudolf Satke (1861-1931), und seiner Frau Maria, geb. Liebischer (1860-1915) geboren, studierte Medizin und promovierte im Jahre 1915. Er legte die Physikatsprüfung ab, absolvierte die Ausbildung im Fach Dermatologie mit der Facharztanerkennung im Jahre 1927, arbeite aber schon seit Anfang der 1920er Jahre als Assistent an der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten der Heilanstalt Klosterneuburg-Wien (Leitung: Prof. Viktor Mucha) und publizierte u.a. in der Wiener Medizinischen Wochenschrift, im Archiv für Dermatologie und Syphilis und in Dermatology.
Seit 1925 war er verheiratete mit Johanna Koller (1903-1988) - sein Bruder, der Internist Doz. Dr. Otto Satke (1896-1940) war Trauzeuge. Er hatte eine Dermatologische Arztpraxis in Wien 3., Kundmanngasse 17, wo er in den 1930er Jahren auch unentgeltlich und anonym Sprechstunden im Rahmen der Jugendberatung des Roten Wiens hielt.
Ende 1934 wurde er zum Direktor des Rainerspitals in Wien 13 ernannt, nach knapp einem Jahr wurde er 1936 zum Direktor des Kaiserin-Elisabeth-Spitals ernannt, verblieb dort aber nur für rund zwei Jahre und wurde nach dem "Anschluss", im März 1938 zunächst zum kommissarischen Leiter und später zum Direktor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses ernannt.
Der bisherige AKH-Direktor Hofrat Dr. Otto Glaser wurde aus rassistischen Gründen als Jude entlassen und musste seine Dienstwohnung im AKH räumen.
Unter Direktor Satke wurden umgehend alle jüdischen Ärztinnen und Ärzte und sonstigen Mitarbeiter*innen aus dem Krankenhaus entlassen, sowie alle dem NS-System politisch nicht vertrauenswürdig erscheinende Mitarbeiter*innen. Zahlreiche Stellen sollten in kürzester Zeit mit NS-Vertrauensleuten nachbesetzt werden, nicht immer gelang dies.
In Rundfunkreden referierte Satke z.B. 1940 zu Themen wie "Was die Welt den Deutschen verdankt: Kampf gegen Seuchen" und war Referent der vom Gauamt für Volksgesundheit Wien organisierten Pflichtweiterbildungen zum Luftschutz für alle Ärzte
Zentrale Änderung in seiner Amtszeit war darüber hinaus die bis heute wirksame Übernahme des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) in das Eigentum und in die Verwaltung der Stadt Wien per 31. März 1939. Bis dahin stand es - wie die meisten anderen Wiener Spitäler - in Eigentum und Verwaltung des Wiener Krankenanstaltenfonds, der aber vom NS-Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände kurz davor aufgelöst wurde. Das gesamte Personal wurde der Wiener Stadtverwaltung eingegliedert. Die mit dem Krankenanstaltsbetrieb untrennbar verbundenen Universitätskliniken blieben wie bisher in der Verwaltung des Bundes, der auch Träger der Universität Wien war.
Ab Kriegsausbruch im September 1939 waren die Anforderungen des Kriegsbetriebes zu bewältigen: zahlreiche Personalverluste durch Einziehung zur Deutschen Wehrmacht, Einschränkungen der für den Betrieb zur Verfügung stehenden Finanzmittel, gleichzeitig Anstieg der Belagszahlen durch verwundete Soldaten, gegen Kriegsende auch der verletzten Zivilbevölkerung, Errichtung von Reservelazaretten, teilweise Schließung von Abteilungen wegen Ärzt*innen- und Pfleger*innenmangel; 1943 Einbau von Entgiftungsanlage als Luftschutzvorkehrung und Errichtung eine oberirdischen Operationsbunkers für die I. Chirurgische Univ.-Klinik gebaut im Hof 1 zur Fortsetzung lebenswichtiger Operationen auch während der zunehmenden Luftangriffe.
Im September und November 1944 sowie vom Februar bis April 1945 wurden auch Teile des Krankenhauses durch zahlreiche Bomben getroffen und zerstört, mehrheitlich im Bereich der Neuen Kliniken. In den Befreiungskämpfen zwischen sowjetischen Truppen und sich verschanzenden Einheiten der Deutschen Wehrmacht und SS kam es in der ersten Aprilhälfte 1945 zu verstärktem Artilleriebeschuss des Krankenhausareals und Granateneinschlägen. Eine drohende Kampfstellung konnte allerdings verhindert werden, wobei die Übergabeverhandlungen nicht mehr Direktor Satke leitete, sondern bereits sein Nachfolger Leopold Schönbauer.
Satke selbst war im Zweiten Weltkrieg als Sturmbannführer zum Militär eingezogen worden und bei Kriegsende am 8./9. April 1945 als AKH-Direktor enthoben und in Schutzhaft genommen worden.
Er wandte sich später wieder seiner Privatpraxis zu und wurde auch zum Leiter der dermatologischen Ambulanz der Wiener Gebietskrankenkasse in Wien 15., Gernotgasse bestellt sowie zum Leiter einer Kuranstalt für Paraffinpackungen.
Sein Name findet sich auf dem "Denkmal der Direktoren des Allgemeinen Krankenhauses" im 2. Stock des Stöckelgebäudes (ehem. Direktion des AKH) im Hof 1 am Campus der Universität Wien.
Er starb 1958 in Klosterneuburg, NÖ, und ist am dortigen Friedhof Weidling bestattet.
Zuletzt aktualisiert am 03.07.2024 - 22:05