Anton Menger von Wolfensgrün, o. Univ.-Prof. Dr.

12.9.1841 – 6.2.1906
geb. in Maniow, Galizien | Maniowy, Polen gest. in Rom, Italien

Bruder des Nationalökonomen Carl Menger

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1919 Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät

Funktionen

Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1880/81
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1887/88
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1891/92
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1892/93
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1893/94
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1894/95
Rektor Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1895/96

Anton Menger von Wolfensgrün, Sohn des Advokaten Anton Menger von Wolfensgrün und dessen Ehefrau Caroline, geb. Gerzabek, Bruder des Nationalökonomen Carl Menger und des Politikers Max Menger, besuchte das Staatsgymnasium in Troppau und später das katholische Gymnasium in Teschen, das er 1859 wegen religiöser Streitigkeiten verlassen musste. Die Matura legte er schließlich 1860 als Externist am Gymnasium in Krakau ab. Anschließend nahm er das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Krakau auf, das er ab dem Wintersemester 1860/61 an der Universität Wien fortsetzte. Daneben besuchte er auch Lehrveranstaltungen in Philosophie, Geschichte und Mathematik. 1865 promovierte Menger hier zum Dr. jur. Nach dem Studienabschluss arbeitete Anton Menger zunächst als Konzipient des Wiener Rechtsanwalts Georg Granitsch, als dessen Sozius er von 1872 bis 1875 wirkte.

1872 begann auch Mengers akademische Karriere, als er an der Universität Wien für Österreichisches Zivilprozessrecht habilitiert wurde. Zwei Jahre später erfolgte seine Berufung zum außerordentlichen, 1877 zum ordentlichen Professor für dieses Fach an der Universität Wien. Zu seinen Schülern zählten u.a. Karl Grünberg und der spätere Justizminister Franz Klein, mit dem er gemeinsam an der Zivilprozessreform 1898 mitwirkte. An der Universität Wien fungierte Anton Menger in den Studienjahren 1880/81 und 1887/88 als Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sowie zwischen 1891 und 1895 viermal als deren Senator. Im Studienjahr 1895/96 übte er das Amt des Rektors der Universität Wien aus. Bereits als Senator engagierte er sich für die Einführung „Volksthümlicher Universitätskurse“, die sich an eine breite Öffentlichkeit wandten, verfasste deren Statuten und konnte deren Beginn als Rektor 1895 begleiten. Er war zudem Mitglied der judiziellen Staatsprüfungskommission und Superintendent der Franz Dworzakʼschen Stiftung.

Menger, der 1897 zum Hofrat ernannt wurde, trat 1899 vorzeitig in den Ruhestand, um sich seiner schriftstellerischen Arbeit zu widmen.

Anton Menger, der gemeinsam mit seinen Brüdern Anfang der 1870er-Jahre aus politischer Überzeugung den Adelstitel „von Wolfensgrün“ zurücklegte, veröffentlichte 1876 sein Hauptwerk zu seinem Lehrfach unter dem Titel „System des oesterreichischen Civilproceßrechts in rechtsvergleichender Darstellung“.
Später publizierte er jedoch vorrangig zu sozialpolitischen Themen und widmete sich vor allem der Idee einer „sozialen Rechtswissenschaft“. Er trat für eine juristische (rechtstheoretische) Bearbeitung des Sozialismus ein und bezeichnete als Aufgabe des Sozialismus die Aufstellung von drei ökonomischen Grundrechten: Recht auf den vollen Arbeitsertrag, Recht auf Existenz sowie Recht auf Arbeit. Mehr soziale Gerechtigkeit sollte zudem durch eine soziale Korrektur der bürgerlichen Gesetzbücher erreicht werden, wie er auch in seiner Inaugurationsrede ausführte. In einem seiner zentralsten sozialpolitischen Werke, „Neue Staatslehre“ (1903), entwarf er die Grundlagen für einen „volkstümlichen Arbeiterstaat“, der den besitzlosen Volksklassen dienen sollte. Die Drucklegung dieses Werkes verzögerte sich aufgrund des sozialdemokratischen Inhalts. Mengers teils widersprüchliche Ideen eines Arbeiterstaates mit totalitären Züge riefen u.a. unter Marxisten breite Kritik hervor. Obwohl Menger bekennender Sozialist war und mit seinen Schriften politisch wirken wollte, engagierte er sich zu keinem Zeitpunkt praktisch-politisch als Mitglied einer Partei.
Daneben äußerte sich Mengers Interesse für Mathematik auch in einigen Schriften, die er unter dem Pseudonym „Dr. Julius Bergbohm“ veröffentlichte.

Im Zuge seiner Beschäftigung mit dem Sozialismus legte Anton Menger eine einzigartige Sammlung frühsozialistischer und kommunistischer Werke an, die er u.a. im Zuge eigener „Bücherreisen“ durch Europa erwarb. Die etwa 16.000 Bände umfassende Bibliothek hinterließ er nach seinem Tod der Universität Wien. Von dieser nur provisorisch im Staatswissenschaftlichen Institut untergebracht, wurde Mengers Privatbibliothek 1923 an die neueröffnete Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien übergeben. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland 1938 wurden die Bibliotheksbestände der Wiener Arbeiterkammer nach Deutschland gebracht, wo der Großteil nach Ende des Zweiten Weltkriegs verschollen blieb.

Für seine Verdienste wurde Anton Menger vielfach geehrt. Die Stadt Wien benannte 1919 die Mengergasse in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk) nach ihm. Im selben Jahr wurde ein Denkmal im Arkadenhof der Universität Wien – eine von Richard Kauffungen gestaltete Büste – für ihn enthüllt. Als eines von 15 Denkmälern wurde dieses nach dem „Anschluss“ 1938 auf Anweisung des Rektors Fritz Knoll entfernt und erst nach Kriegsende 1947 wieder aufgestellt.

Werke (Auswahl)

Beiträge zur Lehre von der Execution – Civilistische Praxis (Habilitationsschrift), 1872. 
Die Zulässigkeit neuen thatsächlichen Vorbringens in den höheren Instanzen. Eine civilprocessualische Abhandlung, 1873.
System des oesterreichischen Civilproceßrechts in rechtsvergleichender Darstellung, 1876.
Die Lehre von den Streitparteien im österreichischen Civilproceß, 1880.
Das Recht auf den vollen Arbeitsertrag in geschichtlicher Darstellung, 1886 (2. Auflage 1891, 4. Auflage 1910).
Gutachten über die Vorschläge zur Errichtung einer eidgenössischen Hochschule für Rechts- und Staatswissenschaft, 1889.
Das bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen. Eine Kritik des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, 1890 (4. Auflage 1908, 5. Auflage 1927)
(Julius Bergbohm), Neue Rechnungsmethoden der höheren Mathematik, 1891.
(Julius Bergbohm), Neue Integrationsmethoden auf Grund der Potenzial-, Logarithmal- und Numeralrechnung, 1892.
(Julius Bergbohm), Entwurf einer neuen Integralrechnung auf Grund der Potenzial- Logarithmal- und Numeralrechnung (2 Hefte: Heft 1, Heft 2), 1892/1893.
Über die sozialen Aufgaben der Rechtswissenschaft (Inaugurationsrede), 1895 (2. Auflage 1905).
Neue Staatslehre, 1903 (3. Auflage 1906).
Neue Sittenlehre, 1905.
Volkspolitik, 1906.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 28.03.2024 - 21:19

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