Othmar Kühn (Kuehn), o. Univ.-Prof. Dr.

5.11.1892 – 26.3.1969
geb. in Wien, Österreich gest. in Wien, Österreich

Funktionen

Dekan*in Philosophische Fakultät 1957/58
Rektor Philosophische Fakultät 1960/61

Othmar Kühn absolvierte 1911 an der Realschule in Ottakring die Reifeprüfung und besuchte anschließend die Brau- und Exportakademie. Bis 1914 bei einer Brauerei in Hallein beschäftigt, studierte er – zunächst nebenberuflich – er Botanik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. 1915 in die k.u.k. Armee einberufen diente er im Ersten Weltkrieg an der Südfront und wurde 1918 in der Piaveschlacht schwer verwundet. Nach der bereits 1916 abgelegten  Lehramtsprüfung wurde er am 11. Juli 1919 zum Dr. phil. promoviert (Dissertation: „Das Austreiben der Holzgewächse und seine Beeinflussung durch äußere Faktoren, Referent: Richard Wettstein). Anschließend war er als Mittelschullehrer in Wien tätig, wurde daneben freiwilliger Mitarbeiter in der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums und unternahm zahlreiche Studienreisen, um paläontologische Studien zu betreiben.

Kühn beantragte am 3. März 1940 die Aufnahme in die NSDAP und wurde mit 1. April 1940 mit der Mitgliedsnummer 7.981.241 als Parteimitglied aufgenommen. Während des Zweiten Weltkriegs war Kühn als „Wehrgeologe“ an der Front in Russland sowie in Frankreich eingesetzt, bis er 1944 als Kustos I. Klasse an das Naturhistorische Museum zurückkehrte. 1949 stieg er dort zum Direktor der Geologisch-Paläontologischen Abteilung auf.

Nach seiner Habilitation wurde Othmar Kühn im Jänner 1951 an der Universität Wien zum ordentlichen Professor für Paläontologie und Paläobiologie berufen und wurde Vorstand des Paläontologischen und Paläobiologischen Instituts. Als Institutsvorstand war er u. a. an der Übersiedelung des Instituts in das Neue Institutsgebäude (NIG) verantwortlich. Im Studienjahr 1956/57 fungierte er als Dekan der Philosophischen Fakultät und 1960/61 als Rektor der Universität Wien sowie als Vorsitzender der österreichischen Rektorenkonferenz. In seiner Amtszeit als Rektor überreichte Kühn 1961 Fritz Knoll, der von 1938 bis 1943 als Rektor der Universität fungiert hatte und in dieser Funktion auch die Vertreibung von jüdischen und politisch missliebigen Lehrenden und Studierenden administriert hatte, das Rektorserinnerungszeichen der Universität Wien „in Anerkennung [seiner] ehrenvollen und mutigen Amtsführung in schwerer Zeit“.

Nach seiner Emeritierung als Professor im Jahr 1964 arbeitete Othmar Kühn wieder an der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums.

Kühn beschäftigte sich in seinen Arbeiten hauptsächlich mit paläontologischen und stratigraphischen Forschungsfragen, besonders zu fossilen Organismen wie Rudisten, Anthozoen, Hydrozoen und Bryozoen und zur Biostratigraphie der Kreide. Neben seinen fast 170 wissenschaftlichen Publikationen begründete er 1964 den von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen „Catalogus Fossilium Austriae“.

Othmar Kühn wurde für sein Werk vielfach ausgezeichnet: So fungierte er 1944/45 und 1955/56 als Präsident der Geologischen Gesellschaft in Wien (1961 Ehrenmitglied) sowie 1955/56 der Internationalen Paläontologischen Gesellschaft (1965 Ehrenmitglied). Ab 1952 gehörte er der Österreichischen Akademie der Wissenschaften als korrespondierendes, ab 1955 als wirkliches Mitglied an. Darüber hinaus wurde er in den 1950er- und 1960er Jahren auch Mitglied der serbischen, griechischen, slowenischen, jugoslawischen und dänischen Akademien der Wissenschaften und Ehrenmitglied zahlreicher internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften. 1961 verliehen ihm die Universitäten Athen und Bukarest Ehrendoktorate.
Am Tag der Übergabe des Rektorats an seinen Nachfolger Franz Arnold verlieh ihm die Universität Wien am 8. November 1961 das Rektorserinnerungszeichen. In Österreich wurde ihm außerdem 1962 das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und kurz vor seinem Tod, am 11. März 1969, die Goldene Ehrenmedaille der Stadt Wien verliehen, die er jedoch nicht mehr persönlich entgegennehmen konnte.

Werke (Auswahl)

Eine neue Hydrozoe aus dem Stramberger Jura, 1926 (Download pdf).
Hydrozoa (Fossilium catalogus 1, Animalia, Band 36), 1928.
Das Danien der äußeren Klippenzone bei Wien, 1930.
Allgemeine Biologie. Lebenserscheinungen und Lebensbedingungen; für die obersten Klassen der Mittelschulen aller Typen, 1931.
(gem. mit Franz Xaver Schaffer): Werdegang der Erde und des Lebens; für die obersten Klassen der Mittelschulen aller Typen, 1931.
Rudistae (Fossilium catalogus 1, Animalia, Band 54), 1932.
Das geologische Kartenbild der Erde. Ein Verzeichnis neuerer Übersichtskarten, 1934.
Eine neue Burdigalausbildung bei Horn, 1936.
(gem. mit Dimitrij Andrusov): Weitere Korallen aus der Oberkreide der Westkarpathen, 1937 (Download pdf).
Hydrozoa (Handbuch der Paläozoologie), 1939.
Zur Kenntnis des Rhät von Vorarlberg, 1940 (Download pdf)
(gem. mit Franz Heritsch): Die Stratigraphie der geologischen Formationen der Ostalpen, 1943.
Zur Stratigraphie und Tektonik der Gosauschichten, 1947.
Die Bryozoen der Retzer Sande, 1955.
(gem. mit Petur Nikolov Bakalov): Die Trias von Kotel (Ost-Balkan), 1958.
(gem. mit Desanka Pejović): Zwei neue Rudisten aus Westserbien, 1959.
Die Paläontologie im Weltbilde der Gegenwart (Inaugurationsrede gehalten am 12. November 1960), 1961.
Autriche (Lexique Stratigraphique Internationale), 1962.
Eozänkorallen aus Österreich, 1966 (Google Books).

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 07.10.2024 - 21:41

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