Johann Ritter von Oppolzer, o. Univ.-Prof. Dr. med.

4.8.1808 – 16.4.1871
geb. in Gratzen, Böhmen | Nové Hrady, Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1890 Medizinische Fakultät

Funktionen

Rektor Medizinische Fakultät 1860/61

Johann Oppolzer, Sohn des Wirtschaftsbeamten Thomas Oppolzer, besuchte das Gymnasium in Prag, ehe er an der Prager Karls-Universität Medizin studierte. Seine Ausbildung musste er sich aufgrund des frühen Todes seiner Eltern als Nachhilfelehrer selbst finanzieren. Mit der Dissertation „De febri nervosa intestinali, vulgo typho abdominali“ wurde er 1835 zum Doktor der Medizin promoviert. Bereits vor seinem Studienabschluss wurde Oppolzer zum Assistenten – zunächst an der chirurgischen Universitätsklinik des Allgemeinen Krankenhauses Prag bei Professor Ignác František Fritz, dann an der medizinischen Universitätsklinik bei seinem Lehrer Julius Vincenz von Krombholz – ernannt. Diese Funktion übte er bis zu seiner Habilitation im Jahr 1839 aus. Anschließend eröffnete er eine private Praxis in Prag und erwarb sich rasch einen Ruf als einer der besten Ärzte der Stadt. Bereits 1841 folgte Johann Oppolzer seinem Lehrer Krombholz als ordentlicher Professor und Primararzt an der medizinischen Universitätsklinik Prag nach.

Aufgrund seines ausgezeichneten Rufes auch als klinischer Lehrer wurde Oppolzer 1848 als Professor an die Universität Leipzig berufen, wo er gleichzeitig zum Leiter des Jakobs-Hospitals ernannt wurde. In seiner Antrittsvorlesung „Über den gegenwärtigen Standpunkt der Pathologie und Therapie“, die er am 30. Oktober 1848 hielt, trat er gegen die symptomatische Pathologie auf, die vor allem durch die Wiener Medizinische Schule vertreten wurde. Demgegenüber ging es ihm um eine ganzheitliche Therapie im Sinne der physiologischen Heilkunde, die das „Heilen [als] das letzte Ziel aller ärztlichen Forschungen“ sowie den kranken Menschen, nicht die Erforschung der Krankheiten an sich in den Mittelpunkt stellte. Schwerpunkte legte er auf Präventivmedizin, die Früherkennung von Symptomen und deren Behandlung sowie die Besserung des Allgemeinzustandes der PatientInnen. Neben diätischen Maßnahmen setzte Oppolzer auch die Elektrotherapie, die Balneologie sowie neueste Erkenntnisse der Physiologie, Pathologie, Chemie und Mikrobiologie für die klinische Behandlung ein. Auch in seiner Lehre machte sich dieser Zugang bemerkbar, legte Oppolzer doch großen Wert auf die praktisch orientierte Lehre am Krankenbett.

1850 wurde Johann Oppolzer von Unterrichtsminister Leo Graf Thun-Hohenstein als ordentlicher Professor an die Universität Wien berufen, wo er die Leitung der neugegründeten II. Medizinischen Universitätsklinik im Allgemeinen Krankenhaus übernahm. Als offener Kritiker des „therapeutischen Nihilismus“ der Wiener Medizinischen Schule standen seine neuen Wiener Kollegen (u. a. Joseph Skoda, Carl von Rokitansky und Joseph Hyrtl) ihm zunächst skeptisch bis ablehnend gegenüber. Er gehörte aber bald zu den beliebtesten Lehrern der Medizinischen Fakultät und prägte mit seinem Zugang die „Zweite Wiener Medizinische Schule“ wesentlich mit. Während seiner 21-jährigen Lehrtätigkeit zählten Eduard Albert, Heinrich Bamberger, Moriz Benedikt, Josef Breuer, Rudolf Chrobak, Viktor Ebner-Rofenstein, Adam Politzer, Johann Schnitzler, Josef Seegen und Wilhelm Winternitz zu seinen Schülern. Im Studienjahr 1860/61 wurde Oppolzer zudem zum Rektor der Universität Wien gewählt.

Neben seiner universitären Tätigkeit war Johann Oppolzer auch als Arzt international anerkannt und gefragt. So wurde er etwa zu Konsultationen nach Deutschland, in die Schweiz, nach Frankreich und Russland berufen, wo er u. a. die Mitglieder des russischen Kaiserhauses untersuchte. Aufgrund der von ihm häufig verordneten Badekuren erlebten die Badekurorte der österreichisch-ungarischen Monarchie einen immensen Aufschwung.

Demgegenüber trat Oppolzer kaum mit wissenschaftlichen Publikationen hervor. Neben seiner Dissertation veröffentlichte er nur einige Beiträge in medizinischen Fachzeitschriften. Sein Schüler und Schwiegersohn Emil Ritter von Stoffela veröffentlichte Oppolzers „Vorlesungen über specielle Pathologie und Therapie“.

Für seine Verdienste wurde Johann Oppolzer bereits zu Lebzeiten vielfach geehrt: So war er Mitglied zahlreicher gelehrter Gesellschaften, u. a. seit 1858 der Leopoldina. Bereits während seines Wirkens in Leipzig ernannte der König von Sachsen ihn zum Hofrat, 1859 folgte die Verleihung des Nordstern-Ordens durch Karl XV., König von Schweden. 1869 wurde Oppolzer mit dem Ritterkreuz des Leopold-Ordens ausgezeichnet und gleichzeitig in den Adelsstand (Ritter von Oppolzer) erhoben.

Johann Ritter von Oppolzer, der sich während seiner ärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus mit Typhus infizierte und an dieser Krankheit starb, wurde in der Familiengruft in den „Alten Arkaden“ auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.

1874 wurde die Oppolzergasse in Wien-Innere Stadt (1. Bezirk) nach ihm benannt. Zudem trägt das Haus in der Alser Straße 25 im 8. Wiener Gemeindebezirk, das er 1854 erwarb und 1856 bis zu seinem Tod 1871 bewohnte, seinen Namen (Oppolzerhaus). Im Arkadenhof der Universität Wien wurde ihm und seinem Sohn Theodor von Oppolzer zu Ehren 1890 ein Doppeldenkmal enthüllt (gestaltet von Viktor Tilgner, finanziert durch Frau Cölestine Oppolzer). Zudem erinnern in Wien Porträtmedaillons an der Fassade der Allgemeinen Poliklinik (9., Mariannengasse 10) sowie am Krankenhaus Lainz (Klinik Hietzing) an Johann Oppolzer.

Werke (Auswahl)

Observationes de febri nervosa intestinali anno 1834 Pragae epidemica in noscomio generali observata (Dissertation), 1835.
Erfahrungen über die Kehlkopfverengung (In: Prager Vierteljahresschrift), 1844.
Beobachtungen über das Medullarsarcom der Leber (In: Prager Vierteljahresschrift), 1845.
Über bewegliche Nieren (In: Prager Vierteljahresschrift), 1846.
Beiträge zur Pathologie der angeborenen Verengung der Aorta (In: Prager Vierteljahresschrift), 1848.
Die Krankheiten der Speiseröhre (In: Wiener Medizinische Wochenschrift), 1851.
Pathologie und Therapie der epidermalen Cholera (In: Wiener Medizinische Wochenschrift), 1855.
Zur Diagnose und Therapie der Magenkrankheiten (In: Zeitschrift der Wiener Ärzte), 1857.
Vorlesungen über specielle Pathologie und Therapie (2 Bände, hg. von Emil Ritter von Stoffela), 1866/1872 (daraus als Sonderdrucke erschienen: Vorlesungen über die Krankheiten des Herzens und der Gefäße, 1867; Über die Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen, des Rachens und der Speiseröhre, 1872).

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 03.04.2024 - 21:36

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