Adolf(o) Mussafia, ao. Univ.-Prof. Dr. phil. h.c.

15.2.1835 – 7.6.1905
geb. in Split, Kroatien gest. in Florenz, Italien

Begründer der Romanistik an der Universität Wien

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrendoktorat Dr. phil. h.c. 1869 Philosophische Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1912 Philosophische Fakultät

Adolf Mussafia studierte auf Wunsch seines Vaters vom Wintersemester 1852/53 bis zum Sommersemester 1854 an der Universität Wien Medizin. Nach dem Tod des Vaters brach er das oktroyierte Studium ab, gab Privatunterricht in der italienischen Sprache und belegte Italienischvorlesungen an der Universität. Der Unterstaatssekretär im Unterrichtsministerium, Giovanni Bolza, wurde auf ihn aufmerksam und empfahl ihn dem Minister Leo von Thun-Hohenstein. Daraufhin ernannte ihn dieser am 23. Okober 1855 zum Lehrer der italienischen Sprache und Literatur für Lehramtskandidaten der Gymnasien mit deutscher und italienischer Sprache. Im selben Jahr war Mussafia vom jüdischen zum katholischen Glauben konvertiert. Von 1858 bis 1877 arbeitete er in der Handschriftenabteilung der Hofbibliothek. Dort war er zuletzt in der Funktion des Zweiten Amanuensis, also als wissenschaftlicher Mitarbeiter, tätig und hatte dadurch Gelegenheit, sich mit Codizes der Romania auseinanderzusetzen.

Im November 1860 folgte die Berufung zum ao. „Professor der romanischen Sprachen und Literaturen, insbesondere des Italienischen“. Für dieses neugegründete Extraordinariat verfasste er sein richtungsweisendes Werk der „Italienischen Sprachlehre“ in Form eines schrittweise aufbauenden Lehrbuchs. Das in zahllosen Auflagen erschienene Werk nahm Mussafias Erfolge als Lehrender der italienischen Grammatik und Lexikografie vorweg. Das Werk fand in seinen Vorlesungen Anwendung und wurde zuletzt 1999 unter dem Titel „Der neueste Mussafia“ aufgelegt. Seine rege Publikationstätigkeit umfasst auch Editionen und sprachwissenschaftliche Studien zu Texten des Altitalienischen, des Altfranzösischen, des Altprovenzalischen und des Altspanischen. Hervorzuheben ist sein Erstlingswerk der Textkritik und der Syntaxanalyse des von Pietro Fanfari herausgegebenen „Decameron“ von Boccaccio. Eine von Mussafias wenigen Schriften auf dem Gebiet der Literaturwissenschaft befasst sich mit der italienischen Literatur seiner Heimat Dalmatien für das sogenannte Kronprinzenwerk.

1867 erfolgte die Ernennung zum Professor für romanische Sprachen und Literatur, der ersten Lehrkanzel der Romanistik an deutschsprachigen Universitäten. Mussafia gilt dadurch als Begründer der Romanistik an der Universität Wien. Er ging mit seiner innovativen Methodik der Sprach- und Stilanalyse in der Lehre neue Wege, die auch großen Anklang bei der Studentenschaft fand. Nicht zuletzt ist nach Mussafia und seinem Kollegen Adolf Tobler das Tobler-Mussafia-Gesetz benannt (Regel der Syntax der klitischen Objektpronomina in den altromanischen Sprachen).

Am 27. Juni 1869 wurde dem Autodidakten Adolf Mussafia das Ehrendoktorat der Universität Wien verliehen – während seiner 50-jährigen Lehrtätigkeit folgten weitere zahlreiche Auszeichnungen. Für seine kritisch-historische Schrift über Dantes „Divina Commedia“ wurde ihm 1865 die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. 1866 folgte die Ernennung zum korrespondierendes Mitglied, 1871 zum wirklichen Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Unter den vielen Schülern Mussafias sind Elise und Helene Richter oder auch Hugo von Hoffmannsthal zu nennen. Neben den Festschriften für Adolf Mussafia sei auf ein Fotoalbum verwiesen, dass dem Romanisten von Kollegen und Studenten aus Anlass seines 30-jährigen Dienstjubiläums am 9. November 1890 überreicht wurde. Es bietet einen Querschnitt durch die Personengeschichte der Wiener Romanistik bzw. der Philosophischen Fakultät der Universität Wien.

1901 wurde Adolf Mussafia zum Mitglied des Herrenhauses ernannt, seine Bemühungen um die Gründung einer Universität in Triest blieben allerdings erfolglos. Adolf Mussafia verstarb am 5. Juni 1905 in Florenz. 1912 fand die feierliche Enthüllung seiner Büste im Arkadenhof der Universität Wien statt, die Kaspar von Zumbusch gefertigt hatte.

Werke (Auswahl):

Italienische Sprachlehre in Regeln und Beispielen, für den ersten Unterricht bearbeitet (Wien 1860) bzw. in der Neuauflage: Der neueste Mussafia (Wien 1981).

Sui codici della divina commedia che si conservano alla Biblioteca imperiale di Vienna ed alla Reale di Stoccarda (Wien 1865).

Italienische Literatur. In: Die Österreichisch-Ungarischen Monarchie in Wort und Bild [Kronprinzenwerk], Bd. 10: Dalmatien (Wien 1892) 213-231.

Nina Knieling

Zuletzt aktualisiert am 02.09.2021 - 19:51

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