Anny (Ann M.) Schlesinger (verh. Lessner, Lingg)
Ehrungen
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
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Denkmal „Vertriebene Historiker*innen“ | 2022 | Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät |
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- Geschichte
- Philosophische Fakultät
Anny SCHLESINGER (verh. LESSNER später: Ann M. LINGG), geb. am 7. Oktober 1907 in Wien als Tochter von Isidor Schlesinger (geb. 1874) und Karoline Carla Schlesinger (geb. Askonas), und Enkelin von Wilhelm Schlesinger, dem k.u.k. Hoflieferanten, Pferdehändler und Besitzer des "Neuen Wiener Tattersalls" in der Schüttelstraße 19a (eines der bevorzugten Reitinstitute des Wiener Bürgertums, der in der NS-Zeit wie das gesamte Familienvermögen "arisiert" wurde). Sie wohnten in Wien 1., Biberstraße 14.
Auf Grundlage der französischen Staatsprüfung war sie vom Wintersemester 1930/31 bis WS 1932/33 fünf Semester lang als ao. Hörerin an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien inskribiert und belegte Lehrveranstaltungen aus Musikwissenschaften. Sie hatte im Februar 1932 am Realgymnasium in Klosterneuburg ihre Reifeprüfung (Matura) abgelegt und anschließend, nun als o. Hörerin, vom Sommersemester 1933 bis zuletzt im Wintersemester 1936/37 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien inskribiert und studierte Musikwissenschaften (vereinzelt auch Lehrveranstaltungen bei Späth aus organischer Chemie, Geschichte der Presse bei Bauer oder Philosophie bei Reininger und Moritz Schlick). Zur Zeit des "Anschlusses" im März 1938 befand sie sich bereits im Stadium der Abschlussprüfungen. Sie hatte sich bereits am 17. Jänner 1938 zu den Abschlussprüfungen ("Rigorosen") in Musikwissenschaft angemeldet und das erste Rigorosum am 31. Jänner 1938 bestanden. Am 28. Juni 1938 hatte sie auch ihre Dissertation eingereicht mit dem Titel "Das Wiener Singspiel der Biedermeierzeit. (Ein Beitrag zur Geschichte der komischen Oper)", die bereits am nächsten Tag, dem 29. Juni 1938 approbiert worden war. Am 1. Juli 1938 hatte sie auch das zweite Rigorosum bei den Musikwissenschaftern Prof. Robert Lach und ao. Prof. Alfred Orel bestanden, sowie beim Physiker Prof. Schweidler. Sie konnte somit, nach längerer Unsicherheit, doch noch ihr Studium abschließen und am 21. Juli 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.
Anny Schlesinger mußte 1938 aus Wien flüchten und konnte noch rechtzeitig nach Frankreich ausreisen. Am 24. August 1938 konnte sie von Cannes/Frankreich mit der SS Conte di Savoia in die USA ausreisen, wo sie am 31. August 1938 in New York, NY, ankam. Sie lebte in Manhattan (211 Central Park West, später 212 Central Park South) in New York City, NY. In den 1940er und 1950er Jahren schrieb sie unter dem Namen Ann M. LINGG über musikalische und musikwissenschaftliche Themen für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften. Sie schrieb auch zahlreiche Bücher über große Musiker wie etwa Mozart (1946, "Mozart. Genious of Harmony"), Franz List (1951, "Mephisto Waltz: The Story of Franz Liszt") und "John Philip Sousa" (1955).
Zusammen mit der Pianistin Ruth Slenczynska schrieb sie auch ein praktisches Lehrbuch für junge angehende PianistInnen "Music at Your Fingertips". Sie schrieb auch zahlreiche Beiträge für das "Opera News Magazine" und für "Aria", eine Publikation der Metropolitan Opera Guild. Sie heiratete 1956 in Mahattan, NYC, NY, den Wiener Erwin C. LESSNER (1898-1959), auch er war gezwungen 1938 aus Wien zu emigrieren. Er war ein ehem. Major der k.u.k. Armee, Journalist und Antifaschist und Autor u.a. von "Blitzkrieg and Bluff: The Legend of Nazi Invincibility" (1943), "Phantom Victory" (1944), "At the Devil's booth" (1952), "Cradle of Conquerors: Siberia" (1955). Er starb 1959 in New York und erst posthum kam ihr beider gemeinsames Buch über die Donau heraus: "The Danube. The Dramatic History of the Great River and the People Touched by Its Flow" (1961) (online hier).
Ann M. Lingg Lessner, geb. Anny Schlesinger, starb am 9. Mai 1995 in Manhattan, New York City, NY/USA.
Ehrungen
Seit 2009 wird an sie im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" erinnert (online).
Seit 2022 findet sich ihr Name auch auf dem "Wenn Namen leuchten | Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien", im ersten Stock des Hauptgebäudes der Universität.
Archiv Universität Wien/Nationale PHIL 1930-1938, Rigorosenakt und -protokoll PHIL 14118, Promotionsprotokoll PHIL 1931-1941, Nr. 2841; Nachruf in der NYTimes vom 11. Mai 1995; Eva Maria Mandel im "Blog Pratercottage", 2013; www.ancestry.de; freundlicher Hinweis von Cornelia Stelzer, Wien 2015.
Zuletzt aktualisiert am 12.02.2024 - 21:48