Hans Molisch, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

6.12.1856 – 8.12.1937
geb. in Brünn, Mähren | Brno, Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1950 Philosophische Fakultät
Ehrentafel-Fakultät 1966~ Philosophische Fakultät

Die Ehrungen werden 2022/23 als „diskussionswürdig“ eingestuft, da Hans Molisch an der Universität Wien als Förderer des Antisemitismus und Deutschnationalismus wirkte. Hans Molisch positionierte sich während seiner Amtszeit als Rektor 1926/27 politisch als kämpferischer Deutschnationaler: So plädierte er bereits in seiner Inaugurationsrede für ein geeintes „Deutsch‐Österreich“, war Mitglied im Deutschen Klub und tat sich in den folgenden Monaten wiederholt als offener Unterstützer der „Hakenkreuzler“ hervor. Er förderte die Radikalisierung des deutschnationalen und antisemitischen Klimas unter den Studierenden sowie die gewalttätigen Ausschreitungen gegen jüdische und politisch andersdenkende Studierende an der Universität, u.a. am Anatomischen Institut unter Julius Tandler. Während er den Tätern gegenüber nachsichtig auftrat, verurteilte er scharf die Order des Wiener Bürgermeisters, die Polizei gegen die Ausschreitungen an der Universität einschreiten zu lassen.

Im Jänner 1927 erfolgte in seinem Beisein die Eröffnung einer Schießstätte im Keller des Universitätshauptgebäudes, die dem Amt für Leibesübungen der – antisemitischen und deutschnationalen – Deutschen Studentenschaft unterstand und daher als „Hakenkreuzlerschießstätte“ verschrien war.

Nach dem Urteil von Schattendorf hinderte das Rektorat am 15. Juli 1927 DemonstrantInnen daran, die Universität zu stürmen. Die Demonstrationen, die in weiterer Folge in den Justizpalastbrand mündeten, endeten in Schüssen der Polizei auf die Demonstrierenden (84 Todesopfer). Als Rektor forderte Molisch später die Lehrenden der Universität Wien zu Geldspenden für die Opfer auf Seiten der Polizei auf und diffamierte die sozialdemokratischen DemonstrantInnen als „Pöbelmassen“ und „Mob“.

Funktionen

Dekan*in Philosophische Fakultät 1921/22
Rektor Philosophische Fakultät 1926/27

Johannes Molisch, Sohn des gleichnamigen Gärtnereibesitzers, studierte nach der Matura am Gymnasium in Brünn ab 1875 Naturwissenschaften an der Universität Wien, u. a. bei dem Botaniker Anton Kerner von Marilaun, dem Pflanzenphysiologen Julius von Wiesner, dem Physiker Ludwig Boltzmann und dem Chemiker Ernst Ludwig. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1879 arbeitete Molisch als Assistent Wiesners am Pflanzenphysiologischen Institut und wurde 1885 für Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Universität Wien habilitiert.

Hans Molisch wurde 1889 außerordentlicher Professor für Botanik und Technische Mikroskopie an der Technischen Hochschule Graz und arbeitete daneben als Kustos an der Botanischen Abteilung des Steiermärkischen Landesmuseums Joanneum. Ab 1894 wirkte er als Ordinarius an der deutschen Universität in Prag (1897 Forschungsreise nach Java, 1903/04 Dekan der Philosophischen Fakultät), bis er 1909 als Nachfolger Wiesners zum ordentlichen Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen an die Universität Wien berufen wurde. Bis zu seiner Emeritierung 1928 leitete er hier auch das Pflanzenphysiologische Institut.

In seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten betrachtete Molisch sowohl die Anatomie, als auch die Physiologie und Mikrobiologie der Pflanzen und verfasste u. a. die Lehrbücher „Mikrochemie der Pflanze“ (1913), „Pflanzenphysiologie als Theorie der Gärtnerei“ (1916) und „Anatomie der Pflanze“ (1920). Er entwickelte früh die nach ihm benannte „Molisch-Probe“ als allgemeinen Kohlenhydratnachweis. Neben Beiträgen zur botanischen Zellforschung sowie angewandten Pflanzenanatomie war er ein Pionier der mikrochemischen Untersuchungen an Pflanzen. Im Bereich der Mikrobiologie befasste er sich vor allem mit Eisen-, Schwefel-, Purpur-, Kalk- und Leuchtbakterien.

An der Universität Wien fungierte Hans Molisch im Studienjahr 1921/22 als Dekan der Philosophischen Fakultät und wurde 1926/27 zum Rektor gewählt. Als Rektor war er der wichtigste Fürsprecher, um Marianne Hainisch anlässlich des 30. Jubiläums der Zulassung der Frauen zum Hochschulstudium das Ehrenzeichen der Universität Wien zu verleihen.
Davon abgesehen positionierte sich Molisch während seiner Amtszeit als Rektor jedoch politisch als kämpferischer Deutschnationaler: So plädierte er bereits in seiner Inaugurationsrede für ein geeintes „Deutsch-Österreich“, war Mitglied im Deutschen Klub und tat sich in den folgenden Monaten wiederholt als offener Unterstützer der „Hakenkreuzler“ hervor. Er förderte die Radikalisierung des deutschnationalen und antisemitischen Klimas unter den Studierenden sowie die gewalttätigen Ausschreitungen gegen jüdische und politisch andersdenkende Studierende an der Universität, u.a. am Anatomischen Institut unter Julius Tandler. Während er den Tätern gegenüber nachsichtig auftrat, verurteilte er scharf die Order des Wiener Bürgermeisters, die Polizei gegen die Ausschreitungen an der Universität einschreiten zu lassen.
Im Jänner 1927 erfolgte in seinem Beisein die Eröffnung einer Schießstätte im Keller des Universitätshauptgebäudes, die dem Amt für Leibesübungen der – antisemitischen und deutschnationalen – Deutschen Studentenschaft unterstand und daher als „Hakenkreuzlerschießstätte“ verschrien war.
Nach dem Urteil von Schattendorf hinderte das Rektorat am 15. Juli 1927 DemonstrantInnen daran, die Universität zu stürmen. Die Demonstrationen, die in weiterer Folge in den Justizpalastbrand mündeten, endeten in Schüssen der Polizei auf die Demonstrierenden (84 Todesopfer). Als Rektor forderte Molisch später die Lehrenden der Universität Wien zu Geldspenden für die Opfer auf Seiten der Polizei auf und diffamierte die sozialdemokratischen DemonstrantInnen als „Pöbelmassen“ und „Mob“.

Nach seiner Emeritierung 1928 blieb Molisch weiterhin auf internationaler Ebene wissenschaftlich aktiv. Bereits 1922 bis 1925 hatte er auf Einladung der japanischen Regierung an der Universität Tōhoku in Sendai gewirkt, um dort gemeinsam mit Hatai Shinkishi am Biologischen Institut eine Botanische Abteilung einzurichten und zu leiten. 1928 reiste er nun nach Indien, um am Bose-Institut in Kalkutta Vorträge über Pflanzenphysiologie und Pflanzenanatomie zu halten und Forschungen in den Vorbergen des Himalaya zu betreiben. Seine wissenschaftlichen Forschungen und Reiseeindrücke in Japan und Indien verschriftlichte er in mehreren Publikationen. Noch im Jahr seines Todes (1937) legte er ein grundlegendes Werk zur biochemischen Wechselwirkung zwischen Pflanzen („Allelopathie“) vor.

Hans Molisch wurde für sein wissenschaftliches Werk vielfach geehrt. So gehörte er der Akademie der Wissenschaften in Wien seit 1894 als korrespondierendes und seit 1908 als wirkliches Mitglied an (1931–37 Vizepräsident). Er fungierte als Obmann der Kurie der Biologischen Versuchsanstalt und war Ehrenpräsident der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft. Darüber hinaus war er korrespondierendes Mitglied der Akademien in Berlin, München, der Akademie der Deutschen Naturforscher (Leopoldina) in Halle sowie Ehrenmitglied der Akademie in Tokio und gehörte er zahlreichen Fachgesellschaften in den USA, Europa, Indien und Japan an. Die Universität Graz, die Technischen Hochschulen von Graz, Brünn und Darmstadt sowie die Hochschule für Bodenkultur in Wien verliehen ihm das Ehrendoktorat.
Nach seinem Tod wurde Hans Molisch in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof bestattet. 1950 wurde im Arkadenhof der Universität Wien ein Denkmal für Molisch errichtet (Kopie einer Büste von Franz Seifert aus dem Pflanzenphysiologischen Institut) und 1965 wurde sein Name auf die Ehrentafel der Philosophischen Fakultät eingetragen. 1952 wurde die Molischgasse in Wien-Penzing nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

Grundriß einer Histochemie der pflanzlichen Genußmittel, 1891.
Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen, 1892.
Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen, 1897.
Studien über den Milchsaft und Schleimsaft der Pflanzen​, 1901.
Leuchtende Pflanzen, 1904 (2. Auflage 1912).
Die Purpurbakterien nach neuen Untersuchungen, 1907.
Die Eisenbakterien, 1910.
Mikrochemie der Pflanzen, 1913 (3. Auflage 1923).
Pflanzenphysiologie als Theorie der Gärtnerei, 1916 (6. Auflage 1930).
Anatomie der Pflanze, 1920 (8. Auflage 1965).
Pflanzenphysiologie, 1921.
Pflanzenphysiologie in Japan, 1926.
Deutsche Kulturarbeit in Japan (Inaugurationsrede), 1926.
Im Lande der aufgehenden Sonne, 1927.
Die Lebensdauer der Pflanze, 1930.
Als Naturforscher in Indien, 1930.
Botanische Versuche ohne Apparate, 1931.
Pflanzenchemie und Pflanzenverwandtschaft, 1933
Erinnerungen und Welteindrücke eines Naturforschers (Autobiographie), 1934.
Über den Einfluß einer Pflanze auf die andere (Allelopathie), 1937.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 09.07.2024 - 08:10

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