Richard Wettstein Ritter von Westersheim, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

30.6.1863 – 10.8.1931
geb. in Wien, Österreich gest. in Trins, Tirol, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1963 Philosophische Fakultät

Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Richard Wettsteins Naheverhältnis zu Antisemitismus und Deutschnationalismus als „diskussionswürdig“ eingestuft.

Funktionen

Dekan*in Philosophische Fakultät 1909/10
Rektor Philosophische Fakultät 1913/14
Senator Philosophische Fakultät 1919/20
Senator Philosophische Fakultät 1920/21
Senator Philosophische Fakultät 1921/22
Senator Philosophische Fakultät 1922/23
Senator Philosophische Fakultät 1927/28
Senator Philosophische Fakultät 1928/29

Richard Wettstein studierte nach Absolvierung des Gymnasiums in Wien ab 1881 Naturwissenschaften und Medizin an der Universität Wien, vor allem bei den Botanikern Anton Kerner von Marilaun und Julius von Wiesner. 1884 promovierte er zum Doktor der Philosophie. Anschließend arbeitete er als Demonstrator am Botanischen Institut bzw. am Botanischen Garten unter Leitung von Kerner, wo er 1886 für Systematische Botanik habilitiert wurde und 1888 zum Assistenten und Adjunkten aufstieg. 1890 heiratete er die Tochter Kerners, Adele Kerner von Marilaun. Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor, Wolfgang Wettstein sowie die Naturwissenschafter Otto Wettstein und Fritz Wettstein.

1892 folgte Richard von Wettstein einer Berufung als ordentlicher Professor der Botanik an die Deutsche Universität in Prag. Als Direktor des Botanischen Gartens und Instituts trug er dort zur Verlegung des Botanischen Gartens in die Prager Neustadt bei.

1899 trat Wettstein schließlich die Nachfolge seines verstorbenen Schwiegervaters an, wurde Professor der Systematischen Botanik an der Universität Wien und leitete fortan bis zu seinem Tod den Botanischen Garten und das Botanische Institut. Unter seiner Direktion wurde 1903–1905 der Botanische Garten neugestaltet (Anlegung biologischer Gruppen) und auf dem Areal ein neues Institutsgebäude errichtet, das nun auch ein Botanisches Museum erhielt.

An der Universität Wien fungierte Wettstein im Studienjahr 1909/10 als Dekan der Philosophischen Fakultät, 1913/14 als Rektor und in den Jahren 1919–1923 sowie 1927–1929 als Mitglied des Akademischen Senats. Während seiner Amtszeit als Rektor beschloss die Universität kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges, ihr Hauptgebäude an der Ringstraße zur Hälfte in ein Lazarett umzubauen, um sich in den Dienst der Kriegsanstrengungen zu stellen. Als Rektor setzte sich Wettstein, der Mitglied der deutschen Burschenschaft war, auch für die Schaffung einer Chargenschule zur Ausbildung einer eigenen akademischen Legion an der Universität Wien ein, die jedoch 1915 wieder aufgelöst wurde. Als Mitglied der 1919 gegründeten österreichisch-deutschen Arbeitsgemeinschaft engagierte sich Wettstein nach dem Ersten Weltkrieg für die Propagierung des Anschlusses Österreichs an Deutschland. Er wurde auch Mitglied des deutschnational und antisemitisch ausgerichteten Deutschen Klubs.

In seinen Forschungen beschäftigte sich Richard Wettstein vor allem mit Pflanzensystematik und begründete eine eigene stammesgeschichtliche Systematik der Pflanzen, die er u. a. in seinem zweibändigen Hauptwerk „Handbuch der systematischen Botanik“ (1901–1908) veröffentlichte. Auf ihn geht auch die Theorie der Pseudanthien (Scheinblüten) zurück. Nach ihm wurden die Pflanzengattungen Wettsteinia Petrak und Wettsteiniola Suesseng benannt.

Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde Wettstein vielfach geehrt: Der Akademie der Wissenschaften in Wien gehörte er seit 1900 als wirkliches Mitglied an, unternahm 1901 in deren Auftrag eine botanische Forschungsreise nach Südbrasilien (sowie 1929/30 mit seinem Sohn Friedrich Wettstein nach Süd- und Ostafrika) und wurde 1919 deren Vizepräsident. Bereits 1901 amtierte er als Präsident der Wiener Zoologisch-Botanischen Gesellschaft. Zudem gehörte er zahlreichen namhaften ausländischen Gesellschaften an, wie der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1894), der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (1908 Vorsitzender), der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (seit 1914), der American Academy of Arts and Sciences (seit 1927), der Göttinger Akademie der Wissenschaften (seit 1928), der Russischen Akademie der Wissenschaften (seit 1924, ab 1927 Ehrenmitglied) sowie dem Senat der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (1930–1931). 1911 wurde Wettstein zum Hofrat, 1917 zum Mitglied des Herrenhauses im österreichischen Reichsrat und 1930 zum Bürger der Stadt Wien ernannt.

Richard von Wettstein starb 1931 auf dem Sommersitz der Familie in der „Villa Marilaun“ in Trins/Tirol. Bei der Einweihung seines Ehrengrabes auf dem Wiener Zentralfriedhof, die ein Jahr später am 30. Juni 1932 erfolgte, kam es zu einem Schussattentat auf den neugewählten Rektor und offiziellen Vertreter der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft, Othenio Abel, der jedoch unverletzt blieb.

In Erinnerung an Richard Wettstein wurden 1930 ein Park in Wien-Leopoldstadt (Wettsteinpark) und 1942 eine Gasse in Wien-Floridsdorf (Wettsteingasse) nach ihm benannt. Die ab dem Jahr 1962 ausgegebene 50-Schilling-Banknote trug sein Bild. Im Arkadenhof der Universität Wien wurde 1963 ein von Hans Bitterlich gestaltetes Denkmal für Richard Wettstein enthüllt.

Werke (Auswahl)

Grundzüge der geographisch-morphologischen Methode der Pflanzensystematik, 1898.
Botanik und Zoologie in Österreich 1850-1900, 1901.
Handbuch der systematischen Botanik, 2 Bände, 1901–1908 (4. Auflage 1933/1935).
Der Neo-Lamarckismus und seine Beziehungen zum Darwinismus, 1903.
Ergebnisse der Botanischen Expedition der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften nach Südbrasilien 1901, 1908.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 25.08.2023 - 14:14

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