Josef von Sonnenfels, Univ.-Prof. Dr. art. lib., Dr. phil., Dr. jur.

1733 – 25.4.1817
geb. in Nikolsburg (Mikulov), Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

(Iosephus de Sonnenfels)

kaiserlicher Direktorial-Hofrat, Professor der politischen Wissenschaften

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1891 Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät
Ehrentafel-Fakultät 1893 Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät

Die Ehrentafeln der Fakultäten in den Seitenaulen des Hauptgebäudes der Universität Wien wurden am 24. Mai 1893 enthüllt. Zu diesem Zeitpunkt umfasste die Ehrentafel der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät eine Liste von 37 Namen von berühmten Schülern der Universität Wien, darunter jenen von Josef von Sonnenfels. Die Liste war für die Fakultät von Prof. Leopold Pfaff bzw. im Auftrag des Senats von Universitätsarchivar Karl Schrauf zusammengestellt worden.

The honorary plaques of the faculties in the side columns of the main building of the University of Vienna were unveiled on May 24, 1893. At that time, the honorary plaque of the Faculty of Law and Political Science included a list of 37 names of famous students of the University of Vienna, including that of Josef von Sonnenfels. The list had been compiled for the faculty by Prof. Leopold Pfaff and by university archivist Karl Schrauf on behalf of the Senate.

Tor der Erinnerung Sonnenfels-Tor 1998/99
Raumbenennung Joseph-von-Sonnenfels-Zimmer 2020 Rechtswissenschaftliche Fakultät

Aus dem Antrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät:
Joseph von Sonnenfels (1733–1817) zählt nicht nur zu den Herausragenden Professor*innen unserer Fakultät, sondern ist noch aus anderen Gründen für eine solche Ehrung prädestiniert. Sein Lebensweg ist ein Teil der Geschichte der jüdischen Emanzipation in Österreich, womit die Ehrung auf die jüdische Identität und Geschichte der Fakultät verweist. Wissenschaftlich kann er unter anderem mit seinem epochalen Werk „Grundsätze der Polizei, Handlung und Finanz“ als Begründer des österreichischen Verwaltungsrechts gelten. Er war an zahlreichen rechtspolitischen Reformprozessen beteiligt, insbesondere zum Strafecht und zur Kodifikation des noch heute geltenden ABGB. Er kann als einer der wenigen hervorragenden Vertreter der Aufklärung in Österreich gelten. Im Geiste der Aufklärung setzte er sich etwa für die Abschaffung der Folter und die Zurückdrängung der Todesstrafe ein und setzte wesentliche Impulse zB als Kulturkritiker und Essayist, für die Entwicklung einer österreichischen Amtssprache, aber auch für die Schaffung der ersten Wiener Straßenbeleuchtung. Insofern war er nicht nur ein herausragender Wissenschaftler, sondern setzte auch wesentliche Akzente auf dem Gebiet, das man heute „Third Mission“ nennt. 1792/93 und 1795/96 war er Rektor der Universität Wien. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät möchte ihn durch die Benennung eines Raumes ehren, weil er für ihr heutiges Tun vorbildlich ist: Exzellent als Wissenschaftler, engagiert und weit über die engen Fachgrenzen und die akademische Welt hinausgreifend.

Funktionen

Rektor 1793/94
Rektor 1795/96

Josef von Sonnenfels entstammte einer jüdischen Familie, die aus Berlin nach Südmähren zuwanderte und hier zum katholischen Glauben übertrat. Er absolvierte zunächst das Piaristenkolleg in seinem Geburtsort Nikolsburg (Mikulov) und dann die Philosophische Fakultät an der Universität Wien (1745-49). Nach einem fünfjährigen Dienst beim Militär begann er ein Rechtsstudium in Wien. Dabei waren der Kanonist Paul Josef Riegger und der Naturrechtsprofessor Karl Anton von Martini seine bevorzugten Lehrer.

Im Jahr 1763 erhielt Josef von Sonnenfels die neu geschaffene Professur für Polizei- und Kameralwissenschaft (Staatslehre), die zunächst an der Philosophischen, seit 1784 an der Juridischen Fakultät beheimatet war. Unter „Polizey“ verstand Sonnenfels Grundsätze, „die innere Sicherheit zu gründen und zu handhaben ... „ So umfasste die Polizeiwissenschaft „zahlreiche Bereiche des Staates, wie Fragen der Sicherheit, der Bevölkerungsvermehrung, der Wohlfahrt, Erziehung, Bildung, des Sozialen“ etc. Daneben wirkte er jahrelang als Rechtslehrer an der Theresianischen und an der Savoyischen Ritterakademie sowie in zahlreichen anderen Nebenämtern, darunter als Theaterzensor und Referent der Zensurhofkommission (1770-72), Mitglied der niederösterreichischen Regierung (ab 1773) und auch als Mitglied der Studienhofkommission (1780). 1781 wurde ihm von Kaiser Joseph II. zur Kameralwissenschaft auch die „Lehre des Geschäftsstils“ übertragen, mit gleichzeitigem Auftrag, alle hinausgehenden Gesetze einer „Rectifizierung des Stils“ zu unterziehen. Dadurch erhielt Sonnenfels als „Staatsstilist“ auch Einfluss auf den Inhalt der Gesetzgebung und trug mit seinen Arbeiten „Über den Geschäftsstil“ nachhaltig zur geistigen Formung der österreichischen Bürokratie bei.

Er war Mitglied und Referent zahlreicher Kommissionen. Zweimal wurde er zum Rektor der Universität Wien gewählt (1794, 1796), 1804-1806 war er Senior der Philosophischen Fakultät, ab 1811 war er Präsident der Akademie der bildenden Künste. Nachhaltige Wirkung erzielte Sonnenfels durch seine rechts- und wirtschaftspolitischen Lehren, durch die er Generationen von österreichischen Juristen im Sinne der österreichischen Nationalerziehung und im Josefinischen Geiste prägte. Sein Buch „Grundsätze der Polizey, Handlung und Finanz“ galt von 1765 bis 1848 als maßgebliches Lehr- und Vorlesebuch an den österreichischen Universitäten In staatstheoretisch-philosophischer Hinsicht stand Sonnenfels auf dem Boden der naturrechtlichen Staatsvertragslehre, der er eine stark utilitaristische Färbung verlieh. Er strebte in Lehre und Praxis nach der Verbesserung der Gesetzesqualität und umfassenden Kodifikationen, bei denen er selbst in unterschiedlichem Ausmaß mitwirkte (Josefinisches Strafgesetz, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch). Im Bereich des Strafrechts erwirkte er z. B. die weitgehende Abschaffung der Folter.

Als Publizist und Kritiker warb er in seinem Wochenblatt „Der Mann ohne Vorurteil“ für die neue deutsche Literatur und setzte sich für die Erneuerung des Wiener Theaters im Sinne Gottscheds ein. Sonnenfels, der auch führender Freimaurer (Loge „Zur wahren Eintracht“) und Illuminat war, gilt insgesamt als herausragender Vertreter und Verbreiter der Aufklärung in Österreich.

Er wurde 1998 durch die Benennung eines der „Tore der Erinnerung“ am Campus der Universität Wien geehrt (Sonnenfels-Tor, Haupttor Alserstraße 4).

Kurt Mühlberger

Zuletzt aktualisiert am 05.02.2024 - 21:40

  • Josef von Sonnenfels (1733–1817), Rektor 1792/93, 1795/96

    Das Bild ist Teil der Rektorengalerie. 1778 erging die allerhöchste Bewilligung, Porträts verdienter Persönlichkeiten in einem Hörsaal der...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: Anton Graff Signatur: 105.P 276
    1778

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