Josef Weinheber, Dr. phil. h.c.

9.3.1892 – 8.4.1945
geb. in Wien-Ottakring, Österreich gest. in Kirchstetten, Österreich

Schriftsteller

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrendoktorat Dr. phil. h.c. 1941/42 Philosophische Fakultät

Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Josef Weinhebers Involvierung in den Nationalsozialismus als „problematisch“ eingestuft. Weinheber, dessen Schriften bereits früh deutschnationale Tendenzen trugen, trat erstmals 1931 der NSDAP bei und blieb zunächst bis zu deren Verbot 1933 Mitglied. Nachdem einige österreichische Mitglieder des P.E.N.‐Clubs 1933 gegen die Verfolgung deutscher KollegInnen protestierten, trat Weinheber wie zahlreiche weitere Wiener Mitglieder aus dem Club aus. 1937 wurde er stattdessen Mitglied des nationalsozialistischen „Bunds deutscher Schriftsteller Österreichs“. Zwar wurde Weinheber während des Austrofaschismus 1936 von der Regierung Schuschnigg ehrenhalber zum Professor ernannt, erhielt jedoch im selben Jahr von der Münchner Universität im nationalsozialistischen Deutschland den Mozartpreis.

Nach dem „Anschluss“ 1938 stieg Weinheber endgültig zu einem der angesehensten Lyriker der NS‐Zeit auf und wurde durch den NS‐Staat intensiv gefördert. Er stellte seine ausgeprägte sprachkünstlerische Begabung sowie die in seinem Werk häufig gegenwärtige heroische Metaphysik in den Dienst der nationalsozialistischen Deutschtums‐Ideologie und verfasste mehrere politische Huldigungsgedichte („Hymnus auf die Heimkehr“, „Dem Führer“, „Blut und Stahl“, „Wien an den Führer“, „Ode an die Straßen Adolf Hitlers“ etc.). 1941 wurde ihm durch Joseph Goebbels der Grillparzerpreis verliehen, 1944 wurde seine Mitgliedschaft in der NSDAP (rückwirkend mit 1. Januar 1941) erneuert.

Josef Weinheber wuchs ab dem Alter von sechs Jahren in einem Mödlinger Waisenhaus aus. Nach Abbruch des Gymnasiums war er als Gelegenheitsarbeiter tätig, bis er 1911 eine Stelle als Postbediensteter in Wien erlangte. Weinheber war ab 1919 Mitarbeiter der „Muskete“ und veröffentlichte 1920 seinen ersten Gedichtband unter dem Titel „Der einsame Mensch“. Für seinen 1924 veröffentlichten Roman „Das Waisenhaus“, der von seiner Kindheit in Mödling handelt, erhielt er den Preis der Stadt Wien (1925). Ab 1932 betätigte er sich als freier Schriftsteller (Lyriker, Erzähler, Essayist). Sein heute wohl berühmtestes Werk ist der im Wiener Dialekt verfasste Gedichtband „Wien wörtlich“ (1935).

Weinheber als nationalsozialistischer Paradedichter

Weinheber, dessen Schriften bereits früh deutschnationale Tendenzen trugen, trat erstmals 1931 der NSDAP bei und blieb zunächst bis zu deren Verbot 1933 Mitglied. Nachdem einige österreichische Mitglieder des P.E.N.-Clubs 1933 gegen die Verfolgung deutscher KollegInnen protestierten, trat Weinheber wie zahlreiche weitere Wiener Mitglieder aus dem Club aus. 1937 wurde er stattdessen Mitglied des nationalsozialistischen „Bunds deutscher Schriftsteller Österreichs“. Zwar wurde Weinheber während des Austrofaschismus 1936 von der Regierung Schuschnigg ehrenhalber zum Professor ernannt, erhielt jedoch im selben Jahr von der Münchner Universität im nationalsozialistischen Deutschland den Mozartpreis.

Nach dem „Anschluss“ 1938 stieg Weinheber endgültig zu einem der angesehensten Lyriker der NS-Zeit auf und wurde durch den NS-Staat intensiv gefördert. Er stellte seine ausgeprägte sprachkünstlerische Begabung sowie die in seinem Werk häufig gegenwärtige heroische Metaphysik in den Dienst der nationalsozialistischen Deutschtums-Ideologie und verfasste mehrere politische Huldigungsgedichte ( „Hymnus auf die Heimkehr“, „Dem Führer“, „Blut und Stahl“, „Wien an den Führer“, „Ode an die Straßen Adolf Hitlers“ etc.). 1941 wurde ihm durch Joseph Goebbels der Grillparzerpreis verliehen, 1944 wurde seine Mitgliedschaft in der NSDAP (rückwirkend mit 1. Januar 1941) erneuert.

Anlässlich seines 50. Geburtstags ehrte ihn auch die Universität Wien mit einem Ehrendoktorat. Die Ehrung beruhte auf einer Initiative aus hohen Parteikreisen beruhte. Konkret war es der Gauleiter Wiens, Baldur von Schirach, der mit der Heimatliteratur Weinhebers den Wiener Lokalpatriotismus zu stärken versuchte und noch 1946 in einer Aussage als Angeklagter im Nürnberger Prozess erklärte, dass Josef Weinheber einer seiner nächsten Freunde gewesen sei. Am 15. Jänner 1942 ließ von Schirach über sein Zentralbüro dem Rektor der Universität Wien, Fritz Knoll, mitteilen:

„Im März 1942 wird der Dichter Josef Weinheber 50 Jahre alt. Weinheber ist heute, das kann wohl ohne Übertragung [sic!] gesagt werden, der grösste Lyriker der Zeit. […] Nun haben wir uns überlegt, welche Ehrung man für Weinheber durchführen könnte, da Wien ja eine würdige Form finden muss. Nun regt der Reichsleiter an, ob nicht Weinheber zu diesem Anlass der Ehrendoktor der Universität verliehen werden kann.“

Mit einem Gutachten des Germanisten Josef Nadler, eines engen Freunds Weinhebers, der die „überragenden Dienste“ Weinhebers für die deutsche Sprache hoch lobte, und im Zusammenspiel mit dem Reichswissenschaftsministerium in Berlin konnte dies binnen weniger Wochen verwirklicht werden. Am 9. März konnte Weinheber – mitsamt den feierlich überbrachten Geburtstagsglückwünschen – die Nachricht seiner Würdigung überbracht werden und am 18. März 1942 konnte der Schriftsteller im Audimax der Universität Wien feierlich und unter großer medialer und gesellschaftlicher Aufmerksamkeit geehrt werden. Weinheber war somit einer der wenigen EhrendoktorInnen der Universität Wien, der keine „hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen“ vorweisen konnte, sondern aufgrund „kultureller Leistungen“ geehrt wurde (z.B. auch die Schriftstellerin Marie Ebner-Eschenbach sowie der Musiker Anton Bruckner).

Neben dem Ehrendoktorat erhielt Weinheber 1942 auch den Ehrenring der Stadt Wien (überreicht von Gauleiter Baldur von Schirach) und die Ehrenmitgliedschaft der Akademie der Bildenden Künste Wien. 1944 wurde er dann auch noch in die sogenannte „Gottbegnadeten-Liste“ mit den wichtigsten Schriftstellern des NS-Reiches aufgenommen.

Nach Kriegsende 1945: Kritik und posthume Ehrungen

Nach Kriegsende bemühte sich die Universität Wien rasch darum, die politisch motivierte Ehrung rasch wieder loszuwerden. In einer Senatssitzung im Mai 1945 berichtete Richard Meister:

„Was nun Josef Weinheber anbelangt, so werde seine dichterische Bedeutung sehr verschieden beurteilt; übrigens verlaute gerüchteweise, dass Weinheber durch Freitod aus dem Leben geschieden sei.“

Nachdem sich dieses Gerücht rasch bestätigte – Weinheber hatte sich am 8. April 1945 angesichts des Herannahens der Roten Armee in seinem Landhaus das Leben genommen –, beschloss der Akademische Senat, der Witwe ein Kondolenzschreiben zukommen zu lassen – eine Diskussion um sein Ehrendoktorat gab es nicht mehr, da die Auszeichnung mit dem Tod erlosch.

Die Person und das Werk Josef Weinhebers wurde in der Zweiten Republik wiederholt kontrovers diskutiert. 1950 erschien der von Heinrich Zillich herausgegebene Band „Bekenntnis zu Josef Weinheber. Erinnerungen seiner Freunde“, mit Beiträgen prominenter ehemaliger NS-Autoren, die Weinheber als deutschnationale Schriftstellerikone festschrieben. 1953-1956 publizierte Josef Nadler gemeinsam mit Witwe Hedwig Weinheber eine „gesäuberte“ Gesamtausgabe der Werke Weinhebers, bei der nationalsozialistische Textpassagen sowie Gedichte ausgelassen wurden.

Trotz massiver Kritik von linker Seite, die sein gesamtes Werk meist untrennbar mit seinem politischen Engagement für den NS verbunden sah (teilweise mit Ausnahme seiner politisch unverfänglicheren Werke der Wiener Mundartdichtung), wurde Josef Weinheber posthum vielfach geehrt: Unter anderem wurde 1956 die Josef Weinheber-Gesellschaft gegründet, in Wien erfolgte 1958 die Benennung des Josef-Weinheber-Platzes und 1969 jene des Josef-Weinheber-Hofes in Wien-Ottakring. Neben zahlreichen Gedenktafeln wurde 1975 am Schillerplatz eine Büste Weinhebers aufgestellt.

Seine Person erlangte im letzten Jahrzehnt wieder größere öffentliche Aufmerksamkeit im Kontext der kritischen Untersuchung der Wiener Straßennamen, die Weinheber 2013 als „Fall mit Diskussionsbedarf“ einstufte (2015 Erläuterungstafel), sowie durch die Aktivitäten der „Plattform Geschichtspolitik“ an der Akademie der bildenden Künste, die seit 2010 wiederholt eine Entfernung bzw. Kontextualisierung des Weinheber-Denkmals am Schillerplatz in Wien forderte (2010 Petition, 2019 dauerhafte Umgestaltung). Im Frühjahr 2023 erkannte die Akademie der bildenden Künste die 1942 verliehene Ehrenmitgliedschaft Weinhebers ab, da dieser „aktiv an der NS-Herrschaft, deren ideologisches Gedankengut [er teilte] und weiter verbreitete[n], partizipierte[n]“.

Werke (Auswahl)

Der einsame Mensch, 1920.
Von beiden Ufern, 1923.
Das Waisenhaus (Roman), 1925.
Boot in der Bucht, 1926.
Adel und Untergang, 1934.
Wien wörtlich, 1935.
Vereinsamtes Herz, 1935.
Gedichte, 1935.
Späte Krone, 1936.
Deutscher Gruß aus Österreich, 1936.
O Mensch, gib acht! Ein erbauliches Kalenderbuch für Stadt- und Landleute, 1937.
Selbstbildnis. Gedichte aus zwanzig Jahren, 1937.
Zwischen Göttern und Dämonen. Vierzig Oden, 1938.
Kammermusik, 1939.
Dokumente des Herzens. Aus dem Gesamtwerk ausgewählte Gedichte, 1944.
Hier ist das Wort, 1947.
Sämtliche Werke (hg. von Josef Nadler und Hedwig Weinheber), 5 Bände, 1953-56, Neuauflage (hg. von Friedrich Jenaczek), 3 Bände, 1970-96.

> Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat S 226.0 (Weinheber, Josef - Verleihung des Ehrendoktorats).
> Wien Geschichte Wiki
> Wikipedia
​> Josef Weinheber-Gesellschaft
 

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 26.03.2024 - 22:46

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