Franz Klein, o. Univ.-Prof. Dr. jur.

24.4.1854 – 6.4.1926
geb. in Wien, Österreich gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrentafel-Fakultät 1925/1949 Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1937 Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät

Der Sohn des Schätzmeisters im k.k. Versatzamt Karl Klein und dessen Gattin Theresia besuchte zunächst das Schottengymnasium, musste jedoch wegen eines Schulstreiches an das Akademische Gymnasium wechseln, wo er gleichzeitig mit dem späteren Ministerpräsidenten Max Vladimir Freiherr von Beck und Tomáš G. Masaryk, dem ersten tschechoslowakischen Staatspräsidenten, 1872 die Matura absolvierte. Anschließend studierte er die Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Wien (Dr. iur. 1878). Bereits während seiner Studienzeit zeigte er Interesse am zivilgerichtlichen Verfahren, er war einer der frühen Hörer des Zivilprozessrechtlers und Sozialtheoretikers Anton Menger, eines Kämpfers der besitzlosen Klassen und Kritikers des ersten Entwurfes zum deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch. Klein trat der Burschenschaft „Arminia“ bei, der u.a. auch der zwei Jahre ältere Victor Adler angehörte. Klein war ein vielseitig begabter Mann. Bereits ein Jahr nach seiner Promotion zum Doktor der Rechte, 1879, legte er die Richteramtsprüfung, 1883 auch die Advokatenprüfung ab. Darüber hinaus verfolgte Klein zunächst eine universitäre Karriere. Er habilitierte sich an der Wiener Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zunächst, 1885, für österreichisches Zivilprozessrecht, 1891 erhielt er auch die Lehrbefugnis für Römisches Recht. Bezeichnend ist, dass bereits Kleins erste an der Universität Wien abgehaltene Lehrveranstaltung im Wintersemester 1885/86 sich mit dem „Bagatellverfahren und [der] Civilprocess-Reform (mit Zugrundelegung des Entwurfes einer Civilprocess-Ordnung vom Jahre 1881)“ beschäftigte. Beruflich war er 1876–1891 als Kanzleidirektor der Universität Wien tätig. Seit 1886 unterrichtete Klein zusätzlich an der Orientalischen Akademie österreichisches Zivilprozessrecht, Handels- und Wechselrecht.

Zwischen 26. Oktober 1890 und 1. März 1891 veröffentlichte Franz Klein in den „Juristischen Blättern“ eine Aufsatzreihe mit dem Titel „Pro Futuro. Betrachtungen über Probleme der Civilprozeßreform in Oesterreich“. Diese Publikation war wegweisend für die Entwicklung des Zivilprozessrechts in Österreich und veränderte auch Kleins Lebensweg entscheidend. Noch vor Erscheinen des letzten Teils beantragte Menger, Klein zum besoldeten außerordentlichen Professor zu ernennen, auch erwog die Universität Straßburg eine Berufung Kleins. 1891 wurde Klein schließlich lediglich der Titel eines außerordentlichen Professors, 1895 der Titel eines ordentlichen Universitätsprofessors verliehen. Vor allem aber wurde Klein am 17. Februar 1891 als Ministerialsekretär in das Justizministerium berufen, wo er mit der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen entsprechend seiner eigenen, in „Pro futuro“ erhobenen Forderungen, betraut wurde. Schon 1893 legte er drei Gesetze vor: eine Jurisdiktionsnorm, mit der die Zuständigkeit der Gerichte geregelt wurde, eine Zivilprozessordnung für das streitige Zivilverfahren, sowie eine Exekutionsordnung für das Vollzugsverfahren. In diesem Gesetzespaket zeigt sich der soziale Gedanke, der eine effizient, schnell und billig arbeitende Justiz voraussetzt. Der Prozess war nach Kleins Überzeugung ein „soziales Übel“, welches rasch gelöst werden müsse. Die neue ZPO sah als Grundsätze die Mündlichkeit und Öffentlichkeit des Verfahrens sowie die freie Beweiswürdigung vor. Kennzeichnend war die Abkehr von der Verhandlungsmaxime und die Aufgabe des Richters, nach der materiellen Wahrheit zu suchen. Mit der ZPO 1895 wurde in Österreich eine ausgesprochen moderne und bedürfnisorientierte Verfahrensordnung geschaffen, die viel Beachtung und Nachahmung im Ausland erfuhr. Klein sorgte nicht nur für die inhaltliche Ausgestaltung der neuen Prozessgesetze, sondern auch für deren zügige Bearbeitung im Parlament. Ein spezielles Beratungsgesetz sollte ein Scheitern der Reform durch zu lange parlamentarische Debatten verhindern. 1895 erhielten die Jurisdiktionsnorm und die Zivilprozessordnung, 1896 auch die Exekutionsordnung die kaiserliche Sanktion.

Die Schaffung der Zivilprozessgesetze machte Klein berühmt. Er wirkte aber auch an zahlreichen anderen Gesetzesvorhaben mit, so insbesondere am Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung von 1906 oder am Baurechtsgesetz 1912. Er engagierte sich auch im Bereich der Jugendfürsorge und des Jugendschutzes; mehreren Entwürfen zu einem Jugendgerichtsgesetz war kein Erfolg beschieden.

Noch während der Beratungen zum GmbH-Gesetz wurde Franz Klein 1905 zum Leiter des Justizministeriums, 1906 auch formell zum Justizminister ernannt und blieb in dieser Funktion bis zum Rücktritt seines ehemaligen Schulkollegen und nunmehrigen Ministerpräsidenten Max von Beck 1908. Noch einmal, 1916 unter Ministerpräsident Ernest von Koerber, wurde Klein zum Justizminister ernannt, demissionierte aber schon nach zwei Monaten. Bereits seit 1905 war er Mitglied des Herrenhauses „auf Lebenszeit“ (tatsächlich nur bis zum Ende der Monarchie). Die Hinwendung zur Justizverwaltung und zur Politik bedeuteten auch das Ende von Kleins akademischem Wirken; nach 1918 hielt er keine Lehrveranstaltungen mehr an der Universität.

In der Republik (Deutsch-)Österreich engagierte sich Klein politisch als Mitbegründer und Kandidat der Bürgerlich-Demokratischen Partei, zu deren Mitgliedern auch andere Professoren und Privatdozenten wie Richard von Wettstein, Edmund Bernatzik und Heinrich Klang, aber auch bedeutende Persönlichkeiten der bürgerlichen Frauenbewegung wie bspw. Marianne Hainisch gehörten, verfehlte aber bei den Wahlen 1919 ein Abgeordnetenmandat. Parallel dazu machte ihn Otto Bauer zum Leiter eines „Vorbereitungsdienstes für die Friedensverhandlungen“ im Staatsamt für Äußeres und zu seinem Stellvertreter. Von Bauer als Leiter der Friedensdelegation für die Verhandlungen in St. Germain vorgesehen, wurde Klein auf Druck der Christlichsozialen fallen gelassen und gehörte der von Karl Renner geleiteten Delegation nur als Stellvertreter des Staatssekretärs Bauer an, nachdem Zeitungen schon – verfehlt – seine Ernennung zum Staatssekretär kolportiert hatten. Diese Zurücksetzung traf ihn schwer. Seine an Ottilie Friedländer verfassten Briefe aus St. Germain sind eine wertvolle Quelle für den Gang der Friedensverhandlungen.

Franz Klein war 1912–1916 Obmann der Wiener Juristischen Gesellschaft und 1920–1925 Vorsitzender der Österreichisch-Deutschen Arbeitsgemeinschaft in Wien. Er war Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften zu Wien und Dr. h. c. der Universitäten Czernowitz, Graz, Kiel, Bonn und Heidelberg. 1924 wurde er zum Ehrenbürger von Wien ernannt, nach seinem Tod erhielt er ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof. Klein blieb unverheiratet und kinderlos.

Vermutlich nach 1926 wurde Franz Klein in die Ehrentafel der Fakultät in der Universitätsaula eingetragen; seit 1937 erinnert auch das von Hermann Haller gestaltete Denkmal im Arkadenhof an ihn.

Kamila Staudigl-Ciechowicz, Thomas Olechowski

Zuletzt aktualisiert am 08.04.2024 - 20:05

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