Sibylle Bolla-Kotek, o. Univ.-Prof. Dr. jur.

8.6.1913 – 22.2.1969
geb. in Pozsony, Slowakei gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Tor der Erinnerung Bolla-Kotek-Tor 1998/99

Sibylle Bolla studierte an der Deutschen Karls-Universität Prag Rechtswissenschaften und wurde 1935 zum Doktor der Rechte promoviert. Vom Prager Romanisten Egon Weiß wurde sie für die wissenschaftliche Laufbahn gewonnen, und bereits 1938 konnte sie sich in Prag für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte habilitieren. Ihre Habilitationsschrift hatte sie in Wien vollendet, wo der Romanist Leopold Wenger sie mit den neuerschlossenen Quellen der Papyri und keilschriftlichen Urkunden vertraut machte. In den folgenden Jahren vertiefte Sibylle Bolla ihre papyrologischen und keilschriftlichen Studien und verfasste das bahnbrechende Werk "Untersuchungen zur Tiermiete und Viehpacht".

Die nationalsozialistische Hochschulpolitik war der Universitätslaufbahn von Frauen nicht förderlich, so daß Sibylle Bolla sich zunächst mit der Verleihung der "Amtsbezeichnung eines außerplanmäßigen Professors" (1944) begnügen mußte. 1945 floh sie nach Österreich und gelangte nach einem Aufenthalt in Tirol, wo die Familie ihrer Schwester wohnte, nach Wien.

1947 wurde ihr an der Juridischen Fakultät die Venia legendi verliehen, zwei Jahre später folgte die Ernennung zur außerordentlichen Professorin für Römisches und Bürgerliches Recht. Sie war somit die erste Rechtsprofessorin in Österreich, und seit 1958, als sie zur ordentlichen Professorin ernannt wurde, die erste Frau, der ein juristischer Lehrstuhl übertragen wurde. Ihrem Lehrauftrag entsprechend erweiterte sie ihr Forschungsgebiet auf moderne Rechtsbereiche und aktuelle Themen. So veröffentlichte sie u. a. Arbeiten zum römischen und bürgerlichen Erbrecht, zum österreichischen Privatrecht und zum Arbeitsrecht. Sie wurde auch als Vortragende und Gutachterin zu arbeitsrechtlichen Fragen herangezogen und im Jahr 1968 zur Beisitzerin im Kartellobergericht bestellt. Ihr wissenschaftliches Interesse für rechtshistorische Themen erlosch daneben jedoch nicht, was mit zahlreichen Veröffentlichungen belegt werden kann. Darüber hinaus besaß Sibylle Bolla-Kotek einen ausgezeichneten Ruf als Rechtslehrerin, die Generationen von angehenden Juristen durch rhetorische Begabung und prägnante Darstellung juristischer Institutionen in ihren Bann zog.

Eines der "Tore der Erinnerung" am Campus der Universität Wien ist nach Sibylle Bolla-Kotek benannt (Bolla-Kotek-Tor, Durchgang zwischen Rotenhausgasse - Hof 8).

Thomas Maisel

Zuletzt aktualisiert am 02.09.2021 - 16:07

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