Johann Rudolf Kutschker, Univ.-Prof. Dr. theol.

11.4.1810 – 27.1.1881
geb. in Klein-Wiese, Österreichisch Schlesien | Loučky-Krnov, Tschechische Republik gest. in Erzbischöfliches Palais in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrentafel-Fakultät 1893 Katholisch-Theologische Fakultät

Die Ehrentafeln der Fakultäten in den Seitenaulen des Hauptgebäudes der Universität Wien wurden am 24. Mai 1893 enthüllt. Zu diesem Zeitpunkt umfasste die Ehrentafel der Theologischen Fakultät eine Liste von 31 Namen von berühmten Schülern der Universität Wien, darunter jenen von Johann Rudolf Kutschker. Die Liste war für die Fakultät von Prof. Laurenz Müllner bzw. im Auftrag des Senats von Universitätsarchivar Karl Schrauf zusammengestellt worden.

Funktionen

Rektor 1858/59
Universitätskanzler 1862–1875

Johann Baptist Rudolf Kutschker, Sohn eines Webers, besuchte das Gymnasium in Troppau (Opava) sowie ab 1826 das Lyceum in Olmütz (Olomouc). Ab 1828 widmete er sich seinen Studien an der Theologischen Fakultät der Universität Wien und trat als Zögling in das höhere Priesterbildungs-Institut zum heiligen Augustin (Frinteaneum) ein. Er wurde 1833 zum Priester geweiht und promovierte 1834 zum Doktor der Theologie.

1835 wurde Kutschker als Professor der Moraltheologie an die Universität Olmütz berufen. In den 17 Jahren seiner Lehrtätigkeit an jener Hochschule wurde er 1837 zum Dekan der Theologischen Fakultät sowie 1843/44 zum Rektor der Universität gewählt. Daneben wurde er 1836 zum Consistorialrat ernannt und übernahm die Funktion eines Sekretärs des Fürsterzbischofs Max Josef von Sommerau-Beckh. 1842 vom Kaiser zum k. k. Hofcaplan ernannt, übte Kutschker ab 1843 das Amt des Kanzlers (Vorstand der erzbischöflichen Kanzlei) aus. Zudem übernahm er die Schuloberaufsicht der Erzdiözese Olmütz. 1849 beriet er den Erzbischof bei der Bischofskonferenz in Wien.

Von 1852 bis 1862 war Johann Rudolf Kutschker Hof- und Burgpfarrer sowie Vorsteher des höheren Priesterbildungsinstitutes zum heiligen Augustin („Frinteaneum“) in Wien. Seiner Ernennung zum Infulierten Abt von Pagrany (1853) folgte 1854 die Berufung als Sektionsrat in das Ministerium für Kultus und Unterricht, wo er 1857 bis 1876 als Ministerialrat tätig war. Kutschker hatte als Kirchenrechtler und enger Mitarbeiter des Wiener Erzbischofs Johann Othmar von Rauscher wesentlichen Einfluss auf die Entstehung des Konkordats von 1855. Später wirkte er an der liberalen kirchenpolitischen Gesetzgebung mit. Mit der Umwandlung der Konsistorialkurrenden in das Diözesanblatt begründete er 1863 das Publikationsorgan der Erzdiözese.

Johann Rudolf Kutschker, der auch an der Theologischen Fakultät der Universität Wien lehrte, wurde im Studienjahr 1858/59 zum Rektor der Universität gewählt. 1859 zum päpstlichen Hausprälaten ernannt, übernahm er 1862 als Nachfolger des verstorbenen Franz Xaver Zenner das Amt des Dompropsts von St. Stephan und damit auch jenes des Kanzlers der Universität Wien. Zugleich erfolgte die Ernennung zum Generalvikar und Weihbischof in Wien, zum Titularbischof von Carrhae sowie zum päpstlichen Thronassistenten. Als Kanzler der Universität trat er 1863 gegen die Inkorporierung der 1850 zur theologischen Fakultät erhobenen protestantisch-theologischen Lehranstalt ein.

In seinen wissenschaftlichen Publikationen befasste sich Kutschker vorrangig mit Liturgie sowie Kirchenrecht, besonders mit dem katholischen Eherecht, und legte umfangreiche Quellensammlungen vor.

Nach dem Tod des Wiener Erzbischofs Rauscher übernahm Kutschker 1876 dessen Nachfolge und wurde im Folgejahr zum Kardinal ernannt (Titelkirche Sant’Eusebio). Kutschker trat für ein harmonisches Verhältnis von Staat und Kirche sowie für kirchenpolitischen Frieden ein. Er sympatisierte politisch mit der liberalen Verfassungspartei, vertrat jedoch eine gemäßigte Haltung zwischen Konservativen und Liberalen.
An der Theologischen Fakultät der Universität Wien unterstützte Kutschker Karl Werner bei dessen Bestreben, Vorlesungen zur philosophisch-theologischen Propädeutik durch dessen Schüler Laurenz Müllner einzuführen. Gegen den Widerstand des Professorenkollegiums, das den Rücktritt Müllners forderte, wurde dieser 1883 mit Kutschkers Rückendeckung zum außerordentlichen Professor der christlichen Philosophie ernannt.

Für seine Verdienste wurde Kutschker vielfach geehrt: Neben den bereits genannten kirchlichen Ämtern und Würden wurde er 1843 zum Ehrendomherrn des Kollegienstiftes zu Kremsier ernannt. Er war Mitglied der Theologischen Fakultät der Prager Universität sowie ab 1852 Ehrenbürger der Stadt Olmütz. 1864 zeichnete der Kaiser ihn mit dem Großkreuz des Leopold-Ordens aus.
Die Universität Wien ehrte Johann Baptist Rudolf Kutschker, der in der Bischofsgruft des Wiener Stephansdomes bestattet wurde, 1893 posthum mit der Eintragung auf der Ehrentafel der Theologischen Fakultät. 1894 benannte die Stadt Wien die Kutschkergasse in Wien-Währing (18. Bezirk) nach ihm.

Werke (Auswahl)

Die gemischten Ehen vom katholisch-kirchlichen Standpunkte betrachtet, 1838 (3. Auflage 1842).
Die heiligen Gebräuche der katholischen Kirche von Septuagesimä bis Ostern (2 Bände) 1842/43.
Sammlung der Vorschriften, nach welchen sich die Curatsgeistlichkeit bezüglich der Verkündigung des Wortes Gottes, der Spendung der heiligen Sakramente, der seelsorglichen Geschäftsführung, dann ihres klerikalen Wandels zu richten hat (4 Bände), 1847–1850.
Die Lehre vom Schadenersatze oder von der Restitution nach dem Vorgange der Theologen mit Rücksicht auf die kirchliche und staatliche Gesetzgebung, 1851.
Das Eherecht der katholischen Kirche nach seiner Theorie und Praxis. Mit besonderer Berücksichtigung der in Oesterreich zu Recht bestehenden Gesetze (5 Bände), 1856–1859.
Erklärung des Kanzlers der Universität Wien über die Bitte der protestantisch-theologischen Fakultät um Einverleibung in die genannte Hochschule, abgegeben in der Sitzung des venerablen Consistoriums, 12.5.1863.
Gesetzliche Bestimmungen über die Errichtung, Verwaltung und Verwendung der Religionsfonde der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, 1871.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 22.02.2024 - 20:49

Druckversion