Wilhelm Meyer-Lübke, Univ.-Prof. Dr. phil.

30.1.1861 – 4.10.1936
geb. in Dübendorf bei Zürich, Schweiz gest. in Bonn, Deutschland

Professor für romanische Philologie, Vorstand des romanistischen Seminars

Funktionen

Dekan*in Philosophische Fakultät 1904/05
Rektor Philosophische Fakultät 1906/07
Senator Philosophische Fakultät 1910/11
Senator Philosophische Fakultät 1911/12
Senator Philosophische Fakultät 1912/13

Wilhelm Meyer von Stadelhofen (seit seiner Heirat 1889: Meyer-Lübke), Sohn eines Schweizer Landarztes und Neffe des Dichters Conrad Ferdinand Meyer, absolvierte das Gymnasium in Zürich und erlernte schon vor der Reifeprüfung 1879 Altfranzösisch, Italienisch und Spanisch. Anschließend studierte er Romanistik und Indogermanistik an der Universität Zürich (u.a. bei Heinrich Schweizer-Sidler) sowie 1881-1883 an der Universität Berlin (u.a. bei Johannes Schmidt). 1883 promovierte er in Zürich mit der Dissertation „Die Schicksale des lateinischen Neutrums im Romanischen“ zum Doktor der Philosophie.

Bereits 1884 erfolgte seine Habilitation für Romanische Philologie an der Universität Zürich, wo er bis 1887 Italienisch, Altfranzösisch sowie Vulgärlatein lehrte. 1885 ging er vorübergehend nach Paris, wo er Vorlesungen bei Gaston Paris hörte und an der École des Hautes Études lehrte. 1887 wurde er als außerordentlicher Professor für vergleichende Sprachwissenschaft nach Jena berufen.

1890 wechselte Wilhelm Meyer-Lübke auf Anregung von Adolf Mussafia an die Universität Wien, wo er zwei Jahre später zum Ordinarius für romanischen Philologie und Vorstand des romanistischen Seminars aufstieg.
Er fungierte im Studienjahr 1905/06 als Dekan der Philosophischen Fakultät, anschließend 1906/07 als Rektor der Universität Wien und schließlich 1910 bis 1913 als Mitglied des Akademischen Senats. Während seiner Amtszeiten als Dekan und Rektor erfolgte die Habilitation der Romanistin Elise Richter zur ersten Privatdozentin an der Universität Wien, die Meyer-Lübke ausdrücklich unterstützte, jedoch von einigen Professoren strikt abgelehnt wurde. 1911 bewirkte er die Gründung des Rumänischen Institutes an der Universität Wien mit.

Wilhelm Meyer-Lübke zählt bis heute zu den bedeutendsten Vertretern der romanischen Sprachwissenschaft. In seinen Forschungen legte er besonderen Wert auf die Bedeutung des Vulgärlateins sowie des gesprochenen Lateins als Ursprung für die Entstehung der romanischen Sprachen. Er schuf zentrale Lehrbücher der romanischen Sprachwissenschaft (Grammatik, Wortschatz, Laut- und Formenlehre) und lehrte ebenso über sprachhistorische wie literaturhistorische Themen. Zusätzlich zu seinen breiten Kenntnissen der romanischen Sprachen erlernte er außerdem keltische Sprachen, Albanisch sowie Baskisch. Meyer-Lübke war Herausgeber der 1909 gegründeten Zeitschriften „Wörter und Sachen“ und „Germanisch-romanische Monatsschrift“, der „Mitteilungen des romanischen Instituts der Universität Wien“ sowie der Reihe „Sammlung romanischer Elementar- und Handbücher“.

Für seine international hochgeschätzten wissenschaftlichen Leistungen wurde Wilhelm Meyer-Lübke vielfach geehrt: Die Universitäten Cambridge, Coimbra, Graz und Turin verliehen ihm das Ehrendoktorat. Die Akademie der Wissenschaften in Wien wählte ihn 1899 zum korrespondierenden und 1903 zum wirklichen Mitglied sowie 1928 zum Ehrenmitglied. Zudem war er Ehrenmitglied der Rumänischen Akademie der Wissenschaften, der Gesellschaft für Neuere Sprachen in Berlin, der Gesellschaft der Wissenschaften in Göteborg sowie der Modern Language Association of America und gehörte den Akademien der Wissenschaften bzw. wissenschaftlichen Gesellschaften in Berlin, Leipzig, Mailand, Venedig, Rovereto, Lissabon und Helsinki an.

Nach 25 Jahren an der Universität Wien folgte Meyer-Lübke schließlich 1915 einer Berufung als Nachfolger des Begründers der Romanischen Sprachwissenschaft Friedrich Diez an die Universität Bonn. Neben zahlreichen Vortragsreisen und Gastprofessuren in verschiedenen Ländern fungierte er in Bonn 1923/24 als Dekan der Philosophischen Fakultät war. 1928 trat er in den Ruhestand.

Werke (Auswahl)

Die Schicksale des lateinischen Neutrums im Romanischen, 1883.
(Hg.): Simon Portius. Grammatica linguae Graecae vulgaris (1638) suivie d’un commentaire grammatical et historique, 1889.
Grammatik der romanischen Sprachen, 4 Bände (1890-1902).
Italienische Grammatik, 1891.
Einführung in das Studium der romanischen Sprachen, 1901 (3. Auflage 1920).
Die Betonung im Gallischen, 1901.
Zur Kenntnis des Altlogudoresischen, 1902.
Historische Grammatik der französischen Sprache, 2 Bände (1909, 1921).
Romanisches etymologisches Wörterbuch, 1911 (7. Auflage 2009).
Rumänisch, Romanisch, Albanesisch, 1914.
Das Katalanische, 1925.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 28.03.2024 - 21:50

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