Josef Späth, o. Univ.-Prof. Dr. med.
Funktionen
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1864/65 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1869/70 |
Rektor | Medizinische Fakultät | 1872/73 |
Senator | Medizinische Fakultät | 1875/76 (Stellvertreter) |
- Medizin
- Gynäkologie
- Geburtshilfe
- Medizinische Fakultät
Josef Späth (Spaeth), Sohn eines Amtsdieners beim Bozener Stadtmagistrat, absolvierte das Gymnasium in Bozen sowie die philosophischen Jahrgänge in Innsbruck und nahm 1843 zunächst ein Studium der Theologie in Brixen auf. Bereits im Folgejahr zog er jedoch nach Wien, um mit staatlicher Unterstützung an der hiesigen Universität Medizin zu studieren. Während der Revolution 1848 gehörte er als Offizier der Akademischen Legion an. 1849 wurde er zum Doktor der Medizin promoviert und unmittelbar danach zum Assistenten an der Abteilung für Frauenkrankheiten im Allgemeinen Krankenhaus unter Johann Baptist Chiari ernannt. Wenig später erfolgte seine Graduierung zum Magister der Geburtshilfe (1850) und zum Doktor der Chirurgie (1851).
1850 wechselte Späth an die von Franz Anton Bartsch geleitete Hebammenklinik des Allgemeinen Krankenhauses, wo er vier Jahre lang als Assistent tätig war. Im Sommersemester 1853 supplierte er parallel die Lehrkanzel für Geburtshilfe an der Chirurgenschule in Salzburg. 1854 wurde Joseph Späth schließlich für theoretische Geburtshilfe an der Universität Wien habilitiert. Nach dem plötzlichen Tod seines Lehrers Chiari fungierte Späth als dessen Supplent am geburtshilflichen Lehrstuhl an der medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie (Josephinum) sowie an der erst kurz zuvor neu errichteten geburtshilflichen-gynäkologischen Klinik im Garnisonsspital. Erst 1956 erfolgte seine offizielle Ernennung zum ordentlichen Professor für Geburtshilfe, Frauen- und Kinderkrankheiten am Josephinum. 1861 wechselte Joseph Späth schließlich als außerordentlicher Professor für Geburtshilfe an die Universität Wien und wurde als Nachfolger von Bartsch Vorstand der Hebammenklinik im AKH Wien.
Joseph Späth galt als eine der Koryphäen der Wiener Medizinischen Schule des 19. Jahrhunderts. Bereits 1855 hatte er gemeinsam mit dem kurz zuvor verstorbenen Johann Baptist Chiari und Karl Braun ein Werk über die „Klinik der Geburtshülfe und Gynäkologie“ veröffentlicht. Zwei Jahre später folgte ein „Compendium der Geburtshülfe für Studirende“ sowie 1869 ein „Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen“. Seine wichtigsten frühen Forschungen betrafen den Übertritt von Medikamenten aus dem unmittelbaren Kreislauf in die Muttermilch und über die Plazenta in den kindlichen Kreislauf (1859).
Den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Ignaz Philipp Semmelweis, der 1847 das Kindbettfieber als eine von außen übertragene septische Wundinfektion identifiziert hatte und Hygienemaßnahmen für Ärzte und Studenten eingeführt hatte, stand Späth zunächst skeptisch bis ablehnend gegenüber. In zwei systematischen Studien „Ueber die Sanitätsverhältnisse der Wöchnerinen an der Geburtsklinik für Hebammen in Wien“ (1863) und „Statistische und historische Rückblicke auf die Vorkommnisse des Wiener Gebärhauses während“ (1864) befasste er sich jedoch intensiv mit den dortigen Zahlen der Puerperalerkrankungen und wurde letztendlich zu einem Befürworter und Verteidiger von Semmelweisʼ Infektionstheorie.
An der Universität Wien fungierte Joseph Späth in den Studienjahren 1864/65 sowie 1869/70 als Dekan des Professorenkollegiums der Medizinischen Fakultät und 1872/73 als Rektor. In seiner aufsehenerregenden Inaugurationsrede „Das Studium der Medicin und die Frauen“ sprach er sich entschieden gegen das an der Universität Zürich schon seit 1864 gestattete Medizinstudium von Frauen aus. Zwar plädierte Späth für eine angemessene soziale Stellung und Würde der Frauen in der Gesellschaft, es fehle ihnen jedoch an der Befähigung für universitäre Studien sowie Berufe mit wissenschaftlicher Ausbildung. Das „Naturgesetz“ reduziere die Pflichten und geistigen Anlagen der Frau und damit ihre gesellschaftliche Rolle auf die Familie, womit der Beruf der Ärztin unvereinbar sei. Im Studienjahr 1875/76 fungierte er stellvertretend für den beurlaubten Johann Freiherr von Dumreicher als Senator der Medizinischen Fakultät.
Mit der neuen medizinischen Rigorosenordnung von 1872, die noch kurz vor seiner Amtszeit als Rektor erlassen worden war, war die Gynäkologie und Geburtshilfe zum Pflichtfach für alle Medizinstudenten erhoben worden. Zur praktischen Aus- und Weiterbildung der Studenten und Ärzte wurde in der Folge 1873 die zweite geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik neu gegründet, deren Leitung Späth übernahm. Zeitgleich erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Professor. Er galt als beliebter Lehrer, von 1876 bis 1881 war etwa sein Schüler Friedrich Schauta als sein Assistent tätig. 1877 führte Joseph Späth erstmals im deutschsprachigen Raum erfolgreich einen Kaiserschnitt mit gleichzeitiger Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie-Sektio) durch. Die Leitung der Klinik legte er 1886 nieder, nachdem er infolge einer Infektion über Jahre fast vollständig erblindete und kaum noch sprechen konnte.
Für seine Verdienste wurde er vielfach ausgezeichnet. Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit hatte Späth zwischen 1870 und 1880 dem Niederösterreichischen Landessanitätsrat (ab 1874 als dessen Vorstand) und 1881 bis 1886 dem Obersten Sanitätsrat angehört. Zudem war er Mitglied der der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien, der finnländischen ärztlichen Gesellschaft in Helsingfors, der Gesellschaften für Geburtshilfe in Berlin und Leipzig, der gynäkologischen Gesellschaft in Boston und dem Verein badischer Ärzte für Staatsarzneikunde. Er wurde mit dem Titel eines Hofrats sowie den Ordens der Eisernen Krone III. Klasse geehrt.
57 Jahre nach seinem Tod wurde 1953 die Späthgasse in Wien-Donaustadt (22. Bezirk) nach ihm benannt.
Werke (Auswahl)
gem. mit Johann Baptist Chiari und Karl Braun: Klinik der Geburtshülfe und Gynäkologie, 1855.
Compendium der Geburtshülfe für Studirende, 1857.
Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen, 1869 (4. Auflage 1886).
Das Studium der Medicin und die Frauen (Inaugurationsrede), 1872.
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Zuletzt aktualisiert am 26.03.2024 - 22:30
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